Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 4. Mai 2017, Teil 4

Filmheft

Berlin (Weltexpresso) - "Geschichten sind wilde Wesen. Wer weiß, was für Unheil sie anrichten können, wenn
man sie loslässt." – Das Monster
Geschichte von SIEBEN MINUTEN NACH MITTERNACHT beginnt mit der Veröffentlichung des gleichnamigen Buches im Jahr 2011. Sergio Sánchez, selbst unersättlicher Leser sowie Drehbuchautor von Das Waisenhaus (El Orfanato, 2007) und The Impossible (Lo imposible, 2012), war derart verzaubert von
dem Roman, dass er ihn seinem Freund Juan Antonio Bayona zu lesen gab, seines Zeichens Regisseur der obigen preisgekrönten Filme. Nach der Lektüre des Buches fand Bayona sofort die „Themen, die ich in Das Waisenhaus und The Impossible selbst angesprochen hatte: Charaktere, die sich in einer sehr dramatischen Situation wiederfinden und den Tod vor Augen haben. Ich sah darin eine kraftvolle und wichtige Geschichte für einen Film – ein Abenteuer, zu dem jeder Bezug haben würde.“

Millionen von Lesern würden dem zustimmen. Der Roman von Patrick Ness nach einer Originalidee der verstorbenen Siobhan Dowd wurde in fast 40 Sprachen übersetzt. „Sieben Minuten nach Mitternacht“ hat zahlreiche renommierte Preise weltweit erhalten, darunter die angesehene Carnegie Medal sowie die Kate Greenaway Medal für Illustrator Jim Kay. „Es wurde sehr schnell sehr beliebt und zum Kult – dem wollte ich gerecht werden“, kommentiert Bayona. Belén Atienza, Produzentin von seinen früheren Werken und ausführende Produzentin des mit drei Oscars ausgezeichneten Pans Labyrinth (El laberinto del fauno, 2006), gewann das Buch ebenfalls lieb, wie der Regisseur erklärt: „Belén und ich waren Feuer und Flamme für den Roman. Ich wusste aber auch, dass die Verfilmung eine noch größere Herausforderung werden würde als The Impossible.“

„So wie bei allen guten Büchern, die sich mit einem großen Thema beschäftigen, wird einem erst am Ende klar, wie viele verschiedene Dinge es einem vermittelt hat“, schwärmt Atienza. „Eines der Hauptthemen ist unser Umgang mit Trauer und dem Verlust eines geliebten Menschen. Das ist eine Sache, die einen sehr direkt anspricht, wenn man das Buch das erste Mal liest. Aber wenn man sich noch einmal genauer damit befasst, dann wird einem zusätzlich klar, wie der Autor die Fantasie als allgemeine Eigenschaft von uns Menschen erkundet – und dass sie eine Macht ist, die uns hilft, besser mit dem Leben klarzukommen. Sowie man mit der Lektüre beginnt und Conors Stimme im Buch lauscht, entfaltet das eine Wirkung, der man sich
nicht entziehen kann. Es ist ein filigranes Juwel einer Geschichte und wurde für Monate ein Teil von mir.“

Ihren Ursprung hatte diese Geschichte mit Siobhan Dowd in einer anderen Autorin gefunden. Doch die Schriftstellerin erlag nur kurze Zeit, nachdem sie mit dem Schreiben begonnen hatte, dem Krebs. Romanautor Patrick Ness erinnert sich: „Siobhan hat ganz fantastische Bücher geschrieben, auf die
besonders Teenager sehr stark reagieren. ‚Sieben Minuten nach Mitternacht‘ sollte ihr fünftes werden. Sie hatte einen Anfang, 1.000 geschriebene Worte, eine Vorstellung von der Gesamtstruktur und einige Figuren.“ Als der Verleger der Verstorbenen Kontakt zu Ness aufnahm und ihn darum bat, die Idee auszuarbeiten, zögerte er zuerst. Doch letztendlich entschied er sich, diese Verantwortung zu übernehmen.

Seine Bindung zu der Erzählung wuchs schnell, daher wollte er sicherstellen, dass die Gespräche, die sie auslösen würde, sich weiter fortsetzten. Also schrieb er auch eine sehr originalgetreue Drehbuchfassung. „Für mich ist es eine Geschichte über Verlustängste. Vor allen anderen Dingen wollte ich die Wahrheit hinter Conors Gefühlen aufzeigen anstatt sie zu leugnen, zu beschönigen oder zu verkitschen. Es sollte klar werden, wie sehr einen solche Erlebnisse verletzen, denn das tun sie.“

Produzentin und Regisseur spürten, dass die Geschichte als Film funktionieren würde, ohne dass es auf Kosten des emotionalen Kerns geschehen würde, wie Atienza anmerkt: „Bayona ist jemand, der auf seine Gefühle hört. Er hat in diesem Kind vieles von sich selbst wiedergefunden, darin wie Conor zu einer schwierigen Zeit in seinem Leben Zugang zur Fantasie findet. Da Bayona in seinen Filmen das Publikum gern mit einer Kombination unterschiedlicher Genres anspricht, war es das perfekte Ausgangsmaterial für ihn. Mit der Zeit wurde ihm klar, wie er den Roman auf seine Weise interpretieren und ihn in seinem eigenen Fach zum Leben erwecken könnte.“

Der Regisseur selbst ergänzt: „Ich wurde auch dazu inspiriert darüber nachzudenken, warum wir überhaupt Geschichten erzählen, und ich begann bestimmte Werke der Mythologie sehr aufmerksam zu studieren, u.a. von Experten wie Joseph Campbell.“

Nach der Fertigstellung von The Impossible, einem Film, der Zuschauer auf der ganzen Welt bewegen sollte, bekam Bayona von seinem Agenten das Drehbuch zu SIEBEN MINUTEN NACH MITTERNACHT zugeschickt. Die spanische Firma Telecinco Cinema, die seine früheren Filme begleitet hatte, erklärte, die Umsetzung finanzieren zu wollen und somit war klar, dass dies das nächste Projekt des Regisseurs werden würde. „Dank der bedingungslosen Unterstützung dieser geschätzten Partner waren wir in der Lage, den Film angemessen vorzubereiten“, so Atienza. Mit dem Eintritt von La Trini aus Spanien und den angesehenen US-amerikanischen Produktionsfirmen Participant Media und River Road Entertainment nahm die Geschichte schließlich Kurs auf die große Leinwand. „Bayona und ich spürten, dass River Road und Participant unsere kreativen Ziele und diese Geschichte von Anfang an verstanden“, unterstreicht Atienza.

„Ihnen war klar, dass wir den Film zu einer bedeutungsvollen Erfahrung machen wollten, etwas, über das man nach dem Abspann nachdenkt, aber für ein breites Publikum.“

Foto: (c) Verleih

Info: Aus dem Presseheft von studiocanal.de