Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 4. Mai 2017, Teil 8


Filmheft

Berlin (Weltexpresso) - Im zugehörigen Filmheft für die Presse sind meist neben Produktionsnotizen auch Interviews mit den Produzenten oder Regisseuren oder Drehbuchautoren oder auch den Schauspielern abgedruckt.  Hier das Interview mit dem Produzent Werner C. Barg. Die Redaktion
Von Filmförderung über Dramaturgie, Lehrtätigkeit, Drehbuch, Produktion bis zu Regie und Filmkritik – nicht viele Menschen haben das Medium Film in den letzten Jahrzehnten von so vielen Seiten bearbeitet und beleuchtet wie Sie – ist dieses fundierte Wissen hilfreich oder steht einem das mitunter im Weg?

Ich denke, es war in diesem Fall eher hilfreich. Vieles von dem, was ich über Film weiß, steckt in EINSAMKEIT UND SEX UND MITLEID drin, das hat in der Kooperation mit dem Regisseur Lars Montag prima funktioniert. Ursprünglich kam Michael Töteberg von der Rowohlt-Medienagentur mit dieser Geschichte auf mich zu. Ich habe dann den Roman gelesen und dachte mir: „Wow, das ist ja mal etwas komplett Anderes!“ Meine dramaturgische Erfahrung durch meine Zeit an der dffb – etwa mit Hannes Stöhrs „Berlin Is in Germany“ – ist dann auch mit ins Drehbuch eingeflossen. 2011 stiegen wir in das Projekt ein, eine Drehbuchförderung wurde damals abgelehnt. Helmut Krausser hat dann aber trotzdem eine erste Fassung geschrieben. Und dann kam 2012 Lars Montag als Regisseur ins Spiel. Gemeinsam haben wir den Stoff zur Drehreife weiterentwickelt.


Wie kamen Sie auf ihn, Montag hatte ja bis dato fast nur Fernsehfilme inszeniert?

Ihn musste ich auch gegenüber potenziellen Geldgebern durchsetzen. Lars hat dann ein tolles Schauspielerensemble zusammengestellt, weswegen wir aber auch viel Ärger hatten. So hat die Filmförderungsanstalt ihre Gelder nach dem Dreh um 50.000 Euro gekürzt, weil das Ensemble nicht mehr genau dem zum Zeitpunkt der Einreichung entsprach. Aufgrund einer Drehverschiebung von Herbst 2015 auf Frühjahr 2016 standen nicht mehr alle per LOI zugesagten Schauspieler zur Verfügung. So mussten wir bis kurz vor Drehbeginn noch casten und konnten der FFA erst während der schon anlaufenden Dreharbeiten die endgültige Besetzungsliste mitteilen. Entschieden wurde darüber in den FFA-Gremien aber erst fast drei Monate später. Da war der Dreh längst gelaufen. Und die Entscheidung hat uns finanziell ziemlich ins Trudeln gebracht. Nach dem Dreh kann man ja an der finanziellen Schraube praktisch nicht mehr drehen. Wir hatten insgesamt 26 Locations und 88 Motive, und das mit einem Budget unter 2.000.000 Euro!


Die Finanzierung war ja sowieso schon schwierig genug.

Das können Sie laut sagen. Sehr früh war der Bayerische Rundfunk und X Verleih mit im Boot, aber von ARTE, dem Medienboard und der Filmstiftung Nordrhein-Westfalen haben wir einen Korb bekommen. 2013 kam dann die Produktionsfirma Bild-Tonfabrik BTF in Köln als Kooperationspartner dazu. Schließlich sind dann die Mitteldeutsche Medienförderung MDM, die ffa und der DFFF eingestiegen.


Hat Sie die Komplexität der Romanvorlage Helmut Kraussers nicht abgeschreckt?

Nein, im Gegenteil. Ich habe das als Herausforderung begriffen und in Lars auch sofort jemanden gefunden, der darauf angesprungen ist. In der Drehbucharbeit ist es geglückt, die eigentliche sehr verzwickte episodische Form des Films so aufzubauen, dass man als Zuschauer sehr gut folgen kann. Anders als zum Beispiel in Altmans „Short Cuts“ werden nicht alle Figuren von Beginn an eingeführt, sondern erst mal nur drei oder vier. Erst später ist dann das ganze personelle Spektrum des Films zu erleben. An dieser dramaturgischen Struktur haben Lars und ich lange gearbeitet. Die Details – besonders der Dialogwitz – sind dem Raffinement der beiden Autoren Krausser und Montag zu verdanken. Ebenso wie das Einarbeiten dieser modernen Phänomene wie „Anger Room“ oder „Silent Partys“.


Foto:  Maschjonka Pfennig (Maria Hofstätter)(c) Verleih