Sprachkünstler, Schauspieler und Musiker Simon Weiland zu Gast in Steinau
Hanswerner Kruse
Steinau an der Straße (Weltexpresso) - „Ich bin ein Geist, ich spuke in Deinem Kopf herum!“ Eigentlich ging es in Weilands neuer Performance „Welttheater“ darum, dass ein rüder Regisseur einem verunsicherten Darsteller seine Vorstellungen aufzwingen will.
Doch Im Laufe der Proben zum Stück im Stück „Kain und Abel“ befreite sich der Schauspieler aus dieser Umklammerung: „Deine Regie war ein Regime. Ich falle aus der Rolle, ich töte meinen Bruder nicht“, deklamierte er als Kain zum Schluss.
Gleich zum Beginn hatte der Solist verkündet, er wolle sein Publikum „in das Land der Träume mitnehmen.“ Doch statt gezuckerter Illusionen präsentierte er ein ziemlich wildes und meist recht böses Traumspiel. In unseren nächtlichen Träumen, die ja nicht nur süß sind, ist oft nicht so wichtig, was wir träumen, sondern wie wir träumen. Bilder und Episoden werden munter durcheinander gewirbelt, chaotisch aneinandergereiht und selten sinnvoll miteinander verknüpft: Zeitliche Stringenz und Logik sind aufgehoben. Und so wechselte auch Weiland in seiner One-Man-Show wie im Traum ständig die Rollen - schlüpfte als Regisseur mit Brille in den Schauspieler mit Maske, teilte sich dann manchmal in Mann und Frau oder Käufer und Verkäufer, um erneut in die Figur des autoritären Spielleiters zurückzugleiten.
Mitunter griff der Performer zur Gitarre und kommentierte das Geschehen gleichsam rockig von außen: „Wie viele Jahre bleiben Dir noch?“ Auch wenn er Schauspiel, Musik und Worte fantastisch miteinander verknüpfte, so waren doch Wortwitz und Sprachspiele dominierend: „Wenn ich mich gut verkaufe, bin ich voll was wert“, meinte der Schauspieler. Dagegen verkündete der Regisseur: „Geistesgegenwart? Mich gibt es nicht, ich bin ein Gespenst. Der Geist soll geistreich sein, also gebe ich überall meinen Senf dazu.“
Weiland ist ein Goldschmied der Worte (wie es im Roman „Nachtzug nach Lissabon“ heißt), der fein und behutsam unaufhörlich assoziative Wortketten schmiedete. Mit atemberaubender Geschwindigkeit kam er von „Ham-ham machen“ beim pantomimischen Essen über das Thema „etwas Hamstern“ auf „das Leben ist ein Hamsterrad.“ Aber „noch einmal diese Szene“, forderte der Regisseur, „es fehlt das Haar in der Suppe.“
Gelegentlich holte Weiland auch den dickeren Schmiedehammer heraus, um - wie einst Loriot - zwischenmenschliche Kommunikation zu entlarven: Einem Ehemann fällt nach 15 Jahren auf, dass ihm der Kaffee nicht schmeckt, den seine Frau täglich für ihn kocht. Also betrügt sie ihn schon seit vielen Jahren, sicher auch auf anderen Gebieten, womöglich hat sie einen Geliebten. Nun stellt der Mann sie energisch zur Rede. „Was habe ich denn getan?“, schluchzt die verzweifelte Frau. „Das weißt Du ganz genau“, röhrt der scheinbar Betrogene - und die Frau verlässt ihn, weil sie ihn nicht versteht.
Wie im Traum folgten so geschwind Szenen auf Szenen. Der Performer aus Konstanz brauchte zum Spielen nur eine Maske, eine Sonnenbrille und die Gitarre. Damit schuf er exzellentes armes Theater, das die Besucher fesselte und faszinierte.
Fotos: © Hanswerner Kruse
Info:
http://simon-weiland.de