Der Schauspieler und Entertainer Michael Heltau verabschiedet sich von der Bühne, CD und DVD bei Preiser Records
Helmut Marrat
Weltexpresso (Hamburg) - Vor Jahren äußerte Michael Heltau, dass es wohl kaum etwas Peinlicheres geben könne, als auf der Bühne zu sterben. Und so gab er vorsorglich bekannt, sich beizeiten „davonschleichen“ zu wollen. Doch nun schlich er sich nicht heimlich von dannen, sondern gab seinen Abschied bekannt.
Heltau sang seine letzten beiden Konzerte im Januar und Februar 2018.
Sein Programm hieß: “Einen blauen Ballon möcht´ ich haben“. Dies ist eine Textzeile von Peter Altenberg, dessen wunderbare Geschichten und Skizzen Heltau immer wieder vortrug. Das Programm hatte Premiere im Wiener Burgtheater am 23. November 2017.
Fünf Wochen später, am 29. Dezember des selben Jahres, starb Heltaus Lebensgefährte, der Schauspieler, Regisseur und Dramaturg Loek Huisman. Über sechzig Jahre war Huisman nicht nur Lebenspartner, sondern auch künstlerischer Begleiter Heltaus, ja, wenn man so will, prägender Teil der „Firma Heltau“. Michael Heltau war über Jahrzehnte zu einer Art Markenzeichen geworden. Er stand für Unterhaltung höchster Präzision und Verlässlichkeit.
Und er begeisterte sein Publikum. Wenig erstaunlich, dass er bis zuletzt ein Kassenmagnet blieb. Er füllte riesige Häuser. Und er wurde regelmäßig gefeiert. Das war kein Zufall, sondern das Ergebnis hoher Disziplin.
Als ich das Titelfoto der CD und der DVD das erste Mal sah, erschrak ich. Gewichen schien all die unbeschwerte Fröhlichkeit, die Heltaus Auftritte stets begleiteten.
Stattdessen sieht man das etwas grimassenhafte Lächeln eines Mannes in Designer-Jeans, dunklem Leinen-Sakko und Hemd, Schal, und Lederhut.
Vorbei die Zeiten mit Frack und Zylinder.
Als Zeichen der Trauer trug Heltau einen schwarzen Shawl.
Doch obwohl der Abend vermutlich auch ein erinnernder war - der Name Huisman fällt nicht ein einziges Mal. Lediglich im Programmheft findet sich der Name, als Urheber einzelner Texte.
Sentimentalität war nie Heltaus Überzeugung. Zumal das Publikum die Umstände gekannt haben dürfte. Heltau, nach wie vor schlank und von enormer Körperbeherrschung, trug eine Brille mit getönten Gläsern. Mag sein, als Schutz der Augen.
Michael Heltau ist Jahrgang 1933. Mit anderen Worten, zu Zeiten der Konzerte war er 84! Doch er wirkt um einiges jünger.
25 Lieder. werden gebracht - Lieder von Theo Mackeben, von Jacques Brel., von Serge Lama, von Stephen Sondheim. Aber auch Wiener Lieder werden gesungen, etwa von Robert Stolz.25 Lieder. Fast alle gelingen. Lediglich das “Amsterdam“ ist nicht durchgehend spannend. Vielleicht weil Heltau das Hochziehen zum Finale vermeidet.
Nach der Pause, gleich zu Beginn, spricht Michael Heltau über Angst. Und das anschließende „Mein allerletztes Glas“ berichtet davon. Ich habe dies Lied bei ihm noch nie so großartig gehört.
Viele Lieder singt Heltau seit Jahrzehnten. Doch auch an diesen Abenden entsteht nie der Eindruck, der Künstler „nudele“ die Songs herunter. Stattdessen wirkt es so, als ob Michael Heltau seinen Liedern immer wieder nachhört und sie stets neu angeht.
Einen enormen Anteil dürfte auch Tscho Theissing haben, der die musikalischen Arrangements schuf.
Begleitet wurde Heltau auch an diesen Abenden von den „Wiener Theatermusikern“, die hervorragend spielen. Am Klavier saß Otmar Binder; Klarinette: Klaus Giesing; Violine: Bettina Gradinger; Kontrabass: Herbert May und Akkordeon: Maria Reiter.
Im Beiheft wird die Anzahl der Proben nicht erwähnt.
Beim letzten Konzert („Jetzt“ von 2011) hieß es , es seien 11 Hauptproben gewesen. Nebst mehreren in kleinerer Besetzung.
Es wird hier ähnlich gewesen sein. Auf alle Fälle ist die Exaktheit des Abends sicherlich das Ergebnis.intensiver Vorbereitung. Die Bühne ist im übrigen sachlich gestaltet. Im Hintergrund eine Videowand, von der man zurückhaltend Gebrauch macht. Michael Heltau tritt auf, vermeidet Auftrittsapplaus einzufordern, beginnt gleich zu „spielen“. Er tritt auf und ab in strikter Spannung. Er bestimmt in seiner Straffheit den Takt.
Wer weiß eigentlich noch, dass Michael Heltau am Reinhard-Seminar Mitschüler von Nicole Heesters, Walter Schmidinger oder von Klaus Maria Brandauer war? Man könnte den Eindruck haben, dieser Umstand sei über all die Jahre verschwiegen worden. So als schäme man sich.
Parallel dazu: Das erstaunliche Unverständnis seines phänomenalen Erfolges.
Michael Heltau war ein Bühnenmensch. Er beherrschte jeden Rahmen. Seien es die 1859 Zuschauer in der Deutschen Oper Berlin, seien es die 120 des Hamburger „Theater-Schiffes“.
Bei allen Abenden lange Begeisterung, stehende Ovationen.
Natürlich, es lag an der Musik.
Aber es lag vor allem an etwas Wesentlichem: Das war Michael Heltau.:
Fotos:
Cover preiserrecords.at
Info:
“Einen blauen Ballon möcht´ ich haben“ gibt es auf CD und DVD von Preiser Records, Wien.
Über den Künstler:
Michael Heltau wurde am 5. Juli 1933 in Ingolstadt geboren.
Er ist nach wie vor Mitglied des Wiener Burgtheaters. Er ist der Doyen des Hauses. Der Doyen ist der Emsemble-Älteste; der Begriff kommt ursprünglich aus dem diplomatischen Korps; der Doyen wird vom Ensemble gewählt - auf Lebenszeit. Michael Heltau ist seit 1993 Doyen.
Elisabeth Orth, älteste Tochter von Paula Wessely und Attila Hörbiger, ist die Doyonne.
Loek Huisman wurde am 24. Januar 1926 geboren. Er wuchs auf Java, Sumatra und in Den Haag auf. Nach seinem Studium am Wiener Max-Reinhard-Seminar war Huisman von 1950 bis 1954 als Schauspieler am Burgtheater engagiert, spielte in München und Salzburg. Auf der Welt-Tournee des Burgtheaters (1967 - 1968) wurde auch Loek Huismans Stück „Der junge Goethe“ mit Michael Heltau in der Titelrolle aufgeführt.
Über Jahrzehnte gestaltete er dann die Soloprogramme für Michael Heltau.
Huisman starb am 29. Dezember 2017 in Wien.