Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 11. Mai, Teil 3

Hanswerner Kruse

Berlin (Weltexpresso) - Im Frühjahr wurde Volker Schlöndorffs Wettbewerbsbeitrag für die Berliner Filmfestspiele mit Spannung erwartet. Doch sein Streifen „Rückkehr nach Montauk“, der jetzt in die Kinos kommt, war für die meisten Besucher eine Enttäuschung.
„Montauk“ heißt die, in den 1970er Jahren heftig umstrittene, sehr persönliche Erzählung Max Frischs. Darin collagiert er mit atemberaubenden sprachlichen Assoziationen unverhüllt seine eigenen Liebesaffären. Von diesem, damals wegweisenden Buch ist Schlöndorffs altväterlicher Film stilistisch weit entfernt und lediglich inhaltlich beeinflusst. Cineastisch konnte das Werk mit den preisgekrönten Beiträgen des Wettbewerbs nicht mithalten und wurde von den Kritikern sowie der Jury ignoriert.

Der Film beginnt mit den Worten des Schriftstellers Max Zorn (Stellan Skarsgård): „Zwei Sachen sind im Leben von wirklicher Bedeutung - die Dinge, die man getan hat, aber zutiefst bereut, sowie die Dinge, die man nicht getan hat und deshalb noch mehr bereut.“ Das sagt er zur Vorstellung seines neuen Romans in New York. Darin beschreibt er seine kurze Beziehung mit Rebecca (Nina Hoss), die er vor fast zwei Jahrzehnten leichtfertig beendete. „Ist das die Frau aus dem Buch?“, wird er gefragt, als Rebecca bei der Lesung erscheint. „Nein! Das ist doch ein Roman“, windet er sich heraus, aber, so fährt er fort: „Es gibt eine Liebe im Leben, die du nie vergisst, wie sehr du es auch versuchst. Etwas, worüber du nie hinwegkommst.“

Nach dem Leseabend versucht Zorn wieder Kontakt mit der von ihm Verlassenen aufzunehmen, doch die weist seine Avancen brüsk zurück. Einige Tage später jedoch lädt sie ihn ein, mit ihr nach Montauk zu fahren. Dort, wo sich die beiden einst liebten, will die erfolgreiche Juristin ein Haus kaufen. Ganz ungeplant verbringen die beiden eine gemeinsame Nacht an der, mit vielen Erinnerungen besetzten Spitze Long Islands. Max glaubt morgens tatsächlich, die vielen Jahre und die der Frau zugefügten Kränkungen einfach überspringen zu können. Sie dagegen scheint zu spüren, dass sie lediglich die Projektionsfläche für die Illusionen des alten Mannes ist.

Diese Geschichte ohne Happy End wird mit schönen Bildern, großer Musik und vielen, vielen geschwollenen Dialogen erzählt. Fast durchgehend wirken die Schauspieler so künstlich, als hätten sie sich aufgrund des Drehbuchs zur Ausübung ihres Handwerks verabredet. Völlig unbegreiflich bleibt, wieso die attraktive und kühle Rebecca dem alten, unerotischen Herrn diese intime Begegnung ermöglicht. Vielleicht ist sie ja neugierig und will herausfinden, warum sie diesen Narzissten einst so liebte und an seinem Egoismus verzweifelte? Oder könnte diese Wiederbegegnung lediglich ein Hirngespinst Zorns gewesen sein?

Der Film basiert auf den eigenen Liebesgeschichten des 77-jährigen Schlöndorffs, wie er auf der Berlinale-Pressekonferenz freimütig zugab. Natürlich ist das Thema der Reue über Verpasstes für jeden älter werdenden, sein Leben bedenkenden Menschen wichtig. Auch für alle Beteiligten am Set sei es von großer Bedeutung gewesen, so der Regisseur. Doch dieses, die Dreharbeiten begleitende - nennen wir es ironisch - psychodramatische Setting, macht den Streifen nicht glaubwürdiger. Bisweilen verliert man sich in seinen schönen Bildern, aber das reicht nicht für einen sehenswerten Film.


Foto: © Ann Ray / Wild Bunch Germany 2017 (Nina Hoss und Stellan Skarsgård in Montauk)

Info:

„Rückkehr nach Montauk“ D 2017, Filmstart 11. Mai 2017

Regie Volker Schlöndorff mit Nina Hoss, Stellan Skarsgård, Susanne Wolff u.a.



Berichterstattung des Films auf der Berlinale in Weltexpresso

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