Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 12. Januar 2017, Teil 14
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Geschichte ist schon stark. Zwei Brüder haben im dicksten Texas hoch verschuldet die Familienfarm mit Krediten gerettet, aber die nächste Rate können sie nicht zahlen und kommen auf die doch ganz schön geniale Idee, die Filialen der Bank, von der sie den Kredit bezogen haben, auszurauben.
Die Brüder Tanner (Ben Foster) und Toby (Chris Pine) nehmen also denen das Geld weg, an die sie es anderntags als Kreditrate wieder zurückerstatten. Damit das nicht so auffällt, wird das Geld gewaschen. In Spielcasinos, wo die beiden nach ihrem ersten, dem zweiten, dem dritten erfolgreichen Bankenüberfall hohe Einsätze wagen können. Eiserne Nerven gehören schon dazu. Aber die haben sie, wobei die beiden Brüder sehr unterschiedlich auftreten, unterschiedlich sind und sie ein unterschiedliches Schicksal erwartet. Der eine ist ganz gewiß der bad guy und wenn der andere nicht der gute ist – immerhin Bankräuber – so ist er doch der bessere, der Angepaßtere und der, dem seine Exehefrau noch heute die Leviten liest.
Nun ist das Ganze aber ein Western und zwar einer von der Art, daß man denkt, man hätte das alles schon gesehen. Das liegt aber daran, daß die Landschaft, die kleinstädtischen Häuserfronten, die Wüste, das Licht eben ein Texas spiegeln, das West-Texas sein soll und wir uns die ganze Zeit fragen, ob denn in dem Weltraumspektakel mit dem Mars nicht auch was von Texas vorkam oder in? Auf jeden Fall ist Texas und Western ein alter Hut. Nur wird er hier gegen den Strich gebürstet, obwohl andererseits alles wie sonst ist.
Das ist wirklich eine schwierige Gemengelage, denn im Western wird alles ziemlich schneller entschieden, mit Köpfchen und Mut und der nötigen Munition in den Schußwaffen. Aber da ging der Konflikt eben zwischen Räuber und Farmer, der bestohlen werden sollte. Zwischen Indianern, denen die Weißen ihr Land abgenommen hatten und diesen saturierten Farmern. Hier aber bleiben vom Western nur vier Dinge: die Landschaft, der Konflikt Farmer und Bank, sowie Bankraub und Sheriff und die Schußwaffen. Die werden vor allem gegen Ende in so unglaublicher Anzahl von allen und gegen alle gefeuert, daß man im Kinosessel sitzend, sich kurz überlegt, ob hier nicht ein Werbefilm für das Verbot privater Schußwaffen in den USA laufe.
Der Film ist deutlich in zwei Teile zu unterscheiden. Der Ausgangssituation der drohenden Wegnahme des Farmhauses, die zur Lösung durch Banküberfälle führt sowie deren Durchführung auf der einen Seite und der Verfolgung der Tat und der Täter auf der anderen Seite. Im ersten Teil sind diese Banküberfälle zum Teil so komisch, daß eine untergründige Strömung im Film Platz greift. Man sieht dieses Westerbepos auch irgendwie als Abgesang auf den Western und seine Helden. Aber wie hier durch die beiden die Banken überfallen werden, das macht Spaß. Viel Zeit läßt sich Regisseur David Mackenzie die unterschiedlichen Verhaltensweisen der Bankmitarbeiter und der Bankkunden mitzuerzählen. Jede Filiale ist anders, jeder Banküberfall ist anders, bis das Damoklesschwert fällt. Tanner, eh der robustere gewalttätigere von den beiden Brüdern, passiert der Sündenfall. Er droht nicht nur mit dem Gewehr, er erschießt einen. Damit ändert sich alles. Und es bleibt nicht bei dem einen.
Zuvor haben die Banküberfälle geradezu Spaß gemacht, so detailliert waren sie inszeniert, aber Tote, nein, dann kann man nicht mehr lachen. Spätestens jetzt kommt ein alter Texas Ranger (Jeff Bridges) ins Spiel, obwohl er die ganze Zeit da war. Wir haben ihn nur nicht vorgestellt. Ist ein Ranger von altem Schrott und Korn. Und übermorgen ist er Ex-Rangerf. Aber als Abgesang will er es noch einmal wissen, ob er die Halunken zur Strecke bringt. Und das macht er mit Köpfchen und Geduld. Er hat sich den Filialenplan dieser Bank angeschaut, die reihum beklaut wird. Er ist sicher, daß die Räuber in einer bestimmten Filiale auf jeden Fall auftauchen. Tag für Tag setzt er sich deren Eingangsportal gegenüber in eine Bar. Und übernachtet – absolut trostlos – in einem dieser heruntergekommenen Motels, die man aus gefühlten tausend Filmen kennt.
Und tatsächlich – auch das wird herausgespielt und durch zufällig kurzfristige Entscheidungen von Tanner zum Schicksal – sitzt der gemütlich beim Bier, als die mit Maske auftretenden Bankräuber in seiner Bank zuschlagen. Aber während er vorne zum Eingang hastet, haben diese die Bank durch den hinteren Eingang verlassen, stürmen in ihr Auto und fahren unbehindert los. Nach und nach jedoch werden sie von den Polizeiautos verfolgt. In einer geradezu klassischen Verfolgungsjagd über Stock und Stein, schlagen sie den Verfolgern ein Schnippchen. Bruder Toby kann in das andere Auto umsteigen und unerkannt den Verfolgern entgegenfahren.
Doch Bruder Tanner, der eigentliche Drahtzieher und auch der, der wußte, daß unter dem gemeinsamen Land dicke Ölfunde auf beide warten, weshalb die Banken über das vertraute Haus hinaus, das Land auf keinen Fall übernehmen durften, der stellt sich auf einmal den Verfolgern. Er weiß, was er tut. Hier nämlich hat er den Rücken frei, läßt sei Geld durch die Lüfte wehen und knallt noch einmal eine Menge Menschen ab. Der Gewehrfeuersturm ist so heftig, daß sich die Polizei zurückzieht, um noch lebende Polizisten zu behalten.
Allerdings hat er seine Rechnung ohne den Alten gemacht. Der hatte die Situation überblickt und sich mit einem Zweiten in einem großen Bogen um dies Schlachtfeld ins Rückwärtige geschlichen, wo er mit einem unglaublich weiten, aber genauso unglaublich präzisen Schuß dem negativen Helden den Gnadenschuß, sprich Tod verpaßt. Ein für einen Ranger herrliches Ende einer beruflichen Karriere, die immer auch eine menschliche ist.
Der andere Bruder hingegen kann mit seinem Geld nicht nur den Kredit bezahlen, sondern noch seiner Exfrau und den Kindern größere Unterstützung geben und die Familienfarm halten. Zwar war er natürlich für unseren Ranger der nächste Verdächtige, aber er konnte dem zurückhaltenden moderaten Typen eben nichts beweisen. Halbe-halbe also für und gegen die Banken.