Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 2. Februar 2017,     Teil 7

Romana Reich

Berlin (Weltexpresso) – Schon wieder ein Drama über einen Krieg (Irak), in den US-Soldaten hineingeworfen nicht so recht wissen, was sie dort tun. Ang Lee hat mit LIFE OF PI 2012 (Regie-Oscar) Filmgeschichte geschrieben. Er hatte dort im 3 D-Verfahren gezeigt, wozu dies taugen kann. Dieser Film soll technisch noch sensationeller sein, aber es gibt keine Kinos, die das Neue daran zeigen können.


So haben wir den Film in 2D und einer normalen Vorführgeschwindigkeit gesehen und können sagen, dieser Film gehört zu den nachdenklichen Produkten, wo Heimatliebe gepaart ist mit dem Blick auf die Leute, die glauben, ihre Heimat verteidigen zu müssen, was erst so richtig schwierig wird, wenn sie wieder zu Hause in den USA sind und zu Helden werden müssen. Der Film folgt einem Roman von Ben Fountain, den wir nicht kennen, und der die fiktive Geschichte einer US-einheit erzählt, die 2004 ganz plötzlich nach einem verheerenden Gefecht in die USA zurückbeordert wird, damit die Heimat seine Soldaten feiern kann und damit auch die Fortsetzung des US-amerikanischen Einsatzes im Vorderen Orient gewährleistet.

Joe Alwyn gibt als Billy Lynn den 19jährigen Soldaten, der zum Helden stilisiert wird, weil er bei einem Einsatz unter Sergeant Shroom (Vin Diesel)  dem schwer verletzten, tödlich getroffenen Kameraden zu Hilfe eilt– und das alles vor den Augen einer begleitenden Handkamera. So werden Helden gemacht. Die zweiwöchige Jubeltour, die die acht Männer und unter ihnen vor allem Billy Lynn schon leicht meschugge gemacht hat, soll den Höhepunkt an Thanksgiving in einer Halbzeitshow eines Footballspiels der Dallas Cowboys finden. Doch was ist Schein und was ist Sein?

Wenn der verunsicherte Billy äußert, daß es schon einigermaßen seltsam sei, ausgerechnet für seinen schlimmsten Tag im Leben geehrt zu werden, zeigt sich der angegriffene, aber noch heile Kern in dem jungen Burschen, in dem sich in diesem Zwei-Wochen-Jubel längst eine unheilvolle Mischung aus Bildern der brutalen Kriegsgewalt und den geradezu surrealistischen Momenten des Feiern als Bilderfeuerwerk abspielen. Kaum zündet  ein Feuerwerk, sieht er das Kriegsfeuer, kaum kreischen die Fans beim Spiel, sieht er den Krach der Einschläge, kaum gibt es Gerangel, befindet er sich mitten im Kampfeinsäsatz. Das alles bringt der US-Taiwaner  Lee aber nicht aufdringlich plump, sondern verhalten, versponnen, ins Innere von Billy Lynn gerichtet, dessen Gesicht das Zentrum des Films bleibt.

Die für uns irre Darbietung der Cheerleader, von denen Faison (Makenzie Leigh) für Billy mehr als eine Augenweide ist, denn seine wunde Seele sucht Trost, zeigt diese aufgeregte laute und bunte Seite von Amerika. Wohin der Film steuert wird klar, als der Besitzer des Footballclubs (Steve Martin) dem Jungen klar macht, wo es langgeht. Denn nicht, was passiert ist, und nicht, wie Billy es erlebt hat, bleibt für die Nachwelt wichtig, sondern nur, wie es passend für die augenblickliche Situation der USA ist. Man kann sich nicht vorstellen, daß dieser US-kritische Film in den USA an der Kinokasse erfolgreich ist. Und auch nicht, daß diese Nation Kristen Stewart dafür liebt, daß sie Billys Schwester Kathryn spielt, die als absolute Kriegsgegnerin ihn abhalten will, in den Irak zum Kampf zurückzukehren.

Was Ang Lee in diesen ruhigen und den grellen Bildern wirklich erzählt, ist die Geschichte von einem, der auszog das Fürchten zu lernen. Und es tat.


Und wenn man diesen Film nach dem Wahlsieg von Donald Trump sieht, dann weiß man auch, woher seine Wähler kommen. Billy Lynn gehört sicher nicht dazu.

 

Foto:  (c) Verleih