Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 12. Januar 2017, Teil 1

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - James Bowen (Luke Treadaway) ist Ende Zwanzig, lebt als obdachloser Straßenmusiker in London und nimmt an einem Methadon-Programm teil. Nachdem er mal wieder nach einer Überdosis im Krankenhaus aufgewacht ist, gibt ihm seine Sozialarbeiterin Val (Joanne Froggatt) eine letzte Chance. Außerdem besorgt sie ihm eine kleine Sozialwohnung im Londoner Norden.


In der ersten Nacht springt eine rothaarige Straßenkatze durch das geöffnete Küchenfenster und bettelt um Futter. James möchte den Kater rasch wieder loswerden, aber als er seine Nachbarn befragt, vermisst niemand eine Katze. Er lernt seine Nachbarin Betty (Ruta Gedmintas) kennen, die in einer Tierarzt-Praxis arbeitet und den Kater Bob nennt.

Da James die Katze nicht loswerden kann, wird aus dem Provisorium langsam ein Dauerzustand. Als der Kater verletzt ist, bringt James ihn zum Tierarzt. Die Medikamente kosten nicht nur sein letztes Geld, sondern er verpasst auch einen Termin bei seiner Sozialarbeiterin und wäre beinahe aus seinem Methadon-Programm geflogen.

Langsam wird die Katze zu James Maskottchen. Sie lässt sich an einer Leine führen, sitzt auf seiner Schulter, wenn er durch die Stadt geht und ist bei ihm, wenn er am Covent Garden Musik macht. Bob verleiht James ungeheuere Popularität, er verdient deutlich mehr Geld als Straßenmusiker und später nach einem Zwischenfall, der zu einem Auftrittsverbot führt, als Verkäufer der Obdachlosen-Zeitung "Big Issue". Auch dabei stehen James und Bob im Mittelpunkt. Vor allem Touristen kaufen die Zeitschrift gegen ein Foto mit den beiden.

Doch es gibt immer wieder Rückschläge durch eifersüchtige Kollegen oder James Probleme mit seinem Vater Nigel (Anthony Head) und dessen neuer Ehefrau Hillary (Beth Goddard). James bekommt auch mit, wie sein alter Kumpel Baz (Darren Evans) an einer Überdosis Heroin stirbt.

Eines Tages wird James, während er in der Gegend Zeitungen verkauft, von einem Reporter der Islington Tribune angesprochen, ob er einen Artikel über James und Bob schreiben darf. Der Artikel, der im September 2010 in der Tribune erscheint, erweckt wiederum die Aufmerksamkeit der Literaturagentinnen Mary (Caroline Goodall) und Danielle (Franc Ashman). Mary kennt James und Bob bereits als Musiker am Covent Garden und hat ihnen auch immer wieder Geld gegeben. Sie überlegen, ob sie ein Buch über ihn und Bob herauszubringen sollen.

James selbst will jetzt auch das Methadon absetzen. Gemeinsam mit dem Kater steht er die Entgiftungswoche ohne weitere Hilfe in seiner Wohnung erfolgreich durch. Kurz danach erhält er einen Brief einer Literaturagentur mit der Anfrage zu einem Buch. Er verabredet sich mit Mary und Danielle, um eine Buchveröffentlichung zu planen.

Einige Zeit später findet in einer Buchhandlung in Islington James erste Lesung seines Buches “A Street Cat Named Bob” statt. Neben vielen anderen Zuhörern sind auch Betty, Val und James Vater Nigel gekommen. Alle stehen Schlange, um sich ihr Exemplar des Buches von James signieren zu lassen - mit einem Stempel von Bobs Pfote....


Der Film "Bob, der Streuner" geht auf die Erlebnisse von James Bowen zurück, die er zusammen mit seinem Ghostwriter Garry Jenkings aufgeschrieben hat. "A Street Cat Named Bob" ist erstmals im September 2012 bei Hodder and Stoughton Ltd. als Buch publiziert worden. Seit seiner Veröffentlichung wurden allein in Großbritannien über 1 Million Exemplare verkauft. Die Geschichte wurde inzwischen auch in 30 Sprachen übersetzt. Die deutsche Ausgabe ist erstmals 2013 unter dem Titel "Bob, der Streuner" bei Bastei Lübbe erschienen.

Würde die Geschichte von James Bowen und seiner wundersamen Rettung durch den roten Kater Bob nicht auf einer wahren Geschichte beruhen, könnte man einen solchen Film ganz sicher nicht glaubhaft drehen. Natürlich musste der Film einige Ereignisse zuspitzen und verdichten und andere Erlebnisse weglassen oder verkürzen, aber der Kern des Buches ist erhalten geblieben.

Regisseur Roger Spottiswoode hat es glücklicherweise geschafft, den Film nicht allzu süßlich werden zu lassen, da er doch immer wieder zeigt, welche Hürden James auf seinem Weg zur Drogenfreiheit in den Weg gelegt werden und welche Probleme es bedeutet, endlich clean zu werden. Er macht aber auch deutlich, dass neben der unentbehrlichen Hilfe der Sozialarbeiterin Val vor allem der Kater und James Verantwortungsgefühl dem Tier gegenüber beim Entzug geholfen haben.

Großen Anteil am Gelingen des Film haben die beiden Hauptdarsteller: Kater Bob spielt sich in den meisten Einstellungen selbst (mit der Hilfe von etwa sechs Katzen Stand-Ins). Luke Treadaway stellt James Probleme hervorragend dar und zeigt auch, wie der Süchtige sich langsam mit der Hilfe des Tieres anderen Menschen gegenüber öffnen kann. Treadaway ist ein toller Schauspieler, er hat aber in diesem Film keine Chance gegen die Schauspielkünste des Katers.

Die britisch-litauische Schauspielerin Ruta Gedmintas (Lebensgefährtin von Luke Treadaway) als hilfreiche Nachbarin Betty, Joanne Froggatt, bekannt aus Downton Abbey, als Sozialarbeiterin Val, Anthony Head als James Vater Nigel Bowen und Ruth Sheen als Elsie, eine ältere Frau, die immer wieder kommt, wenn James und Bob am Covent Garden Musik machen und die Bobs Schal gestrickt hat, runden das gute Ensemble ab.

Insgesamt ist "Bob, der Streuner" ein ausgesprochen gelungener Film, der zu Recht von der Filmbewertungsstelle mit dem Prädikat "Besonders Wertvoll" ausgezeichnet wurde. Der Film hat es geschafft, die Story rund und nicht allzu kitschig zu erzählen und auch die Realität von Obdachlosen nicht auszublenden. Er ist absolut sehenswert. Warum der Verleih ihn in Deutschland erst nach Weihnachten in die Kinos bringt, ist bei dem Thema doch etwas unverständlich.

Übrigens: Der Autor James Bowen ist in der Schluss-Szene des Films in der Buchhandlung der letzte Zuhörer, der ein Buch kauft und es sich signieren lässt. Dazu gibt es während des Abspanns noch weitere Fotos von James Bowen und Bob, dem Streuner.

Foto: James Bowen (Luke Treadaway) und Bob © Concorde Filmverleih

Info:
Bob, der Streuner (Großbritannien 2016)
Originaltitel: A Street Cat Named Bob
Genre: Drama
Filmlänge: 100 Minuten
Regie: Roger Spottiswoode
Drehbuch: Tim John und Maria Nation, nach dem Buch von James Bowen und Garry Jenkins
Darsteller: Luke Treadaway, Ruta Gedmintas, Joanne Froggatt, Anthony Head, Beth Goddard, Darren Evans u.a.
Verleih: Concorde Filmverleih
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 12.01.2017