Sven Steinhauer
Weltexpresso (Hamburg). - So konnten sich die Hörer, - zu denen auch Wolfgang Draeger, die deutsche Synchronstimme von Woody Allen, zählte -, fragen. Die Hörer, die sich im Amerikazentrum Hamburg am Abend des 13.12.2018 zu "I HAPPEN TO LIKE NEW YORK!" eingefunden hatten. ... Denn: Sie hörten die deutsche Stimme von Robert De Niro! Wenn man die Augen schloss, sah man ihn auch vor sich: In "Taxi Driver", "Raging Bull", "Casino" oder "Once Apon A Time In America". - Die Stimme ist einmalig! - Aber sie gehört nicht Robert De Niro, sondern nur den deutschen Synchronfassungen der Filme mit Robert De Niro. Sie gehört nämlich: Christian Brückner! Und fast jeder, nein: wahrscheinlich sogar jeder hat diese Stimme schon einmal gehört. Nicht nur die Kino-Besucher. Auch in TV-Dokumentationen, wie etwa "Hitlers Helfer", war Christian Brückner der unvergessliche Kommentator. Aber er hat auch unzählige Hörspiel-Rollen erfüllt – und nicht zuletzt durch seinen eigenen Hörbuch-Verlag "Parlando" ein weitreichendes Publikum mit verschiedensten Formen der Literatur erreicht.
So war es eine grandiose Idee, diese Stimme, die wir durch die vielen Filme sofort mit den USA und vor allem mit New York verbinden, eine Text-Collage über New York gestalten zu lassen. Text und Regie lagen bei Dr. Wolfgang Mielke. - Eine spannende, gekonnte, spannungsreiche Kombination verschiedenster Texte, die sich mit New York und vor allem natürlich mit den verschiedenen Möglichkeiten des Lebens ins New York befassten.
Hier treffen arm und reich aufeinander - ebenso wie ehrlich und kriminell, weiß oder schwarz, begabt oder unbegabt, Unglück und Glück. - So heißt der letzte Text: "Heute hatte ich Glück", von Helmut Marrat, eine wunderbare Taxi-Geschichte, die so nur in New York spielen kann. - Auch William S. Burroughs war zu hören mit Passagen aus "Junk", - einem in New York und seiner Umgebung spielenden Roman aus dem Kleinkriminellen- und Drogen-Milieu. - Wer Pech hat, wird in der U-Bahn, der New Yorker Subway, ausgeraubt. Oder im Central Park, sobald es dunkel wird. Aber am Central Park wiederum wohnen auch die Reichen – mit Pudel und Bentley und herrlichem Blick über die Weite des Central Parks und das schachbrettartige Straßennetz von New York. - Die Überraschung des Chrysler Buildings spielt eine Rolle. Der Hafen. Die Schiffe. Die Freiheitsstatue, zuerst von Franz Kafka beschrieben, der sie aber interessanterweise falsch sah: Nicht mit der bekannten Fackel in der Hand, sondern mit einem hochgereckten Schwert. Kafkas Erzählung "Der Heizer" beginnt so, die er dann zum Anfangskapitel seines Romanes "Amerika" oder "Der Verschollene" verwendet hat. - So ist die Textauswahl immer wieder klug und überraschend.
Strukturiert werden diese Texte nicht nur durch das geniale Vortragen von Christian Brückner, sondern auch durch ein Tenor-Saxophon, das ein anderer Christian, nämlich Christian Schrand, der Sohn eines Malers, spielt. Auf diese Weise überträgt sich sehr schön die Erfahrung, die Wolfgang Mielke in New York hatte, nämlich einen einsamen Saxophonspieler am so belebten Times Square zu entdecken, der auf diese Weise sozusagen ins Amerikazentrum Hamburg übertragen wurde und auch bei den kommenden Aufführungen, so zum Beispiel am 26.1.2019 im Berliner Schlosspark-Theater, eine Rolle spielen wird.
Eine zusätzliche Zäsur bilden die kurzen Video-Filme, die hie und da eingebaut werden – und noch weiter nach New York entführen. - So entsteht ein dichter, ungemein lohnender Abend. Man braucht gar nicht mehr nach New York zu fliegen, im engen Flugzeug – je größer die Strecken sind, umso enger wird es ja! -, sondern man fliegt auf den Flügeln von Christian Brückners unvergleichlicher Stimme – unterstützt von den behaglichen Tönen aus dem Saxophon. - Wundervoll!
Foto:
Christian Brückner
© Mathias Bothor
Christian Brückner
© Mathias Bothor