Mitten im 35. Internationalen Kinderfilmfestival LUCAS in Frankfurt am Main

 

Rebecca Riehm

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Seit dem 2. September ist die Stadt Frankfurt Film-Kinderhauptstadt der Welt, denn das Attribut ‚international’ steht nicht nur dabei, sondern wird auch wahr in den 47 Filmen aus 24 Ländern, die noch bis zum 9. September im Deutschen Filmmuseum, im Cinestar und  im Cinemaxx Offenbach gezeigt werden und zum Abschluß die Sieger prämieren. Die Filme sind dieses Jahr ausgewählt unter dem Motto: „Am Ende schaffen sie es doch!“

 

Man ist baff erstaunt, wie professionell manche Kinder Filmkritik betreiben. Von Anfang hat dieses Festival nämlich Kinder nicht nur als Abnehmer von Kinder- und Jugendfilmen gesehen, sondern als eigene kritische Geister, denen man Kriterien an die Hand geben kann, damit sie besser ihre Gefühle, Gedanken, Überlegungen beim Anschauen dieser Festivalfilme äußern können. Klar also, daß sie die Jury bilden, die entscheiden. Allerdings keine abgehobene Jury, denn sie haben beim Schauen der Filme, die Zustimmung, die Freude, das Erstaunen von vielen Kindern erleben können. Das Programm macht es möglich.

 

So haben am Dienstag immerhin von 8 bis 14 Uhr rund 640 Kinder im Metropolis am Eschenheimer Turm ausgeharrt, um den neuen Film „Die Abenteuer des Huck Finn“ zu sehen, wobei wir uns fragten, wo denn das „leberry“ von Huckleberry geblieben ist, ohne das wir „Huck“ weder aussprechen können, noch wiedererkennen. Denn diese wunderbaren Jugendbücher von Mark Twain aus den Südstaaten vergangener Zeiten des 19. Jahrhunderts waren schon zu unseren Jugendzeiten ein absoluter Favorit und so wird auch folgerichtig auch der erste Band und der erste Film gezeigt: TOM SAWYER.

 

Beide Filme hat Hermine Huntgeburth gedreht und wie bei einem richtigen Filmfestival üblich, gibt es  anschließend eine Diskussion zwischen den Kindern und Jugendlichen und der Regisseurin und dem Schauspieler Jacky Ido. Eigentlich wirklich genial wie Mark Twain die Grundprobleme von Menschen und Menschheit in seiner Bücher zwang. Das verstehen Kinder nicht nur, sondern sie erleben es immer wieder aufs Neue, auch wenn das nicht so abenteuerlich daherkommt wie bei diesem Huck Finn. Denn der Junge ist abgehauen, hat den entflohenen Sklaven Jim an seiner Seite und flieht vor dem Vater, der ein Gauner ist. Warum? Auf wundersame Weise ist Huck reich geworden und der Vater will mitsamt seinen Sklavenjägern die beiden fangen. Warum? Aus Vaterliebe. Pustekuchen. An das Geld will er ran.

 

Die Kinder erleben auf einen Schlag gleichzeitig die individuellen Probleme von Erwachsenen und Kindern, aber auch deren gesellschaftliche Ursachen. Denn, wenn Jim gefangen werden soll und seinem Besitzer zurückgegeben, steckt dahinter die Ungeheuerlichkeit, daß Menschen andere Menschen wie Dinge besitzen und so ein Wort und eine Wirklichkeit wie Freiheit für diesen Menschen nicht besteht. Daß die Sklaverei abgeschafft wurde, war also dringend geboten und Kinder unterstützen wie von selbst in Filmen die Unterprivilegierten und diejenigen, die gegen das Diktat von oben aufbegehren. Gut so. Das Filmeschauen macht ihnen Spaß und gleichzeitig lernen die jungen Zuschauer eine Menge über das Leben, über die Welt, über sich auch.

 

Im Film sehen auch wir Erwachsene bekannte Gesichter: August Diehl ist der verbrecherische Vater, Henry Hübchen ein veritabler Sklavenjäger, Peter Lohmeyer mimt den Richter und als Tante Polly ist Heike Makatsch zu erkennen. Aber Leon Seidel  ist als Huck Finn der Star. Obwohl dies ein alter Stoff ist, der ewig neu bleibt, zeigt er genau auf, worum es heutigen Machern von Kinderfilmen geht: realistisch die Welt wie sie ist, darzustellen. Kinder haben dabei viele Optionen. Sie können mit den Figuren im Film opponieren. Sie können mit ihnen leiden und sie können mit ihnen obsiegen. Sie erleben aber auch, daß nicht auf jede Ungemütlichkeit oder gar schlimme Tat von Erwachsenen ihnen gegenüber die Rache und damit die Gerechtigkeit siegen. Insofern sind das ehrlichere Filme als viele aus der Erwachsenenwelt, wo Gefühlskitsch ein beliebtes Genre ist.

 

In diesem Jahr fällt auf, wie viele Filme auf dem Festival böse Erlebnisse aus der Kindheit zum Thema machen und durch die Verfilmung bearbeitbar.  Allein die Kinderaugen, neugierig, begeistert oder skeptisch, sind für die erwachsenen Zuschauer ein eigenes Filmerleben. In JALPARI – DIE WÜSTENNIXE beispielsweise, einem indischen Film, kann man nicht genug kriegen, auch davon, wie die gesamte indische Filmindustrie einschließlich Bollywood-Tanzeinlagen sich wiederfindet. Regisseur Nila Madhab Panda hatte im Jahr 2012 den LUCAS gewonnen. Die Filme und viele Informationen finden Sie auf der Webseite.

 

www.lucas-filmfestival.de