Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 25. Mai 2017, Teil 9

Filmheft

Paris (Weltexpresso) - Die geborene 1960 Regisseurin ist am 7. August 2015 während der Fertigstellung des Films, also des Schnitts etc., an ihrem Krebsleiden gestorben. Es handelt sich also um ihren letzten Film, ihr filmisches Vermächtnis, das sich durch Heiterkeit und Menschlichkeit auszeichnet. Hier ihre Meinung zu ihrem Film. Die Redaktion

"Als wir anfingen, das Drehbuch zu schreiben, gab es da diese Idee, dass uns der Film von einer menschlich geschaffenen Wasserwelt (dem Schwimmbad von Montreuil, einem Vorort von Paris) in eine wilde Wasserwelt (die heißen Thermalquellen Islands) begleitet.

Die Reise vom menschlich geschaffenen ins Wilde unterstreicht auch die Entwicklung des Verliebtseins unserer beiden Helden. Während der Arbeit mit meinem Drehbuchautor Jean-Luc Gaget verliebten wir uns beide total in "Deep End" von Jerzy Skolimowski (1970), dieser Film löste alles aus. Er findet in einem Schwimmbad statt und erzählt davon, welche Gefühle solch ein Wasser-Ort auslösen kann. Diese spezielle Unruhe wollten wir dort erkunden. Denn ein Schwimmbad ist ein besonderer Ort, zeitlos, den die unterschiedlichsten Leute mit manchmal rätselhaften Motiven besuchen. Libidinöse Feuchtigkeit, durchdringende Nässe, schlüpfrige
Böden, unaussprechliche Erstarrung und unverrückbare Rituale, Schwimmbäder haben eine ungewöhnliche Wirkung auf manche Menschen. Wir gehen da eigentlich zum schwimmen - einem sehr weit gefassten Begriff - hin, aber wir stoßen dort auch auf weniger eingestandene Absichten.

Ein Schwimmbad ist ein sehr demokratischer Ort, da die Zeichen der sozialen oder religiösen Zugehörigkeit unter dem eng anliegenden Badeanzug verschwinden. Nichtsdestoweniger ist es ein Ort der ungeschminkten Machtkämpfe, in dem man das Echo der modernen Welt hört. Indem wir unseren beiden Protagonisten und ihrer verzweifelten Suche nach Liebe folgen, zeichnen wir auch ein Porträt dieses wundersamen, vertrauten und drolligen Menschentypus der Schwimmlehrer. Das Ziel war es, das Burleske und die romantische Komödie zu verbinden, und diese beiden 'Quellen, die oft widersprüchlich und manchmal unstimmig wirken, in harmonischer Weise zu nutzen.

Natürlich ist das, wie beim Kochen, eine Frage der Dosis. Eine Komödie ist ein langer, mit Zweifeln angereicherter Parcours, denn
zwischen dem Moment des Schreibens und dem der Vorführung, in dem die Zuschauer auf eine Szene reagieren, oder nicht, die lange vorher gedreht wurde. Diese Erfahrung, ohne daraus eine Regel machen zu wollen, hat mir geholfen, eine bessere Balance zwischen Realismus, Komödie, Burleske und Emotionen zu finden.

DER EFFEKT DES WASSERS entspringt einem tiefen Bedürfnis meinerseits, die besondere Energie Islands - meines Heimatlandes - wiederzufinden, und alle Figuren des Films in die weiten Landschaft zu platzieren und sie mit den Elementen zu konfrontieren, indem sie eine Geschichte erleben, die genauso witzig wie berührend ist. Der Film verbindet Schauspieler mit Laiendarstellern, Franzosen und Isländer und sogar Palästinenser in einem etwas verrückten Abenteuer, mit einem wohlkonstruierten Drehbuch, das sowohl die Realität als auch Improvisiertes zeigt."


BIOGRAPHIE
Sólveig Anspach wurde 1960 in Vestmannaeyjar auf Island geboren. Sie hatte einen amerikanischen Vater und eine isländische Mutter. Nachdem Anspach 1989 die Filmschule Fémis in Paris in Regie abgeschlossen hatte, drehte sie mehrere Kurzfilme, darunter:
SANDRINE A PARIS (1992), SARAJEVO, PAROLES DE CASQUES BLEUS (1995), BARBARA, TU N’ES PAS COUPABLE (1997), QUE PERSONNE NE BOUGE ! (1998), REYKJAVIK, DES ELFES DANS LA VILLE (2001), LA REVUE : DESCHAMPS / MAKEIEFF (2002), FAUX TABLEAUX DANS VRAIS PAYSAGES ISLANDAIS (2004), LE SECRET(2005),die die verschiedensten Themen behandelten wie Diebinnen, Island oder die Todesstrafe in den USA.

1998 drehte sie ihren ersten Langfilm HAUT LES COEURS!, der auf zahlreiche Festivals eingeladen wurde und mehrere Auszeichnungen erhielt. Karin Viard erhielt dafür den César als beste Darstellerin. Ihre amerikanisch-isländischen Wurzeln zeigen sich ich all ihren Filmen.

Sólveig Anspach drehte den französischen Teil von DER EFFEKT DES WASSERS im Oktobre 2014 und den isländischen Teil im Mai/ Juni 2015. Sie hatte 2/3 des Schnitts vollendet. als sie am 7. August 2015 starb. Ihre Cutterin Anne Riégel, ihr Autor Jean-Luc Gaget, ihr Komponist Martin Wheeler, ihr Tonmischer Jean Mallet und ihr Produzent Patrick Sobelman kümmerten sich gemeinsam um das Ende des Schnitts und beendeten zusammen den Film im Dezember 2015.

Anspachs Filmschaffen zeichnet sich durch subtilen Humor und Sensibilität aus, Island ist ein wiederkehrendes Thema in ihren Dokumentar- und Spielfilmen. DER EFFEKT DES WASSERSist ihr letzter Film und kommt nun ein Jahr nach ihrem plötzlichen Tod in die Kinos.

Foto: aus dem Film (c) arselal