Trauer um den Direktor des Landesmuseums Darmstadt, der am 20. Januar starb
Felicitas Schubert und Roman Herzig
Darmstadt (Weltexpresso) - Der Tod eines Menschen ist für die Betroffenen immer ein Unglück, nein, nicht immer, aber fast immer. Der Tod von Theo Jülich geht uns so nahe, als ob es ein Angehöriger sei. Das hat auch mit unserem schlechten Gewissen zu tun, daß wir von der kulturreichen Stadt Frankfurt aus in der letzten Zeit den Absprung nicht schaffen, von hier nach Darmstadt, wo wir jahrzehntelang Ausstellungen und anderes verfolgt und beschrieben hatten.
Sicher hatte daran auch die große Zäsur schuld, die einfach eintrat, als zehn Jahre lang das Landesmuseum eine Baustelle war, auf der uns - für jeden Fortschritt dankbar und stolz darauf - Theo Jülich mit nicht nachlassender Begeisterung führte. Nun hören wir aus Wiesbaden vom Hessischen Minsiter für Wissenschaft und Kunst, Boris Rhein, daß er und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hessischen Landesmuseums Darmstadt um den Leitenden Direktor des Hauses, Dr. Theo Jülich. Dr. Jülich trauern, der am 20. Januar 2018 nach langer, schwerer Krankheit verstarb. Noch nicht einmal von seiner Krankheit hatten wir gewußt, nur immer bewundert, wie er mit jedem Stein am Haus sorgfältig umging und für ihn den besten steinimmanenten Platz in diesem großartigen Museum gefunden hatte. Es war ein Privileg, mit ihm durch sein Haus zu gehen und von ihm die Exponate erklärt und nahegebracht zz bekommen.
Minister Boris Rhein: „Dr. Theo Jülich war ein herausragender Kunstwissenschaftler und hat das Hessische Landesmuseum Darmstadt mit Herzblut geführt. Eine seiner größten Leistungen war die Koordinierung der Sanierung des Landesmuseums, das seitdem zweifellos eines unserer kulturellen Flaggschiffe in Hessen ist. Dr. Theo Jülichs Tod reißt eine große Lücke – nicht nur an seinem Arbeitsplatz und bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auch in der gesamten hessischen Museumslandschaft. Unsere Gedanken sind in diesen schweren Stunden bei seiner Familie und seinen Freunden.“
Theo Jülich wurde 1956 geboren. Er studierte Kunstgeschichte und Geschichte in Aachen und kam 1989 zum Hessischen Landesmuseum Darmstadt – zunächst als wissenschaftlicher Angestellter. Im Jahr 2005 wurde er stellvertretender Direktor des Hauses, seit 2013 führte er das Landesmuseum als Leitender Direktor.
Jülichs Leidenschaft galt vor allem der Mittelalterlichen Kunst. Er war national und international als herausragender Kenner bekannt. Ebenso wie das Mittelalter fesselte ihn die Geschichte des Hessischen Landesmuseums seit seinen Anfängen 1820. Er arbeitete diese Geschichte erstmals intensiv und für alle nachfolgenden Generationen gültig auf. Dass er das 200jährige Jubiläum im Jahr 2020 nicht mehr gestalten kann, ist daher besonders tragisch.
Theo Jülich schaffte es, dass das Hessische Landesmuseum Darmstadt alle Altersstufen anspricht und sich so ein breites Interesse am Haus und seinen Sammlungen sichert. Während der siebenjährigen Sanierung des Landesmuseums koordinierte Dr. Jülich mit größtem Einsatz die Auslagerung der gesamten Sammlung und arbeitete gemeinsam mit der Hessischen Landesregierung daran, ein modernes Museumserlebnis zu schaffen, das 2014 der Öffentlichkeit präsentiert werden konnte.
Die Früchte dieses Erfolges konnte er aufgrund seiner bald folgenden Erkrankung leider nicht mehr in vollen Zügen genießen. Er blieb bis zur letzten Minute an seinem Schreibtisch im Dienst des Hessischen Landesmuseums Darmstadt und dessen Zukunft. Davon legt die noch bis zum 11. März 2018 laufende Ausstellung „Der Mainzer Goldschmuck. Ein Kunstkrimi aus der deutschen Kaiserzeit“ Zeugnis ab, die ihm seit langen Jahren ein besonderes Forschungs- und Herzensanliegen war.
Und wir versprechen ihm und uns, daß wir diese Ausstellung ihm zu Gedenken besuchen und darüber berichten wollen. Denn das Tolle am Darmstädter Landesmuseum ist einfach, daß es gewissermaßen eines der letzten Museumsdinosaurier ist, die den Auftrag von annodazumal auch heute noch erfüllen, ein Museum für alles und alle zu sein und die direkte Nachfolge aus den Kuriositätenkabinetten der Herrscher genauso zu pflegen, wie deren natur- und kunstgeschichtliche Sammlungen. Nicht von ungefähr fallen einem dabei die beiden gegenüberstehenden Museen in Wien ein: das Naturhistorische und das Kunstgeschichtliche. Heute wollen Museen oft von ihrem Auftrag, auch Geschichte zu vermitteln, gar nichts wissen und reden sich auf 'die reine Kunst' heraus. Nicht so Darmstadt. Da war wirklich noch alles zusammengeführt, was das Leben selbst ja auch tut.
Mit Recht äußert sich entsprechend der hessische Minister: „Das Hessische Landesmuseum Darmstadt ist eines der letzten großen Universalmuseen in Europa, das Kunst, Kultur und Naturkunde unter einem Dach vereint. Dr. Theo Jülich verstand es unnachahmlich, die unterschiedlichen Sammlungen miteinander zu vernetzen und durch attraktive Dauer- und Sonderausstellungen mit anspruchsvollen Themen zu präsentieren. Wir werden Dr. Theo Jülich ein ehrendes Andenken bewahren“, so Boris Rhein abschließend.
Das Kondolenzbuch liegt ab Dienstag, den 23. Januar 2018, in der Haupthalle des Museums aus. Während der Öffnungszeiten des Museums gibt es die Möglichkeit, sich in das Buch einzutragen.
Fotos:
Theo Jülich © Hessisches Landesmuseum Darmstadt
Haupthalle und Gesamtansicht von 2005 © Hessisches Landesmuseum, beide Fotos: Wolfgang Fuhrmanneck
Info:
Hessisches Landesmuseum Darmstadt
Friedensplatz 1
64283 Darmstadt
Fon : +49 (0) 6151 16 57 100