Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 26. Januar 2017, Teil 3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Schaurige Geschichte. Nächtliches Grauen bringt M. Night Shyamalans neuester Thriller SPLIT im Übermaß. Und neunmal ein und denselben Schauspieler in seinen dissoziativen Identitäten zu erleben, ist wahrlich eine Herausforderung für James McAvoy, der er gewachsen ist.


Tatsächlich ist das kaum zu glauben, wie unterschiedlich der Mann auf einen wirkt. Ganz normal sieht er in den meisten Personen aus, die seine Störung mit sich bringen. Ob tatsächlich so viele Personen, das Filmheft spricht von 23!, in ein und demselben Menschen möglich sind? Wir wissen es nicht. Und auch nicht, warum früher bei Persönlichkeitsstörungen von Schizophrenie gesprochen wurde.Auf jeden Fall ragt die schauspielerische Leistung heraus in einem Film, der eigentlich davon lebt und von dem Grauen, das das Einsperren, Quälen, Vergewaltigen und Töten von jungen Mädchen mit sich bringt.

Wer den aufsehenerregenden Film von 1999 vom selben Regisseur kennt, THE SIXTH SENSE, der weiß auch, daß seine weiteren Filme den Zuschauerzuspruch nicht in gleichem Maße reüssierten, obwohl Shyamalans das Genre beibehielt. Und dann kam 2015 THE VISIT, ein Horrorthriller, der Erfolg brachte und diese Mischung setzt er mit diesem selbst finanzierten Film fort, der ein schmaleres Budget hat, aber auf jeden Fall in vielen Szenen Horror pur bringt. Wenn man als Zuschauer nicht wüßte, daß dies alles fiktiv und inszeniert ist, man bekäme es wirklich mit der Angst zu tun – und mit dem Mitleid und Mitgefühl mit den jungen Mädchen. Denn um die geht es.
 
Dabei hat der Film und der mehrfache Mörder mit der Hauptpersönlichkeit Kevin mit der entführten und angeketteten Casey Cooke ( Anya Taylor-Joy, bekannt durch THE WITCH) eine starke Gegenspielerin. Dem Zuschauer wird das junge Mädchen in Rückblenden, die sich durch den Film ziehen als ein Kind und eine Jugendliche vorgestellt, die von ihrem Vater konsequent und systematisch in Überlebenstraining geschult wird., das sie dann, da ihr Vater früh stirbt, bei ihrem Onkel, dem Päderasten, gleich anwenden kann.  Das ist ganz schön gespenstisch, aber erklärt einsehbar, warum dieses junge Mädchen in Situationen, wo kein Entkommen möglich scheint, immer einen winzigen Ausweg findet, der den Spalt nach mehr öffnet.

Doch erst einmal muß Dennis (James McAvoy) vorgestellt werden, in dem sich Patricia, Hedwig, Kevin Wendell Crumb, Barry, Orwell, Jade und das Monster verbergen, die sich ohne Ankündigung in Dennis manifestieren und ihn jeweils zu dieser Persönlichkeitsvariante einschließlich dem verbrecherischen  Verhalten zwingen. Das ist eine schauspielerische Glanzleistung von James McAvoy, weil seine multiplen Persönlichkeiten nicht allein im Aussehen und in der Kleidung zutagetreten, sondern wirklich in Haltung, Gestik und Mimik geschehen. Kevin scheint in mancher Persönlichkeit doppelt so massiv zu sein, oder viel kleiner oder auch dünner  geworden. Aber es sind nur drei der alter Ego, auf die das Böse schlechthin zutrifft: Dennis, der zwangskontrolliert agiert, die peniple und alles pfui-gack empfindende Patricia und Monster, der eigentliche Unhold, das Tier in Kevin.

Kevin ist bei Dr. Karen Fletcher (Betty Buckley) in Behandlung, die mit großem fachlichen Interesse und Wohlwollen seine Störungen wahrnimmt, sie im Gespräch zu behandeln versucht, wissenschaftlich darüber schreibt und auf Kongressen darüber berichtet. Sie baut auf Kevin Wendell Crumb, der alle anderen Multiplen beherrschen soll. Denn sie, in deren Praxis wir Kevin kennenlernen, wird am Schluß ins das Geschehen mithineingezogen, was für sie nicht gut ausgeht.

In der Geschichte werden drei junge Mädchen, zwei davon albern und verspielt, die guten Freundinnen Claire und Marcia, und eben Casey, von Dennis entführt und einzeln in Kellerräume gesperrt. Wie sie nun von den Teilpersönlichkeiten gequält werden, wie sie sich wehren, das wird als der reinste Horror dargestellt, der nur dadurch erträglich wird, daß sich Casey einmal als so überaus vorausschauend verhält und man gewiß ist, daß Monster zur Strecke gebracht wird, der sich immer wieder gegenüber Kevin Wendell Crumb durchsetzt, der aber trotzdem Schlimmes verhindern konnte.

Natürlich haben die klaustrophobischen Szenen in den Kellergewölben und die männlichen Protagonisten, die Mädchen quälen und umbringen wollen, mit den wirklichen Ereignissen wie dem Fall Kampusch zu tun oder Filmen, die darauf aufbauen wie dem eindringlichen ROOM. Das ist erlaubt, denn es gehört zu den Situationen, die auch denen, die bequem im Kinosessel sitzen, Angst einjagen, was ein Horrorthriller ja soll.

Der Film ist so lange spannend und einfach hervorragend gemacht und dargestellt, so lange die einzelnen Varianten des Kevin eine Rolle spielen. Seit er jedoch zum Monster mutiert, wird eine andere Seite aufgezogen, die nur noch Gewalt bedeutet, Sadismus gegenüber den Mädchen, Blut und Tod. Das ist zu gewalttätig und zerstört den lange psychologisch interessanten fesselnden Plot.


Foto: Wer ist Kevin hier? Am meisten Dennis, aber immer James McAvoy (c) Verleih