F Anton Schick Peter Feldmann Ina Hartwig Thomas Schaefer Per Pedersen Mirjam Wenzel Salomon Korn copyright Stadt Frankfurt Bernd KammererMeilenstein zur Erweiterung des Jüdischen Museums gefeiert, Teil 1/3

Hans Weißhaar und Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - In der letzten Woche war in Frankfurt so viel los, daß die Berichterstattund nur peu a peu erfolgen kann. Ein besonders großes Ereignis war das Richtfest, das für den Neubau, den eigenständigen Anbau zum Jüdischen Museum fällig war und schon deshalb eine Besonderheit wurde, weil üblicherweise der Richtkranz auf der Holzkonstruktion des Daches angebracht wird, den es aber hier nicht gibt, weil es ein Flachdach aus Zement ist.

So war diesmal alles ein bißchen anders, aber bei großem Publikumsandrang so traditionell wie gemütlich und informativ dazu. Ein regelrechter Festakt sind solche Richtfeste, mit vielen Reden der Beteiligten und mit dem anschließendem Akt durch den Zimmermann, hier Anton Schick für die Baufirma, auf den wir in Teil 3 mit dem Richtspruch eingehen. Das Publikum bestand aus den Zugehörigen und denen, die zuhören und zuschauen wollten. Die Zugehörigen sind Bauherrin, Architekt, Planer und Handwerker sowie die maßgeblichen Projektförderer und -unterstützer und eben auch die Politiker aus Land und Stadt, die am letzten  Mittwoch, 7. März, das Richtfest für den Neubau des Jüdischen Museums begangen haben. Mit der Fertigstellung des Rohbaus ist nach dem Spatenstich im Dezember 2015 und der Grundsteinlegung im Juni 2016 ein weiterer Meilenstein für die Erneuerung des Jüdischen Museums erreicht. Es entsteht ein neuartiges Zentrum für jüdische Kultur in Geschichte und Gegenwart, das in seinen zeitgemäßen Räumlichkeiten für Ausstellungen und Veranstaltungen, Bibliothek und Archiv sowie für die Bildungsarbeit mit Kindern, Schülern und Jugendlichen ein Programm von europaweiter Bedeutung verwirklichen kann.

Oberbürgermeister Peter Feldmann sagte: „Mit der Erneuerung und Erweiterung baut das Jüdische Museum der Stadt Frankfurt seine Bedeutung als eines der führenden Jüdischen Museen in Europa aus. Das Museum wird die Erinnerung an die jüdische Vergangenheit Frankfurts bewahren, für die Gegenwart fruchtbar machen und damit ein Zeichen für die Zukunft setzen. Unser Jüdisches Museum wird ein lebendiger und vielbesuchter Ort bleiben. Mein Dank gilt den zahlreichen ehrenamtlichen Unterstützern des Projekts.“ Er wurde angemessen sehr deutlich: "Frankfurt muß immer ein sicherer Ort, ein Zufluchtsort sein.", mit der Konsequenz: "Rechte und Rechtsextreme, die andere diskiminieren, haben in dieser Stadt keinen Platz." Zuvor hatte Peter Feldmann auf die 850 Jahre lange Tradition verwiesen, wo jüdisches Leben und Menschen jüdischen Glaubens in Frankfurt gelebt und gewirkt hätten. Aber er sprach auch davon, daß durch den Terror der Naziherrschaft rund 12 000 Frankfurter jüdischen Glaubens aus ihrem Leben gerissen, in die KZs deportiert und dort ermordet wurden. Er sagte nichts dazu, was die Konsequenz der Naziverbrechen ist. Das die heutige jüdische Gemeinde eine völlig andersartige ist, die sich aus den Nachkriegszuzügen aus Polen und dann Rußland konstituierte, weil die damalige Frankfurter, Jüdische Gemeinde sich  meist stärker als Deutsche denn Juden fühlten, was deshalb so wichtig zu betonen ist, weil viel zu wenig der Judenmord als ein Bruderkrieg, ein Brudermord unter Deutschen gewertet wird. Aber das sind unsere Gedanken, die hier keine Rolle spielen. 

Hessens Finanzminister Thomas Schäfer knüpfte an: „Die Geschichte Frankfurts ist untrennbar mit der jüdischen Geschichte verbunden. Das Jüdische Museum lehrt diese Geschichte auf faszinierende Art und Weise. Warum ist dies so wichtig? Weil Erinnern mehr ist als ein bloßes Wachhalten der Vergangenheit. Es ist eine Reise zu den Wurzeln, eine Frage der Identität. Deshalb dürfen wir ganz besonders stolz darauf sein, dass das 1988 eröffnete Museum das älteste eigenständige Jüdische Museum in Deutschland ist. Nun bekommt das Museum kurz vor seinem 30. Geburtstag eine Runderneuerung. Ein großes Projekt für ein großes Museum von internationalem Rang wird hier gerade verwirklicht. Auch das Land Hessen hilft dabei mit und garantiert durch seinen Beitrag ein Investitionsvolumen von 6 Millionen Euro. Im Namen der Landesregierung danke ich den Verantwortlichen, Freunden und Förderern des Museums für Ihren unermüdlichen Einsatz und wünsche weiterhin gutes Gelingen für die weiteren Arbeiten.“

Konkret sind es 56 Millionen Euro, die als Gesamtkosten für den Neubau gelten, wovon das Land 6 Millionen beiträgt und die Förderer des Museums 3 Millionen aufbrachten. Den Rest übernimmt die Stadt Frankfurt. Übrigens setzte Schäfer hinzu: "In Zeiten, in denen der Antisemitismus wieder auftaucht, müssen wir ein Zeichen setzen: Menschen mit jüdischen Traditionen gehören zentral zu unserer Gesellschaft dazu."

„Es war immer das zentrale Ziel des Jüdischen Museums, Wissen und Verständnis für die jüdische Geschichte und Kultur Frankfurts zu vermitteln. Dieses Anliegen trifft zukünftig auch in räumlicher Hinsicht auf günstigere Bedingungen: Neben einer deutlich größeren Ausstellungsfläche stehen mit der Erweiterung nun endlich auch Räume für Veranstaltungen, für das Archiv und die Bibliothek zur Verfügung. Ich bin mir sicher, dass das Jüdische Museum diese verbesserten Voraussetzungen für seine überzeugende Vermittlungsarbeit zu nutzen weiß, fügte Kulturdezernentin Ina Hartwig hinzu.


Neue Dauerausstellung auf doppelter Fläche

Sie dankte den planenden Architekten Staab aus Berlin und dem gesamten Planungsteam, außerdem der Firma Bauer Spezialtiefbau für die Baugrube und der Firma Anton Schick für den Rohbau. Die Museografie ist seit März 2014 an das Planungsteam Space4/teamstratenwerth aus Stuttgart und Basel vergeben, das auch das Museum Judengasse gestaltet hat. Neben den beteiligten Handwerksbetrieben befanden sich auch viele Freunde und Unterstützer unter den Gästen, insbesondere Andreas von Schoeler, Oberbürgermeister a.D. und Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums, sowie Salomon Korn, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt.

Architekt Volker Staab beschrieb die Herausforderung, mit der er und sein Team sich konfrontiert sahen, mit folgenden Worten: „Eine neue Adresse im Rücken des bestehenden Museumsgebäudes zu organisieren, ein Haus zu entwickeln, welches Sicherheit mit Offenheit verbindet und beste Voraussetzungen für einen lebendigen Museumsbetrieb bereitstellt – das war die nicht ganz einfache architektonische Aufgabe.“

Mirjam Wenzel, Direktorin des Jüdischen Museums, schloss mit den Worten: „Die Erneuerung des Jüdischen Museums ist ein großes Geschenk, an dessen zukünftiger Gestalt meine Kolleginnen und Kollegen und ich in den vergangenen beiden Jahren intensiv gearbeitet haben. Ich danke der Stadt Frankfurt, dem Land Hessen sowie den vielen Förderern und Unterstützern für das große Vertrauen in die Zukunft unseres Museums, die heute greifbar näher gerückt ist.“

Die neue Dauerausstellung wird auf rund 1400 Quadratmetern im renovierten Rothschild-Palais präsentiert und damit die frühere Größe von 600 Quadratmetern mehr als verdoppeln. Der Neubau ergänzt die 2800 Quadratmeter große Nutzungsfläche des Rothschild-Palais um 3500 Quadratmeter Grundfläche. Für diese Erweiterung hat der Magistrat der Stadt Frankfurt insgesamt 50 Millionen Euro bewilligt und die museumsbausteine GmbH damit beauftragt, die Erneuerung des Jüdischen Museums in diesem Rahmen zu realisieren. Die Summe schließt die inzwischen preisgekrönte Neugestaltung des Museum Judengasse mit ein. Das Land Hessen hat den Finanzrahmen um zwei Millionen Euro erweitert, die in die szenische Gestaltung der neuen Dauerausstellung investiert werden. Der für die Erneuerung zur Verfügung stehende Kostenrahmen von 52 Millionen Euro wird eingehalten. Das Hessische Ministerium der Finanzen stellt durch das Kommunalinvestitionsprogramm ein Investitionsvolumen von vier Millionen Euro für den Erweiterungsbau sicher. Hinzu kommen drei Millionen Euro, die von der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums von privaten Stiftungen, Firmen und Privatpersonen für die Erneuerung eingeworben werden konnten.

Die Fertigstellung des Erweiterungsbaus ist für Frühjahr 2019, die Eröffnung für Sommer 2019 geplant.

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Anton Schick, Peter Feldmann, Ina Hartwig ,Thomas Schäfer, Per Pedersen, Mirjam Wenzel, Salomon Korn © Stadt-Frankfurt.de, Bernd Kammerer