K richardlSerie: RICHARD LÖWENHERZ, König-Ritter-Gefangener im Historischen Museum der Pfalz Speyer und Burg Trifels, Teil 4/

Claudia Schulmerich

Speyer (Weltexpresso) – Den hundertjährigen Krieg Englands gegen Frankreich hatte aber noch ein Plantagenet 1337 begonnen, aus gutem Grund. Nachdem nämlich die französischen Kapetinger – nach den Merowingern und Karolingern das dritte französische fränkischstämmige Herrschergeschlecht als rex Francorum und rex Franciae Begründer der französischen Nation und des Zentralstaates - ausgestorben waren, hielt sich der englische Eduard III. für den rechtmäßigen französischen Thronfolger, was bei Anerkennung weiblicher Thronfolge korrekt war.

Daß sich auch die folgenden englischen Könige in Personalunion für die französischen Könige hielten, aber ein anderes französisches Geschlecht, das Haus Valois, nach der Anwendung salischen Rechts – also rein männlicher Nachfolge - rechtmäßiger Thronnachfolger war, ließen die englisch-französischen kriegerischen Auseinandersetzungen lebendig bleiben. Immer wieder flammten die Kriege auf, auch der leidenschaftliche Kampf der Johanna von Orleans für ein souveränes Frankreich war 1431 nur eine Etappe; sie war von der französischen Krone – dem Herzog von Burgund - im Verrat für 10 000 Franken an England – John Lancaster, Herzog von Bedford - verkauft worden, was bis heute ein Stachel im nationalen Fleisch bedeutet und sie zur Heiligen machte. Auch die zwischenzeitliche Krönung eines englischen Königs als französischer König in Paris blieb ein Unikat.

Die Entscheidung fiel 1453 endgültig militärisch. Die französische Königswürde behielten die Valois und die englische verkam im Kampf der Häuser Lancaster und York. Rosenkrieg hieß man die Auseinandersetzungen in England, die ihren Hintergrund darin hatten, daß nach dem Ende des Krieges die geschlagenen Helden bei der Rückkehr nach England ihre Pfründe sichern wollten. Interessant, daß die englische Krone erst im 19. Jahrhundert den Anspruch auf die französische Krone auch formal aufgab!

Erst ab 1453 – übrigens auch der Zeitpunkt der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen und die Flucht der griechischen Elite nach Italien – , hier also der endgültigen dynastischen Trennung von England und Frankreich, bildet sich so etwas wie ein englisches und französisches Nationalbewußtsein heraus, die sich nun zu zwei separaten Staatswesen entwickeln. Zuvor hatten die französischen Adligen jahrhundertelang in England den Ton angegeben. Eben auch Richard Löwenherz mit seiner Entourage.

Was für eine Geschichte. Was für eine Familiengeschichte!! Das ging drunter und drüber und Vasall gegenüber dem französischen König zu sein, das war das eine, aber als englischer König keiner sein zu können und schon gar nicht sein zu wollen, das andere, was aufzeigt, daß dieses Angevinische Reich - noch einmal: mehr als die Hälfte des heutigen Frankreich gehörte dem englischen König, der aber eigentlich ein Franzose war – einfach keinen Bestand haben konnte. Und doch ging es jahrhundertelang in Eins. Womit nun Richard Löwenherz wieder zu Wort kommt.

FORTSETZUNG FOLGT

Foto: ©

Info:
Ausstellung bis zum 15. April 2018

Katalog:
Hrsg. Alexander Schubert, Richard Löwenherz. König-Ritter-Gefangener, Verlag Schnell + Steiner 2017

Warum wir uns entschlossen haben, eine längere Serie über RICHARD LÖWENHERZ zu gestalten, hat auch mit diesem Katalog zu tun, der so umfassend, in Tiefe und Breite eine Zeit ausleuchtet, die den meisten nicht sehr gut bekannt ist. An der Person des englischen Königs lassen sich die damaligen königlichen wie politischen Querverbindungen in Europa, insbesondere die besondere Situation der heutigen Länder England und Frankreich genauso studieren, wie das Geschehen im Heiligen Land, bzw. die Kreuzzüge. Natürlich stehen die Gefangenennahme Löwenherz' bei Wien, seine anschließende Verwahrung in Gefängnissen des Reiches, die Lösegeldforderungen, der Prozeß und der Ausgang desselben im Mittelpunkt.

In einer sinnvollen Gliederung sind die über 400 Seiten in acht Kapitel unterteilt, die je unterschiedlich viele - zwischen drei und neun - Beiträge enthalten. Das können Quellentexte sein, Interpretationen, die neuesten Forschungen etc. Die Texte halten sich die Waage zwischen gut zu lesenden Texten und wissenschaftlichem Anspruch. Wenn Sie jeden Tag nur einen Artikel lesen, brauchen Sie über 50 Tage. Aber die Texte sind nur das eine. Zu jedem Kapitel wird  abschließend die Darstellung der Objekte präsentiert, die in diesen Kontext gehören, zusammen mit einer ausführlichen Objektbesprechung, so daß Bild und Text mindestens eine DIN A 4 Seite ergeben.

Das sind nur dürre  Worte gegenüber der Fülle der Erkenntnis und der Freude an den prächtigen bunten Fotos der Objekte.Das soll heißen, natürlich wäre es schön, wenn Sie Speyer erreichen. Aber wenn nicht, dann kann dieser Katalog mehr als ein Trostpflaster sein.


Bisherige Artikel zur Ausstellung  Richard Löwenherz in Speyer:

https://weltexpresso.de/index.php/kulturbetrieb/11435-das-ende-ist-der-anfang

https://weltexpresso.de/index.php/kulturbetrieb/11436-das-angevinische-reich