K eleonoreSerie: RICHARD LÖWENHERZ, König-Ritter-Gefangener im Historischen Museum der Pfalz Speyer und Burg Trifels, Teil 3/

Claudia Schulmerich

Speyer (Weltexpresso) – Kurze Erinnerung: Wir hatten am 14. November - Links unten - mit dem MYTHOS RICHARD LÖWENHERZ geendet, wobei für Laien nicht mehr zu unterscheiden ist, ob hier Wahrheit, ob Wahn, ob Wirklichkeit oder Fiktion hier waltet.

Zu diesem Durcheinander gehört auch, daß alle folgenden Konflikte des jungen englischen Königs letztendlich aus der Ehe seiner Eltern resultierten, die den Sprengstoff in sich trug, wie gleich zu sehen sein wird. Richard Löwenherz war der Erbe des unglaublich großen Reiches, das wir unten noch einmal abbilden, wo der englische König in französischen Landen einen größeren Landbesitz einnahm, als die französische Krone.

Richards Mutter Eleonore von Aquitanien hielt in Poitier Hof und zog ihren Sohn dort als künftigen Herzog von Aquitanien auf, was er von 1172 bis zu seiner Krönung als englischer König 1189 auch blieb, während sein Vater Heinrich II. seit 1154 englischer König war und nur als Herzog der Normandie auch auf französischem Gebiet vertreten war.

Diese Eleonore hatte schon eine aufsehenerregende Vergangenheit hinter sich. Sie war nämlich erst einmal mit dem französischen König Ludwig VII. verheiratet und deshalb von 1137 bis 1152 französische Königin, ließ aber die immerhin 15 Jahre währende Ehe aufheben. Der alte Papst hatte der Aufhebung nicht zugestimmt, der neue ließ sie wegen angeblicher zu naher Verwandtschaft zu, obwohl doch zwei Töchter zeigten, daß die Ehe zwischen Ludwig VII. und seiner Frau vollzogen war. Diese resolute Eleonore heiratet zwei Jahre darauf den mindestens elf Jahre jüngeren Heinrich, der noch im gleichen Jahr als Heinrich II. englischer König wird. Eleonore von Aquitanien, die immer auf ihre aquitanische Bezeichnung Wert legte und dort lebte, ist wohl die einzige Frau geblieben, die sowohl französische wie auch englische Königin war. Eine erstaunliche Frauenkarriere.

Auch deshalb erstaunlich, weil sie sich auch ihrem neuen englischen königlichen Ehemann nicht unterordnete, sondern in Aquitanien wohnen bleibt, ihren ersten Sohn mit Heinrich schon ein Jahr vor ihrer Hochzeit, im Hochzeitsjahr den zweiten Sohn zur Welt bringt, ihm insgesamt 5 Söhne und 3 Töchter gebärt, wobei mit den zwei Töchtern aus erster Ehe sie insgesamt 10 Kinder hatte. Der dynastische Grundkonflikt blieb, daß alle französischen Landesteile, das waren damals die Normandie, Aquitanien, das Poitou und Anjou, das Maine und die Touriane sowie die Bretagne, Lehen des französischen Königs waren, deren Herzöge und Grafen bestimmte Verpflichtungen gegenüber der französischen Krone einzuhalten hatten, was selbstverständlich für den englischen König nicht gelten konnte.

Für Eleonore von Aquitanien ging das königliche Engagement ihres Ehemannes Heinrich II. für die französischen Gebiete nicht weit genug. Sie bewog mindestens drei ihrer Söhne, sich gegen den Vater aufzulehnen, mit dem Ziel, ihn abzusetzen. Dieser gab äußerlich klein bei, erkannte seinen Sohn Heinrich III. 1170 als Mitkönig an, was auch deshalb pikant war, weil dieser Margarete von Frankreich geheiratet hatte, die Tochter des französischen Königs Ludwig, weshalb der französische König den Aufstand der Söhne gegen den Vater unterstützt hatte.

Kommen Sie noch mit? Heinrich II. hatte also gegenüber seinen Söhnen und damit seiner französischen Ehefrau deren Mitsprache schriftlich garantiert. Doch er dachte überhaupt nicht daran, seine eigenen Erlasse auch anzuwenden. Er verwehrte dem Sohn die Mitregentschaft, läßt nun seine Ehefrau gefangen setzen – übrigens sind das die gleichen Heinriche, die in England 1170 Thomas Beckett ermorden ließen, aber das ist eine andere Geschichte - , und nachdem schon zwei seiner Brüder im Kampf gegen den Vater gefallen waren (Gottfried 1186, Heinrich III., der immer nur der Jüngere genannt wurde, 1189), kämpfte Richard erfolgreich weiter und zwang seinen Vater 1189 zum Rücktritt, was auch deshalb bestehen blieb, weil dieser noch im gleichen Jahr starb.

Eleonore überlebte nicht nur den Ehemann und sechs der gemeinsamen Kinder, sondern eben auch Sohn Richard Löwenherz, den englischen König. Als sie 1204 starb, war der letzte Sohn, der sich immer mit dem Vater gut verstanden hatte, Johann ohne Land der rechtmäßige König, konnte aber den gewaltigen Besitz nicht halten. Die französischen Teile gingen verloren und auch in England hatte sich eine starke Gegenmacht gegen den König gebildet, die 1215 die Magna Charta durchsetzte, so daß der Spitzname ‚Ohneland‘ wahr wurde, für den nachfolgenden Sohn Heinrich III., ab 1216, nur sehr wenig übrigblieb, was immer weiter zerbröselte, so daß der letzte Plantagenets 1400 entmachtet und ermordet wurde und das Haus Lancaster die englische Krone übernahm.

FORTSETZUNG FOLGT

Foto: ©

Info:
Ausstellung bis zum 15. April 2018

Katalog:
Hrsg. Alexander Schubert, Richard Löwenherz. König-Ritter-Gefangener, Verlag Schnell + Steiner 2017

Warum wir uns entschlossen haben, eine längere Serie über RICHARD LÖWENHERZ zu gestalten, hat auch mit diesem Katalog zu tun, der so umfassend, in Tiefe und Breite eine Zeit ausleuchtet, die den meisten nicht sehr gut bekannt ist. An der Person des englischen Königs lassen sich die damaligen königlichen wie politischen Querverbindungen in Europa, insbesondere die besondere Situation der heutigen Länder England und Frankreich genauso studieren, wie das Geschehen im Heiligen Land, bzw. die Kreuzzüge. Natürlich stehen die Gefangenennahme Löwenherz' bei Wien, seine anschließende Verwahrung in Gefängnissen des Reiches, die Lösegeldforderungen, der Prozeß und der Ausgang desselben im Mittelpunkt.

In einer sinnvollen Gliederung sind die über 400 Seiten in acht Kapitel unterteilt, die je unterschiedlich viele - zwischen drei und neun - Beiträge enthalten. Das können Quellentexte sein, Interpretationen, die neuesten Forschungen etc. Die Texte halten sich die Waage zwischen gut zu lesenden Texten und wissenschaftlichem Anspruch. Wenn Sie jeden Tag nur einen Artikel lesen, brauchen Sie über 50 Tage. Aber die Texte sind nur das eine. Zu jedem Kapitel wird  abschließend die Darstellung der Objekte präsentiert, die in diesen Kontext gehören, zusammen mit einer ausführlichen Objektbesprechung, so daß Bild und Text mindestens eine DIN A 4 Seite ergeben.

Das sind nur dürre  Worte gegenüber der Fülle der Erkenntnis und der Freude an den prächtigen bunten Fotos der Objekte.Das soll heißen, natürlich wäre es schön, wenn Sie Speyer erreichen. Aber wenn nicht, dann kann dieser Katalog mehr als ein Trostpflaster sein.



Bisherige Artikel zur Ausstellung  Richard Löwenherz in Speyer: 

https://weltexpresso.de/index.php/kulturbetrieb/11435-das-ende-ist-der-anfang

https://weltexpresso.de/index.php/kulturbetrieb/11436-das-angevinische-reich