Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 4. Mai 2017, Teil 6

Filmheft

Berlin (Weltexpresso) - ÜBER DIE PRODUKTION: Jordan Peele, der seinen Einstand als Autor und Darsteller bei „Mad TV“ gab, ist seit langem ein Fan von Horrorfilmen und überzeugt davon, dass Horror und Komödie aus der gleichen Quelle schöpfen, denn beide wurzeln in unserem Bedürfnis, die Absurditäten des menschlichen Daseins zu erforschen. Er begrüßt es, wenn wir unsere Probleme und Ängste durch beinahe körperliche, kathartische Erfahrungen meistern können, indem wir uns erlauben, uns in Angst oder Gelächter versetzen zu lassen. Denn wenn wir die Emotionen meistern können, können wir auch durch die Erfahrung verarbeiten.

Dieses Spiel von Spannung und Erlösung kann, so glaubt der Filmemacher, ein sehr befriedigendes Bauchgefühl beim Zuschauer hinterlassen. „In einem Genre versucht man, einen Lacher und beim anderen eine Gänsehaut zu produzieren. Es war spannend für mich, all das, was ich in der Komödie gelernt habe, in mein Lieblingsgenre, den Thriller, zu übertragen.“

Peele ist kein Anfänger darin, das Absurde aus der Realität heraus zu kitzeln. Als er mit dem Drehbuch begann, entwarf er einen Ausgangspunkt, der zu gleichen Teilen beängstigend und sozialkritisch ist. Heraus kam GET OUT, ein provokanter Thriller, der Humor, Satire und Horror mischt und dabei nicht davor zurückschreckt, die augenblickliche Situation der Rassenbeziehungen in den USA geradeheraus anzugehen. „Diese Idee entsprang meinem Wunsch, meine eigene spezielle Färbung den Genres ‚Thriller’ und ‚Horror’ hinzuzufügen“, sagt er. „Das ‚Rassenthema’ habe ich bereits in meiner Comedy ausführlich bearbeitet. Dieser Film reflektiert meine persönlichen Ängste und Themen, mit denen ich mich bereits zuvor beschäftigt hatte.“

Peele entwarf einen Protagonisten namens Chris, einen afro-amerikanischen Fotografen und Künstler aus New York City, der die Beziehung zu seiner kaukasischen Freundin auf ein nächstes Level heben will, indem er während eines langen Wochenendes ihre Eltern kennenlernt. Sobald Chris am ländlichen Familiensitz im Norden des Staates New York ankommt, beschleicht ihn das Gefühl, dass nicht alles so ist, wie es scheint. Als er herausfindet, dass eine große Anzahl schwarzer Männer in diesem Vorort verschwunden sind, erweist sich sein Verdacht als mehr denn unbegründete Paranoia. Was als langweiliges Routinewochenende beginnt, entwickelt sich sog-artig und steuert auf einen verrückten, schrecklichen, spannenden, beängstigenden und gleichermaßen komischen Abschluss zu.
Der Regisseur gesteht, dass es ihm Spaß mache, mit den Erwartungen der Zuschauer zu spielen und deren „das passiert als Nächstes“-Haltung zu unterlaufen. „Eine zentrale Grundlage von GET OUT ist die Situation ‚weißes Mädchen bringt schwarzen Freund mit nach Hause’, ohne die sich daraus ergebenden sozialen Probleme gründlich zu durchdenken“, verrät Peele. „Sie nimmt an, dass ihre Familie das akzeptiert, was sie auch tut. Aber es gibt auch ein paar kleine Hinweise, die wir als Teil von etwas viel Bedrohlicherem wahrzunehmen beginnen.“

Diese Serie nicht-ganz-so-stimmiger Momente, die Chris’ Misstrauen mehr und mehr wecken, entfaltet sich nur langsam. Ob es Neugierde über das seltsame Verhalten des Armitage-Personals ist oder das Gefühl, in einer anderen Welt gelandet zu sein, als die Familie das jährliche Fest zu Ehren des verstorbenen Großvaters zelebriert. Chris erkennt langsam, dass nicht er es ist, der wahnsinnig wird. „Der Trick bestand darin, dass nichts wirklich Verrücktes zu schnell passiert, so dass man noch glauben kann, dass die Figuren in dieser Situation bleiben“, enthüllt Peele. „Das Element, das Chris’ Alarmglocken schrillen lässt, ist seine Begegnung mit dem Personal, das ein bisschen schräg ist. Denn er hat noch nie so jemanden kennengelernt.“

Dennoch, so betont der Autor und Regisseur, war es sehr wichtig, dass der Held des Thrillers nie etwas tut, das die Zuschauer nicht auch tun würden. „Ich hasse das bei anderen Filmen“, lacht er, „besonders bei Thrillern. Man will einfach, dass jemand endlich zum Telefon greift, die Polizei holt und aus dem Haus abhaut. Deshalb habe ich Chris genau das erlaubt. Er ist ein echter, cleverer, logischer Mensch. Das macht das Ganze so rund“.

So wie die provokantesten Horrorfilme – von George A. Romeros „Zombie“, der die Stimmung auf dem Höhepunkt der Vietnam-Ära einfängt, bis zu Wes Cravens „Das letzte Haus links“, der den inneren Hang des Menschen zur Gewalt erforscht – konfrontiert GET OUT die Zuschauer mit einer Haltung, die weit mehr als bloßes Entertainment ist. „Dieser Film erzählt von vielen Dingen“, betont Peele. „Er handelt davon, wie US-Amerikaner mit ‚Rasse’ umgehen und, dass Rassismus an sich der Dämon ist, ein amerikanisches Monster. Es geht auch ums Wegsehen und darum, dass wenn wir es zulassen, Menschen einfach daneben stehen können, während Gräueltaten passieren.“ Er findet es wichtig, das Genre zu erweitern und darüber nachzudenken, wie Rassismus zum Horrorfilm passt: „Es ist ein wichtiger Teil des Diskurses.“


Foto: Chris mit seiner Freundin Rose (Daniel Kaluuya und Allison Williams) (c) Verleih

Info: Filmheft von Universal Pictures