"Terra X"-Dreiteiler an Ostern ist Auftakt des Reformationsjubiläums 2017 im ZDF mit Harald Lesch, Teil 1/2

Claudia Schulmerich

 

Neustadt/Weinstraße/Mainz (Weltexpresso) - Da stöhnen die einen, ach, die ganze Zeit Reformation im Fernsehen, da zeigen die anderen, daß die Deutschen sehr sehr wenig wissen, zu welcher weltgeschichtlichen Bedeutung die Reformation durch Martin Luther vor 500 Jahren erwuchs, aber sie wissen noch nicht einmal, wie das alles zusammenhängt, warum, weshalb, wie und wann und wer!

Das konnten wir gerade bei einer Konfirmation in Mußbach an der Weinstraße mitbekommen. Da hatte ein pfiffiger Pfarrer die Konfirmation 2017 im Ort mit einem Quiz für die der Konfirmation in der Kirche Beiwohnenden verbunden. Die Fragen galten einerseits Martin Luther: Geburtsjahr, Geburtsort, seinem Herkommen und Studium,  Thesenanschlag: wann und wo, Ehefrau, Klösterbezug etc.  Andererseits seinem europapolitischen Umfeld: Papst, Kaiser etc. Wir hatten uns zurückgehalten, weil wir es als unfair erachteten, in der Kirche unser Bildungswissen zu präsentieren. Nur als eine der Anworten, die dem Kaiser zu Zeiten Martin Luthers galten, lautete: Karl von Frankreich, konnten wir uns nicht mehr zurückhalten und riefen: "Nein, Karl V., der Habsburger. Peinlich."

 

Der Wormser Reichstag wurde noch richtig mit 1521 benannt, aber dann wurden die Geschichtsklitterungen als Wahrheit verkauft: "Hier stehe ich. Gott helfe mir. Ich kann nicht anders.", ist trotz seiner attraktiven Geste nicht verbürgt, wohl aber: "Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen!"

 

"Bei den Fragen nach Luthers Vorgängern sah es dann ganz zappenduster aus: Da wurde weder Johannes Hus genannt, noch richtig sein Sterbeort angegeben. Ja, Johannes Hus kam aus Prag, wurde aber 1415 schon auf dem Konzil zu Konstanz auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Als Ketzer, wie das Staat und Kirche nannten. Aber er war nicht der erste, zu den Vorläufern als Reformatoren gehören auch seine Anhänger, die Hussiten, zu denen im Nachhinein Luther sagt:  "Kurz, wir alle sind unbewusst Hussiten. Ja, ­ Paulus und Augustin sind aufs Wort Hussiten".

 

Noch viel früher wirkten mit reformatorischen Inhalten John Wycliff (1300-1384), erst recht Petrus Valdes (1140-1217), seine Anhänger wurden als Waldenser verteufelt, aus der Kirche ausgeschlossen, aus der Heimat verbannt. Das sind gute Beispiele von Vorläufern, zu denen die Zeitgenossen Zwingli und Calvin mitgenannt werden müssen. Es lag einfach etwas in der Luft, was zu Zeiten Luthers dann auch auf eine materielle Basis fiel: Zustimmung von Massen. Daß ihm heute fälschlicherweise viele Ehren zufallen, wie die erste Bibelübersetzung ins Deutsche geleistet zu haben, was mehrfach nicht stimmt, es gab schon verschiedene Fassungen, hat mit der Gunst der Stunde zu tun. Zusammen mit Luther sollte man deshalb der Vorläufer mitgedenken, was leichterfällt, wenn es nicht nur um Daten, sondern die theologischen und kirchenpraktischen Zusammenhänge geht.

Dies führen wir nicht nur deshalb an, weil es gar nicht genug Fernsehsendungen über Martin Luther und die Reformation geben kann, sondern auch als Hinweis, daß es mit Namen und Daten einfach nicht getan ist. Ganz abgesehen davon, daß die geschichtliche Wahrheit, ob die Thesen denn wirklich  am berühmten 31. Oktober 1517 zu Wittenberg angeschlagen wurden oder nicht, ist es wichtig, die Hintergründe auszubreiten, warum Martin Luther sowohl die Kirchenpraxis des verrotteten Systems Katholische Kirche wie auch theologische Inhalte angriff und vor allem, welche.

 

Die Begründung mit dem Ablaßhandel ist ja nur die Spitze des Eisbergs, was an Kritik vorhanden war, notwendigerweise zugespitzt für die Öffentlichkeit, weil immer dann, wenn Geld eine Rolle spielt, diejenigen, denen es aus der Tasche gezogen wird, doch besser zuhören.

 

Alle anderen Argumente Luthers sollten aber auch überprüft werden, ob sie zu einer besseren Glaubenspraxis geführt haben. Auf jeden Fall haben sie Reformen in der Katholischen Kirche bewirkt, die ja erst die Katholische ist, seit es eine Protestantische oder Evangelische gibt.  Und zwar nach Luther. Denn der starb 1546, aber erst mit dem Westfälischen Frieden als Abschluß des 30jährigen Krieges entstanden die separaten christlichen Kirchen als offizielle Einrichtungen mit verfassungsrechtlicher Norm.

Fortsetzung folgt

 

Foto: Wycliff, Valde, Hus(c) Alexander Hoernigk, Immanuel Giel