Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 26. Januar 2017,   Teil 1


Roman Herzig

Köln (Weltexpresso) – Ich befürchte fast, wir Erwachsene sind einfach die falsche Zielgruppe, um über einen überdrehten Film zu urteilen, in denen Jugendliche wahrscheinlich ihre pubertären Allmachtsphantasien verwirklicht sehen: stärker, besser, moralisch den korrupten Erwachsenen gegenüber und auf der Siegerseite dazu.


Von daher halte ich mich zurück damit, daß das Ganze etwas gar zu durchsichtig und eben darum auch vorausschaubar ist. Zumal sind die Bausteine des Films wie gehabt, aber – das müssen wir einfach zugeben – eine solche Geschichte, in der Urviecher, die aus dem Wasser kommen, aber die Autos zum Laufen, zum Purzeln bringen, zum Punchingball machen, über Stock und Stein rollen, sich in die Luft erheben und auch im Wasser zurechtkommen,  also eine solche Geschichte setzt schon viel Phantasie voraus, die Regisseur Chris Wedge, der durch Filme wie EPIC und ICE AGE bekannt ist, eben hat.

Da ist der öde Tripp (Lucas Till), oder eigentlich ist ihm öde, einer dieser sich leicht verweigernden Jugendlichen, der mit der High School demnächst abschließt und dann sein Leben in der Welt verbringen will, aber nicht in dem Kaff, wo er derzeit – weil er die Menschen wenig mag und sie ihn auch nicht – am liebsten mit alten Autos zu tun hat. Die nämlich können sich nicht wehren, wenn er sie ausschlachtet, könnten sich aber freuen, wenn er sie zu neuen Fahrzeugen, bevorzugt Lastwagen, zusammenbaut. Da hat er einiges drauf. Sein Vater lebt woanders und sein Stiefvater, den ihm seine hilflose Mutter sozusagen vorsetzt, den hat er gefressen, einfach, weil er ihm übel nimmt, daß die Mutter diesen dem Vater vorzieht.

Und dann das. Als er in der Werkstatt nächtens arbeitet, bewegt sich etwas. Er denkt gleich an ein Tier, aber nicht an so was, was sich dann als lange Krakenarme, so wie ein Oktopus (übrigens ist die Bezeichnung Tintenfisch der Oberbegriff)  sie trägt, unter den Autos hervorschlängelt und mit dem Auto auf seinem Leib auf ihn zukommt. Nichts wie weg. Aber schon ist die Polizei da und auch die Leute von der Ölfirma, die im naheliegenden Wassergebiet ihr Unwesen treiben. Denn es soll dort einmal viel Öl geben und dann spricht man noch von lauter Geheimnissen, die keiner versteht. Unser TIER auf jeden Fall wurde durch eine Ölexplosion freigesetzt. Das wissen wir, aber mehr auch nicht.

Auf jeden Fall fällt Tripp auf, daß sich auf einmal die Ölfirma und die Polizei irgendwie sehr nett zu ihm verhalten, was ihn mißtrauisch macht, weshalb er sofort einen Schutzinstinkt dem TIER gegenüber entwickelt, weshalb er behauptet, er habe nichts gesehen, ein Grundsatzverhalten gegenüber den Mächtigen, was ihn den Film über auch nicht mehr losläßt und was das TIER, das er rettet,  ihm später dankt.

In der Geschichte kommen noch mehrere wichtige Personen vor. Für Tripp am wichtigsten ist Meredith (Jane Levy), die Hübsche aus der Schule und Schwarm der Jungen, die nun auf einmal mit ihm gut Freund wird und vor allem mit ihm das TIER schützen wird. Längst nämlich hat sich dieses als idealer Gefährte für die alten abgewrackten Trucks herausgestellt. Da wo sonst der Motor brummt, da hält sich nun diesen TIER auf, daß sich mit seinen vielen Kraken rasend schnell bewegen kann, so daß kein Polizeiauto mitkommt, das aber auch – und davon lebt der Film – allen Verfolgern gegenüber den Vorteil hat, daß es vielfältiger beweglich ist und an die äußeren Umstände wie Berge oder Flüsse nicht gebunden ist,  anpassungsfähiger als normale Autos oder normale Menschen.

Und diese Fähigkeit brauchen die TIERE auch. Ja, es gibt mehrere, die kommen aber erst am Schluß, denn dazwischen steht die Geschichte, um die es eigentlich geht. Die böse kapitalistische Ölfirma, die nur an ihren Profit denkt, hat bei den Bohrungen eine Urzeitblase im Erdinneren verletzt, wo sich seit Urzeiten eben diese auf Erden längst ausgestorbenen Tiere aufhielten, die nun freigesetzt auf eine Welt kommen, die sie nicht kennen. Der Witz ist, daß sie nur überleben, wenn sie Öl zu trinken bekommen, womit dann reichlich herumgespritzt wird. Die beiden Jugendlichen wollen also, daß das TIER rasch wieder in seine normale Wasserumgebung kommt, damit es überleben kann.

Denn – und wir werden Zeuge – die Ölfirma, die fiese, die will das TIER töten, denn es soll keiner davon erfahren. Wüßte die Öffentlichkeit davon, von diesem Naturwunder, würden die Bohrungen sofort eingestellt und erst einmal Umweltforschung betrieben. Also wird das TIER verfolgt und auf diesem Weg muß Tripp auch mit einer schlimmen Erfahrung zurecht kommen: sein von ihm hochgehaltener Vater ist ein erbärmlicher Zuträger dieser Firma und so nebenbei lernt er eben auch, daß auf den ungeliebten Stiefvater doch mehr Verlaß ist, so daß auch das Familiäre eine positive Wendung erhält.

Das Erfreulichste ist jedoch, wenn auf der vorhersehbaren Verfolgungsjagd, die beiden das TIER tatsächlich an seinen Ursprungsort bringen, dort merken, daß er das Kind von Zweien ist, die sich um ihren Nachwuchs gegrämt hatten – und als auf einmal eine riesenhafte Kolonie von solchen Phantasiewesen zwischen Schlange, Nilpferd, Krake – nur alles viel größer – vor unseren Augen erscheint, wird das schon zu einem rührenden Bild einer urtümlichen Gesellschaft, die allerdings nur in den Augen des Films existiert. Tja, für Jugendliche...


 

Foto: Natürlich ist das TIER mit dem Auto auf dem Rücken als Schneckenhaus attraktiver. Aber hier sieht man das niedliche Kerlchen mit seinem Gesichtchen - irgendwie ein aufs Riesenhafte vergrößerte Kaulquappe, zu der noch die Fangarme gehören -, dem Jungen zugewandt. Es geht im Kern um die Kommunikation zwischen dem TIER und dem gelangweilten und sich überflüssig fühlenden Jugendlichen, das ist das eigentliche Ereignis des Films (c) Verleih