Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 22.9.2011
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Oft kommt etwas Spannendes heraus, wenn man filmisch mit Rückblenden umgehen kann. Denn die braucht man, wenn man einen, damals im Kalten Krieg und der Nachkriegszeit spielenden Politthriller heute im 21. Jahrhundert drehen will. Fast müsste einem leid sein, um die heutige Lage der politischen Koexistenz, die solche Spionage- und Entführungsgeschichte nicht mehr zuläßt, es sei denn, man inszeniert sie wie hier einfach als Geschichte, die in der Vergangenheit spielt. Was heute nämlich nicht mehr auf dem Tableau steht, sind: Altnazis in Ost-Berlin, der Mossad von der Stasi beobachtet und solche Sachen, bei denen man sich sofort das Schwarz-Weiß der Leinwand vorstellt.
EINE OFFENE RECHNUNG
Also Ostberlin, diesmal keine Kommunisten, sondern Altnazis, von denen man nicht gerne als existent sprach. Diese Altnazis werden vom israelischen Geheimdienst verfolgt. Der Mossad spürt den Arzt auf, der in Birkenau Menschenversuche zu verantworten hat und nun einfach, als sei nichts gewesen, eine Arztpraxis betreibt. Es sind die 60er Jahre, weshalb im politischen Wettkampf zwischen Ost und West die drei Mossad Agenten aus ihrem Erfolg, den Altnazi aufgespürt zu haben, nicht den durchschlagenden Erfolgmachen können, ihn nach Israel zu bringen, einfach weil die Grenze, der Eiserne Vorhang dicht ist.
Regisseur John Madden gelingt es ausgezeichnet, das damalige politische Klima einzufangen und die in den 90er Jahren spielende Handlung, von der aus die Rückblenden geschehen, wird selbst zu einem Stück Spannung. Die Rückblenden zeigen nun auf der einen Seite fast kammerspielartig die Gespräche in der Wohnung, wo sie den Arzt gefangen halten, und die in der Stadt spielenden typischen Actionszenen. Für Politthriller hätte man den Eisernen Vorhang erfinden müssen, hätte es ihn nicht wirklich gegeben. Solche historischen Filme sind heute lebendiger als viele im Jetzt spielenden.
TIGER FACTORY
Tja, wie soll man diesen Film einordnen. Ein Thriller ist er auch wie heute fast jeder Film. Eine Dokumentation aber auch über das Leben im Fernen Osten unter den Bedingungen des südöstlichen Kapitalismus und miteingeschlossen die Sozialromantik, die unsere Filme Südostasien abgewinnen. Hier ist es die junge Chinesin, die als Arbeitsimmigrantin mit weiteren indischen und burmesischen in Malaysia eigentlich scheitern müßte, aber gerade aus dieser Situation einen Selbstwerdungsprozeß, auch einen weiblichen, durchläuft, der es in sich hat. Das liegt auch daran, daß Ping Ping hinreißend von Fooi Mun Lai gespielt wird, der wir auch in andere Stätten folgen täten, die hier auf Kuala Lumpur beschränkt sind.
THE GUARE – EIN IRE SIEHT SCHWARZ
Zwar geht es auch einmal wieder um Drogen und um Polizei und das Gute und das Böse. Wichtiger allerdings werden einem in diesem Film die echt irischen Dickköpfe und wunderlichen kauzigen Typen die da in Irland wohl an jeder Straßenecke zu Hause sind.
VALERIE
Sehr bemühte Verfilmung der Lebensgeschichte einer Frau (Franka Potente), die per Videofilm ihrem komatösen Freund ihr Leben in die Klinik schickt, während sie für ihn ihre Zelte in den USA abbricht. Die Geschichte trägt einfach nicht einen ganzen Film hindurch, da kann sich die Hauptdarstellerin und ihr Regisseur Josef Rusnak noch so anstrengen. Wenn sie mit dem selbstgedrehten Videofilm ihren im Koma liegenden Lebensgefährten reanimieren will, erscheint das schon deshalb unmotiviert, weil selbst dann, wenn dessen Unterbewußtsein die Töne aufnehmen sollte, seine geschlossenen Augen der Verfilmung eh nicht folgen könnten.
VERGISS DEIN ENDE
Daß Witze über Alzheimer oder ganz allgemein die Ausbreitung von Demenz in der Bevölkerung zunehmend thematisiert werden, hat einfach mit den gesellschaftlichen Auswirkungen zu tun, die auch in diesem Fall uns mit den Kranken und ihrem Umfeld konfrontiert. Im Film. Andreas Kannengießer wagt in diesem Debütfilm, diese schwierige Aufgabe, so vielem gerecht zu werden, aufzubereiten, eine Aufgabe, die immer mindestens drei Seiten im Blick haben muß: den Kranken, hier Klaus, der Ehemann, die Ehefrau als Rundum-Pflegerin und den Zuschauer, der neben Empathie auch an der Geschichte selbst so interessiert sein muß, daß die Spannung anhält. Schwierig. Dabei erstaunt die Geschichte, weil die Ehefrau Trost beim Nachbarn sucht und findet, der gerade seinen Partner in der gleichgeschlechtlichen Beziehung durch Tod verloren hat. Zudem sind hervorragende Schauspieler aufgeboten, die für die Westdeutschen weniger bekannt sind, aber einst die Großen in der DDR waren: Renate Krößner, Kurt Beyer, auch im Leben ein Paar, deren Sohn Eugen als Heiko im Film,
ATTACK THE BLOCK
Da sind Monster. Da auch. Die Monster sind aus dem All und den Menschen feindlich gesinnt. Da sind die Halbstarken aus den Ghettos von London. Dort auch. Wer gewinnt? Krude Mischung, die sicher Liebhaber findet. Uns nicht.
HELL - DIE SONNE WIRD EUCH VERBRENNEN
Eigentlich wünscht man sich so einen Endzeitfilm, weil die heutige Zeit verrückt genug ist, das alles für überspannt und fällig zu wähnen. Aber ach, all das was am Anfang eine kräftige Erschütterung unserer Welt erwarten läßt, wird im Film zum Larifari, weil die Menschen einfach nicht echt erscheinen. Schade.
Romana Reich