
Hanswerner Kruse
Berlin (Weltexpresso) - Nachdem erste Informationen zum Kunstprojekt DAU durchsickerten, überschlug sich bereits die Kritik in der Hauptstadt: Bald soll mitten in der Nacht für einige Wochen in Berlin eine echte Mauer errichtet werden, um ein Ghetto auf dem Prachtboulevard „Unter den Linden“ nach außen abzugrenzen.

Seit zwei Jahren wird das Projekt vorbereitet und obwohl Hunderte von Leuten in zuständigen Ämtern und Institutionen sowie betroffene Anwohner einbezogen wurden, drang nichts nach außen. Dadurch konnte verhindert werden, dass das Vorhaben schon vor seiner Planung völlig zerredet und zerrissen wurde. Öffentliche Gelder sind nicht nötig, DAU wird von einer Londoner Stiftung finanziert.
Auf der Pressekonferenz war zu erfahren, die Besucher könnten intramural, in einem Schutzraum ohne Zerstreuung, eine andere, für sie neue Welt erleben: In dem abgegrenzten Areal wird es zahlreiche künstlerische Aktivitäten, Performances, wissenschaftliche Aktionen,

Dau ist der Spitzname des sowjetischen Wissenschaftlers und Nobelpreisträgers Lev Landau (1908 - 1968), der zeitweilig in einer streng isolierten, geheimen Laboratoriums-Siedlung in der UDSSR arbeitete. Filmemacher Khrzhanovsky wollte dessen Leben verfilmen und schuf dazu einen künstlichen Ort - sogar mit Schweineställen und wissenschaftlichen Laboratorien. 2009 begaben sich 400 Arbeiter, Kunstschaffende und Wissenschaftler sowie eine Schauspielerin an diesen Platz und begannen - isoliert von der Außenwelt - eine zweijährige Zeitreise in die alte Sowjetunion. Bald wurde das Drehbuch verworfen und die Menschen lebten und arbeiteten real in ihrer eigenen Welt, stritten, liebten, trennten sich oder bekamen Kinder. „Halte rein und drehe was Du interessant findest“, ermunterte Khrzhanovsky den deutschen Kameramann Jürgen Jürges, der 700 Stunden des wirklichen Lebens dieser Menschen festhielt. Aus dem Material entstanden bisher 13 Spielfilme und etliche Serien.
Im Schinkel Pavillon werden die Filme Khrzhanovskys vom 12. Oktober an vier Wochen lang präsentiert, doch das DAU ist keine aufgeblasene Filmpremiere. Vielmehr soll das Publikum in der künstlerischen Großinstallation eine eigene Realität erleben, gleichsam parallel zu den Filmmenschen. Über den „Skandal im Sperrbezirk“ freute sich Nina Pohl, Kuratorin des Schinkel Pavillons und selbst Künstlerin. Sie freue sich, Teil des Projekts zu sein, dass sich ganz im Geiste Josef Beuys und Christoph Schlingensiefs von der „langweiligen und weichgespülten“ Gegenwartskunst abhebe.
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