Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 4. Mai 2017, Teil 7

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Starker Film! Helmut Krausser hat es in seinem Roman vorgemacht, was Regisseur Lars Montag zu einem aufregenden Strauß in einander verwickelter Geschichten zusammenbindet.


Natürlich sind nicht die Geschichten verwickelt, sondern die uns vorgeführten Menschen sind es, die miteinander und ohne einander ins Geschichten verwoben, auftauchen und verschwinden und an anderer Stelle wieder auftauchen, wobei nicht gesagt ist, daß sie dort passender sind als an der alten Stelle, sprich: dem alten Partner. Alles in allem sind es Liebesgeschichten, Lebensgeschichten, mal unglücklich, sogar auch mal glücklich, auf jeden Fall in der Schwebe, denn zwischen Glück und Unglück ist oft nur ein Hauch.

Nein, sie stellen sich nicht dümmer an, die Männer und Frauen im Film, als es die Männer und Frauen im wirklichen Leben in Deutschland auch tun. Nur ist es trostloser, dem Hin und Her und sinnlosem Suchen und Nichtfinden der Glückseligkeit zuzuschauen, als man es gemeinhin analysiert, weil das tätige Leben eben viel fordert und Zeit zum Überlegen, was man da treibt und was die Nachbarn da treiben und nicht treiben, zu kurz kommt. Wie gut, daß wir Filmemacher haben, die den Salat gewürzt vorsetzen.

Und wenn man beim Zuschauen schon meint, jetzt würde es einem zu viel, mit so vielem filmischen Personal und immer wieder neuen Konstellationen, überschrieben sozusagen wie ein Palimpsest auf die alten, dann gelingt es dem Regisseur, uns wieder dranzukriegen und auch diese Volte noch mitzumachen. Am Schluß ist man geplättet, aber ganz und gar nicht unzufrieden, mit einem Film, der Herkömmliches sprengt.


Das alles funktioniert nur mit diesen hervorragenden Schauspielern. Überhaupt wird es Zeit, doch einmal deutlich herauszuheben, welche guten Schauspieler Deutschland hat. Deshalb sollen, weil die einzelnen Geschichten und ihre personalen Verwicklungen sowieso nicht erzählt werden können, die Protagonisten vorgestellt werden. Vorab aber noch ein Wort zum Titel.

Natürlich kommt ihnen das bekannt vor: Einsamkeit und Sex und Mitleid und wenn man es Ihnen auf die Melodie der deutschen Nationalhymne (26. August 1841 von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben als LIED DER DEUTSCHEN gedichtet) vorsänge, würden Sie einstimmen in :
Einigkeit und Recht und Freiheit
Für das deutsche Vaterland!


DIE HANDELNDEN PERSONEN

Ecki Nölten (Bernhard Schütz)
Ecki, 55, war mal Lehrer. Und zwar ein guter. Bis dieses frühpubertäre Mädchen behauptet hat, er habe sie angegrapscht. Eine dreiste Lüge! Ecki will sich rächen. Ecki mag Kartoffelchips.


Thomas Stern (Jan Henrik Stahlberg)
Thomas, 43, kaut Kaugummi. Thomas ist ein echter Mann. Angst? Fehlanzeige. Er passt auf Carla auf. Mit Leuten mit Migrationshintergrund hat er es nicht so.


Carla (Friederike Kempter)
Carla, 27, will stark sein. Endlich. Trotz der Sache mit dem Ausländer. Thomas hilft ihr dabei. Aber eigentlich kann das Carla auch ganz alleine.


Robert Pfennig (Rainer Bock)
Robert, 53, hat keine Struktur mehr (sagt seine Frau), aber Familie: Maschjonka, Swentja und Sonja. Aber die brauchen ihn eigentlich nicht. Zum Glück hat der Robert seine Bienen. Und er hätte gern einen Freund.


Maschjonka Pfennig (Maria Hofstätter)
Maschjonka, 53, will alles richtig machen. Zum Beispiel das mit den Tieren. Maschjonka ist Veganerin. Und dann dieser Robert mit seinen Bienen. Essen Veganer eigentlich Honig?


Swentja Pfennig (Lilly Wiedemann)
Der Arab will Swentja, 14, lecken. Für 100 Euro. Da fühlt sie sich schon ein bisschen geschmeichelt. Aber der ist ja auch so eigentlich ganz süß.


Mahmud (Hussein Eliraqui)
Einfach so mit einem Mädchen, das geht nicht für Mahmud, 16. Wegen der Religion. Sagt sein kleiner, sehr weiser Bruder. Also dann eben mit Geld. Aber die Swentja, die ist doch ganz süß.


Janine (Katja Bürkle)
Janine, Ende 30, ist Künstlerin. Sie malt normale Menschen an und fotografiert sie anschließend. Wie Robert. Sie hat bald eine Ausstellung. Alleine ist sie trotzdem. Aber es gibt ja diese Datingportale. Für „Nixe 74“.


Uwe König (Peter Schneider)
Uwe, Anfang 30, ist Marktleiter im Supermarkt. Und das kann er gut. Und er weiß auch sonst sehr viele nützliche Dinge. Leider ist ihm seine Ehefrau Julia abhandengekommen. Aber es gibt ja diese Datingportale. Für „Brandbeschleuniger XL“.

Julia König (Eva Löbau)
Julia, Ende 30, ist Ärztin. Sie weiß was sie will. Immer. Zum Beispiel sich von Uwe trennen. Und bei dem Typen vom Escort-Service, da bestimmt sie ganz klar, wo's langgeht. Und wie genau.


Vivian (Lara Mandoki)
Vivian, 21, liebt Vincent. Und Vincent liebt Vivian. Lieblingsfarbe: weiß. Und das mit dem Escort-Service, das machen ja schließlich beide. Mit festen Regeln geht das schon.


Vincent (Eugen Bauder)
Vincent, 25, liebt Vivian. Und Vivian liebt Vincent. Das andere, das ist nur ein Job. Mit festen Regeln.


Johnny / Johannes (Aaron Hilmer)
Jonny,14, liebt Jesus, 2016. Aber noch viel mehr liebt er Swentja. Und da will er alles richtig machen. Aber wie geht das? Wie nur?


Foto: Robert Pfennig (Rainer Bock) (c) Verleih