Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 4. Mai 2017, Teil 5
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wenn Sie spannende Filme mögen, wirklich solche Filme, die schon mehr als Spannung erzeugen, nämlich einem unheimlich werden, das was weithin als Horrorfilm gilt, dann sollten Sie in GET OUT hineingehen. Wenn Sie intelligente Filme lieben, dann erst recht.
Einfach ein richtig gut gemachter Film, der einem eine derart überraschende Story präsentiert, daß man versucht ist, daß Geheimnis, das am Schluß alles aufklärt zu verraten. Nein, das wäre unfair, zumal die Geschichte auch ohne den überraschenden Schluß Unterhaltsames und Aufklärendes verspricht. Daß der Beginn mit dem Schluß zusammenhängt, das weiß man auch erst zum Schluß, denn lange rätselt man rum, was da gerade blitzschnell passiert ist, während einen dann die Geschichte in Bann schlägt.
Man sieht zu Anfang einen jungen Schwarzen, der auf der Straße laufend eine Adresse sucht und an den Häusern entlanggeht und dabei in ein Handy spricht, das ihn leitet. Da kommt ein schickes Auto des Wegs, das kommt dem jungen Mann Spanisch vor, weshalb er dann doch lieber ausweichen und sich in die Büsche schlagen will, doch schon ist der Spaten zur Hand, er geht k.o. und wir sehen, wie er im Kofferraum eines Autos verfrachtet wird. Schnitt.
Aha, die zwei sind ein Paar, der junge Chris (Daniel Kaluuya) und die typische hübsch-brave highschool Blondine namens Rose. Er ein junger afroamerikanischer Fotograf und schon anerkannter Künstler aus New York, sie aus einer Familie vom Land im Norden des Staates. Beide wollen am Wochenende zum Familiensitz der Familie fahren, wo der Freund das erste Mal die Eltern der Freundin kennenlernen soll.
Zuvor wurden wir noch Zeuge von einem unangepaßten schwarzen Sicherheitstypen, der mit Chris befreundet ist und das gar nicht so gut findet, daß sein Freund einfach dorthin fährt, ohne mit seiner Freundin länger über die Probleme diskutiert zu haben, die sich ergeben können, wenn die Familie auf Anhieb sieht, daß der neue Freund ein Schwarzer ist. Aber Chris vertraut seiner Freundin, die ihm sagt, sie habe zwar noch keinen schwarzen Freund nach Hause gebracht, aber ihre Eltern seien keine Rassisten. Auf keinen Fall. Daß sie, die brave angepaßte und in Chris verliebte Studentin, Gedächtnisausfälle hat, merkt man spätestens, als sie zu Hause angekommen, von der Mutter hört, daß die Gartenparty stattfinden wird, „wie jedes Jahr“, was die Tochter vergaß.
Also wird Chris nicht nur auf die Familie treffen, sondern auch auf die Freunde und Verwandten. Verschärfte Situation sozusagen. Aber das muß ihn nicht kümmern, er wundert sich erst einmal über die beiden schwarzen Hausangestellten der Familie. Denn bei allen Nicht-Rassismus ist die Welt der amerikanischen weißen Oberschicht insofern noch in Ordnung, daß im schönen weitläufigen Haus mit dem großen Garten residiert wird und die Arbeit vom schwarzen Hausmädchen und dem schwarzen Gärtner übernommen werden.
Als sich Chris diesen, die echt einen seltsamen Eindruck, auch auf den Zuschauer machen, als sich Christ diesen also als ebenbürtig, nämlich als schwarz, nähern will, weisen die ihn zurück: Klassenschranken gehen vor Rassenschranken. Er gehört zu den Herren, sie zu den Knechten. Denkt der Zuschauer. Die Party ist in vollem Gang. Toll, was Jordan Peele da alles an Figuren zusammenbringt. Häßlich, aufgebretzelt, abgewirtschaftet, zusammengefaltet, Paare in Haß vereint oder in Liebe, Alte, Junge, es ist ein Panoptikum an schrägen Vögeln, in denen wir sofort diejenigen erkennen, die hier auf dem Land das Sagen haben: echtes Amerika, stockkonservativ.
Obwohl, da taucht doch sogar eine Nachbarin auf, dicklich, ältlich, aber mit einem jungen Galan an der Seite. Der steckt in einem schicken Anzug – und ist ein Schwarzer. Ungeniert führst sie sowohl ihre Dominanz wie ihre Verliebtheit und seine Abhängigkeit vor. Das ganze Ambiente atmet so etwas von Gestelztheit und Unfreiheit aus, daß es den Zuschauer schüttelt. Aber den aus New York gekommenen Christ auch. So was hat er noch nicht erlebt. Und dann soll er auch noch aufs Rauchen verzichten.
Wie leicht das geht, will ihm die Mutter von Rose vorführen. Sie ist nämlich Hypnose erfahren und hat schon so manchen kuriert. Während wir noch zuschauen, wie sie hypnotisierend den Löffel in ihrer Teetasse ohn Unterlaß umrührt, ist er schon längst…
Nein, hier lassen wir unseren Helden alleine. Zu unglaublich ist, was jetzt alles passiert und was, wäre nicht sein Freund aus New York aufgetaucht, ein böses Ende genommen hätte. So aber ist die Welt um eine Aufklärung reicher.
Foto: Hauptdarsteller Chris (Daniel Kaluuya) © Verleih
Info:
BESETZUNG
Rolle Schauspieler Synchronstimme
Chris Washington DANIEL KALUUYA Nico Sablik
Rose Armitage ALLISON WILLIAMS Yvonne Greitzke
Dean Armitage BRADLEY WHITFORD Till Hagen
Jeremy Armitage CALEB LANDRY JONES Hannes Maurer
Missy Armitage CATHERINE KEENER Anke Reitzenstein
Walter MARCUS HENDERSON Michael Iwannek
Georgina BETTY GABRIEL Victoria Sturm
Andrew Logan King LAKEITH STANFIELD Tim Knauer
Jim Hudson STEPHEN ROOT Jan Spitzer
Rod Williams MILTON ‚LIL REL’ HOWERY Tobias Schmidt