im Begleitprogramm zur Ausstellung „SIE und ER“ in KLEINSASSEN
Hanswerner Kruse
Kleinsassen (Weltexpresso) - „SIE und ER - WER sind WIR?“ fragt die soeben in der Kleinsassener Kunststation eröffnete Ausstellung. Dem Thema widmeten sich nicht nur 45 Künstlerinnen und Künstler, sondern im Begleitprogramm auch Schülerinnen und Schüler.
Die Debatte über die Ehe für alle, das dritte Geschlecht oder viele gescheiterte Ehen, hat mittlerweile die Mitte der Gesellschaft erreicht. Die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, betreffen nicht nur Minderheiten, das wissen viele Jugendliche. Als Heranwachsende werden sie selbst vom gesellschaftlichen Wandel der Geschlechterrollen und den Veränderungen der Paarbeziehungen berührt. Diese Themen setzten einige Kids in ihrer Performance zur Vernissage der Kunstausstellung in Szene:
Zunächst tanzten die Schülerinnen und Schüler ein klassisches Menuett, doch dann ging es heftig zur Sache: „Wovon träumt er?“ oder „Warum tragen Frauen Hosen aber Männer keine Kleider?“ riefen sie in den Raum. Symbolisch verloren sie ihre Klamotten, sammelten sie wieder ein - manche kriegten dabei nichts ab und blieben auf der Strecke. Immer wieder traten Einzelne aus dem „Chor“ hervor: Jungen wurden verlacht, weil sie romantische Heiratsanträge machten oder eklige Machosprüche von sich gaben. Irgendwann bekannte ein Mädchen: „Ich passe nicht in meinen Körper, ich bin anders!“ „An-ders!“ wiederholte der „Chor“.
Die theatralisch sehr präsenten jungen Menschen warfen Fragen auf, ließen ihre Jugendkultur aufblitzen, formulierten die Probleme ihrer Generation. Doch sie gaben keine naseweisen Antworten und glitten in den assoziativ zusammengestellten Szenen nicht ins Psychodramatische ab. Diese Theatercollage inszenierten die Schülerinnen und Schüler des Kurses Darstellendes Spiel mit ihrem Lehrer Torsten Bartsch. Sie zeigten nicht nur eigene Geschichten, sondern ließen in das Stück auch Kontaktannoncen und Anmachsprüche einfließen.
Parallel zur Kunstausstellung präsentierten Jugendliche der kooperierenden Schulen, im kleinen Studio in Kleinsassen, ihre mit bildnerischen Mitteln gefertigten Arbeiten zum Thema „SIE und ER“. Erstaunlicherweise widmeten sich viele von ihnen Familien mit Kindern und alten oder behinderten Menschen in Paar-Beziehungen. Bei den 45 Künstlerinnen und Künstler kamen dagegen kaum Kinder oder Alte vor.
Im Unterricht besprach die Lehrerin Halina Kraft, die selbst als Künstlerin in der großen Ausstellung vertreten ist, mit den Schülerinnen und Schülern das Thema und ließ sie im Internet dazu recherchieren. Gefundene Silhouetten zu Liebe, Trennung oder Schicksalen setzen die Kids im Rasterverfahren um und fertigten daraus mit diversen kreativen Techniken ihre Bilder. Viele von ihnen beschrieben auf einer Wandzeitung ihre Arbeiten. Selina Wingenfeld notierte beispielsweise: „Man sieht eine Frau, die ihren Ehemann im Rollstuhl schiebt, nachdem er einen schweren Unfall hatte und jetzt gelähmt ist. Sie stand schon immer hinter ihrem Mann und hat ihn sehr glücklich gemacht.“ Oder Ben Mihm formulierte: „Das Bild zeigt im Hintergrund die Vergangenheit, im Vordergrund die Gegenwart.“
Viele Jugendliche beteiligten sich auch am Entwurf eines Logos für die Ausstellung „SIE und ER“. Im Februar 2018 werden weitere neue Schülerarbeiten im Studio präsentiert.
Fotos:
© Hanswerner Kruse
Info:
Mit der Kunststation kooperieren die Biebertalschule (Hofbieber), die Winfriedschule (Fulda), die Kinderakademie (Fulda) sowie weitere Institutionen. Das Thema wird auch Ende Januar 2018 bei den Schultheatertagen in Fulda aufgegriffen. Das umfangreiche vollständige Programm und weitere Veranstaltungen unter www.kleinsassen.de