Zum Abschluß der 67. Berlinale

Kirsten Liese

Berlin (Weltexpresso) - Wäre es nach dem stärksten Beifall im Berlinale-Palast gegangen, hätte Aki Kaurismäki die höchste Auszeichnung gewinnen müssen. Publikum und Kritiker feierten seine menschlich berührende Komödie „Die andere Seite der Hoffnung“ emphatisch als Top-Favoriten.

Aber am Ende gewann die von einem unverwechselbaren lakonischen Humor getragene Geschichte um einen Handelsvertreter, der beim Kartenspiel viel Geld gewinnt, davon ein Restaurant kauft und in die Belegschaft einen illegalen Flüchtlinge aufnimmt, nur den Silbernen Bären für die beste Regie. Vermutlich deshalb, weil die stattliche Filmografie des finnischen Altmeisters schon viele solcher Geschichten um Solidarität und Zusammenhalt aufweist und sein jüngstes Oeuvre daraus nicht als das originellste hervorsticht.


Überhaupt blieb die Prominenz dieser 67. Berlinale hinter den hohen Erwartungen an sie zurück, der Regisseur Volker Schlöndorff mit seinem jüngsten Drama ebenso wie der Schauspieler Richard Gere in dem einzigen, reiflich pädagogisch anmutenden amerikanischen Beitrag „The Dinner“.


Das osteuropäische Kino dagegen bescherte in einem an Höhepunkten eher raren Jahrgang immerhin noch eigenwillige und ambivalente Geschichten wie auch der Gewinner des Goldenen Bären, der ungarische Beitrag „On body and soul“. Diese Geschichte einer entrückten Liebe spielt in dem denkbar hässlichsten, kalten Ort, einem Budapester Schlachthaus. Mit schwer verdaulichen dokumentarischen Bildern vom blutigen Gemetzel in einer realen Tötungsfabrik und damit kontrastierenden poetischen Wald-Impressionen formuliert die Regisseurin Ildikó Enyedi ihre Kritik an einer korrupten Gesellschaft.  


Agnieszka Hollands gegen Jäger und Schlächter gerichtete, aufwühlende Anklage („Spoor“), zumindest mit dem Alfred Bauer-Preis für einen Film, der neue Perspektiven eröffnet, wirkt dazu wie ein befreiendes Gegenstück.


Die größten Überraschungen gab es bei den Darsteller-Preisen. Den Österreicher Georg Friedrich hat man schon in anspruchsvolleren Rollen gesehen als in Thomas Arslans Roadmovie, in dem er sich den Problemen eines überforderten Vaters stellt.
Vor allem für die beste Hauptdarstellerin empfahlen sich stärkere Kandidatinnen als die Koreanerin Kim Minhee, die für ihre Figur einer gescheiterten Liebe mit einem verheirateten Mann nachtrauernden Frau wenig Interesse weckt, allen voran die Transgender-Frau Daniela, die sich als „Una mujer fantastica“ (Bestes Drehbuch) nach dem Tod ihres Liebsten gegen Vorurteile in ihrem chilenischen Umfeld ankämpft.


In einem Jahrgang, der insgesamt wenig Herausragendes und ein breites Angebot im Mittelfeld bot, erschien auch der Spezialpreis der Jury für das afrikanische Drama „Felicité“ etwas überhöht. Der Applaus in diesem Film galt jedenfalls vorrangig der kraftvollen Protagonistin, weniger dem Regisseur.

Foto: Der finnische Regisseur Aki Kaurismäke, dem es gelang, einen so künstlerischen wie populären Film vorzulegen, über den sicher noch mehr zu hören sein wird. Wir zeigen ihn bei der Preisübergabe, weil er sagte, dies sei sein letzter Film, er wolle endlich leben. (c) berlinale.de