Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 20. April, Teil 2
Filmheft
Paris (Weltexpresso) - „Fu?r mich erza?hlt EIN DORF SIEHT SCHWARZ vom Zusammentreffen zweier Welten, die sich nicht kennen.“
EIN DORF SIEHT SCHWARZ ist ihr zweiter Langfilm, sieben Jahre nach „Les meilleurs amis du monde“. Wie kam diese Geschichte zu Ihnen?
Durch das Zusammentreffen verschiedener Umstände. Ich war mit Produzentin Pauline Duhault für ein anderes Projekt verabredet, das letztendlich nicht klappte. Sie steckte mit Kamini in der Entwicklung von EIN DORF SIEHT SCHWARZ und drückte mir das erste Drehbuch in die Hand, an dem noch Benoît Graffin beteiligt war. Ich bekam große Lust, in die Geschichte um Kaminis Vater einzutauchen. Für mich war Seyolo das Rückgrat des Films und ich setzte mich ein Jahr lang noch einmal an das Drehbuch, wobei ich die guten Ideen von Kamini und Benoît natürlich einbezogen habe.
Wie reagierte Kamini auf diese Herangehensweise?
Zwischen uns ist alles sehr gut gelaufen. Natürlich hing er sehr an dem Projekt, wollte es sogar mal selbst verfilmen. Ich war nach unserem Gespräch sehr entspannt. Gemeinsam an dem Buch zu schreiben, wäre für uns beide sehr schwierig gewesen. Er stand vor einer sicherlich nicht einfachen Wahl, aber entschied sich, mir zu vertrauen.
Welche Erinnerung haben Sie an das Chanson „Marly-Gomont“ von 2006 und den darauf folgenden Hype?
Ich erinnere mich sehr gut an den Hit und den humorvollen Aspekt. Dieser Geist fand sich übrigens im Treatment von Kamini wieder. Mich berührte seine Idee, dem Vater ein Denkmal zu setzen. Natürlich enthält der fertige Film viel Humor, aber auch andere Dinge, andere Gefühle. EIN DORF SIEHT SCHWARZ ist eine universelle Geschichte und geht weit über den Rahmen einer Komödie hinaus.
Man mag es kaum glauben: EIN DORF SIEHT SCHWARZ ist im Jahr 1975 angesiedelt, wirkt aber sehr aktuell und modern...
Besonders heute. Dieser aktuelle Aspekt war Bestandteil unserer Arbeit. Natürlich sehen wir auf der Leinwand die 1970er Jahre, vor allem anhand der Kleidung, aber ich wollte keine zu starke Zeitgebundenheit. Die Handlung spielt auf dem Land, aber zwischen Gestern und Heute hat sich nicht so viel geändert im ländlichen Milieu. Dies erlaubt eine moderne Erzählweise, in der die Krise der Migration mitschwingt. Vor zwei oder drei Jahren habe ich mich noch gefragt, ob man die Geschichte wirklich erzählen soll.
Die Antwort ist heute eindeutig... EIN DORF SIEHT SCHWARZ erzählt vom Zusammentreffen zweier Welten, die sich nicht kennen, ein bisschen wie am Anfang einer Liebesbeziehung, wenn man sich noch aneinander herantasten muss. Man spürt Angst vor dem anderen, aber nach und nach gewinnt das Vertrauen die Oberhand. Das ist der Motor des Films: Seyolo muss das Vertrauen der Dorfbewohner gewinnen. Er gehört zu den außergewöhnlichen Menschen, die schon bei der ersten Begegnung einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ein Typ, der den Kongo verlässt und sich mit seiner Familie ausgerechnet in Marly-Gomont niederlässt, wo er sich auch durch größte Schwierigkeiten nicht entmutigen lässt. Einer, der nicht aufgibt. Allein sein Glaube ist doch schon bewundernswert. Eine tolle Kinofigur.
Empfanden Sie diese Verbindung von Humor und gesellschaftlichem Anliegen nicht etwas riskant? Jedenfalls so auf dem Papier?
Durchaus. Und es macht mich sehr stolz, dass der Film die Unterschiede zwischen den Dorfbewohnern und der Familie Zantoko zeigt, ohne in den Bereich der Karikatur abzurutschen. Keine leichte Angelegenheit, aber ich konnte mich auf eine tolle Besetzung verlassen: Aïssa und Marc sind zwei Super-Schauspieler. Uns verbindet das Faible zu mehr angelsächsischem Humor. Es geht nicht um eine Posse mit einer Aneinanderreihung von Sticheleien und Witzen, sondern im Gegenteil, um eine sehr englische Komödie. Für so etwas brenne ich.
Lassen Sie uns über Marc Zinga sprechen, den Darsteller von Seyolo.
Ich habe eine Reihe seiner Filme gesehen und viel von ihm gehört. Bei unserem ersten Treffen war ich so beeindruckt, dass ich schon an seiner Zusage zweifelte. Marc wollte nämlich erst einmal „Les meilleurs amis du monde“ sehen, den er dann sehr gern mochte. Ich wusste, wir lagen auf der gleichen Wellenlinie. Am Set habe ich ihn als einen harten Arbeiter schätzen gelernt. Er war einfach unermüdlich und überlegte sich immer etwas Neues. Irgendwann fragte er mich, ob er mir Vorschläge machen darf und als ich zustimmte, begannen wir, viel über die Organisation der Dreharbeiten zu diskutieren, die mal gut, mal weniger gut liefen. Das alles hat uns sehr genutzt, von ihm kam letztendlich viel Input.
Und was ist mit Aïssa Maïga, Seyolos Frau Anne?
Aïssa ist einfach umwerfend. Marc und Aïssa ergänzen sich zu einem sehr glaubwürdigen Paar. Anne ist eine gut situierte Frau aus der afrikanischen Mittelschicht, die in diesem Dorf landet. Aïsa strahlt diese Eleganz aus und verfügt über eine bemerkenswerte Schönheit, außerdem kann sie sehr komisch sein. Sie ist Seele und Säule dieser Familie aus über eine bemerkenswerte Schönheit, außerdem kann sie sehr komisch sein. Sie ist Seele und Säule dieser Familie aus dem Kongo. Mit Aïssa, Marc und den beiden Kinderdarstellern habe ich einen riesigen Glücksgriff gemacht.
Und das, obwohl schwarze Schauspieler nicht besonders zahlreich sind in Frankreich. Oder man kennt sie nicht, was noch schlimmer ist.
Genau. Es gibt sie, aber man kennt sie nicht. Marc hat glücklicherweise einen Namen wie auch Aïssa, die bekannteste schwarze Schauspielerin Frankreichs. Ich habe auch noch einige andere gefunden wie Tatiana Rojo, aber man sieht sie kaum auf der Leinwand. EIN DORF SIEHT SCHWARZ ist wohl der erste publikumswirksame französische Film mit einem schwarzen Paar in der Hauptrolle. Und das im Jahr 2016! Verrückt, oder?
Wie steht es mit den Nebenrollen?
Ich wollte ein paar bekannte Gesichter, deshalb fiel die Wahl auf Jonathan Lambert als Fiesling. Ich besetze gerne Komödienschauspieler gegen ihr Image. Das bringt einen neuen Ton, vor allem wenn der Schauspieler gut ist. Und seine Figur ist mies, aber keine Karikatur. Wenn ich auf Nummer sicher hätte gehen wollen, wäre auch Daniel Prévost eine Option gewesen. Für Lavigne brauchte ich einen Sympathieträger, dessen Hinterhältigkeit man nicht sofort erkennt.
Und Rufus, als Jean, ist einer der wenigen Bauern, die der Familie helfen?
Ihn hatte ich von Anfang an im Kopf. Es gab allerdings eine kleine Diskussion mit den Produzenten, die sich nicht jemanden in dem Alter vorstellen konnten. Aber für mich gab es keinen Zweifel an ihm, Jean ist der Schutzengel der Hauptfigur. Und ist es nicht herzzerreißend schön, dass der Waise Seyolo in ihm eine Art Ersatzvater findet, einen Verbündeten, der über ihn wacht und ihn lenkt?
Vielleicht noch ein Wort zu Medina Diarra und Bayron Lebli, die perfekten Filmkinder von Anne und Seyolo...
Eine falsche Wahl hätte den Film kaputt gemacht. Medina trat schon mal in einem Fernsehfilm auf und ist wirklich eine Granate. Beim Casting nahm sie mich sofort gefangen. Bei Kindern mit dieser Begabung muss ich als Regisseur wenig tun, außer auf die Konzentration zu achten. Aus Scherz haben wir die beiden Kids am Ende der Dreharbeiten Simone Signoret und Jean Gabin getauft. Wir hatten einen Coach für die Kinder, was sich vor allem bei Bayron lohnte, der noch nie vor einer Kamera gestanden hatte. Es war wie ein Wunder mit den beiden.
In „Les meilleurs amis du monde“ ging es um Freundschaft, EIN DORF SIEHT SCHWARZ handelt von Familie. Ihre Vorlieben scheinen menschlichen Beziehungen zu gelten...
Eben, weil jede Komödie auch einen dramatischen Kern in sich birgt. In beiden Filmen geht es um den Zusammenstoß von Gefühlen, um Konflikte. Das wurde mir erst nach Ende der Dreharbeiten klar. Aufgrund meiner Herkunft entwickelte ich ein besonderes Interesse an EIN DORF SIEHT SCHWARZ. Als Sohn eines Italieners und einer Schwedin bin ich Franzose und habe mir nie Gedanken darüber gemacht. Aber dann brachte mich der Film doch zum Nachdenken...
Foto: (c)