H Angela Dorn Wolfgang Lorch Andrea WandelHessischer Kulturpreis 2019 ehrt Architekten Andrea Wandel und Wolfgang Lorch

Felicitas Schubert und Hans Weißhaar

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Derzeit fliegen der Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst (Die Grünen) die Probleme nur so um die Ohren. Stichworte: Mendig und die AfD, das kommt noch, und seltsame, auch nicht zu akzeptierende  Auslassung eines ebenfalls zu Ehrenden beim Hessischen Kulturpreis. Für beides kann sie nichts. Im ersten Fall, der auf eine Entscheidung ihres Vorgängers Boris Rhein zurückgeht, hat sie auf einer Pressekonferenz am Freitagmorgen mitgeteilt, daß sie für nächsten Dienstag eine Aufsichtsratssitzung einberufen habe, was richtig und wichtig ist. Im zweiten Fall am Freitagabend hat sie den Hessischen Ministerpräsidenten vertreten, der bisher immer die Ehrung selbst vornahm. Aber auch in eher stellvertretender Funktion hätte ihr ein offenes Wort zum öffentlich gewordenen Konflikt gut angestanden und eigentlich verstehen wir nicht, warum sie diese Chance nicht ergriff.

Worum es geht, gleich. So heißt es nun nur: Die Hessische Ministerin Angela Dorn hat heute in Frankfurt die Frankfurter Architekten Prof. Andrea Wandel und Prof. Wolfgang Lorch mit dem Hessischen Kulturpreis 2019 geehrt. Die Auszeichnung ist mit 45.000 Euro der höchstdotierte Kulturpreis der Bundesrepublik Deutschland. "

Allein diese Tatsache zeigt, daß es neben der Ehre um etwas geht bei dieser Auszeichnung. Und, um es gleich zu sagen, vielleicht hätte man einen Tausch vornehmen sollen. Beim Hessischen Fernseh- und Filmpreis im Oktober verteilt der Hessische Ministerpräsident, seit Jahren Volker Bouffier, jedes Jahr einen Ehrenpreis, den in diesem Jahr erstmals eine Institution erhält, verdient erhält, das DFF, das Deutsche Filmmuseum und Filminstitut. Der Preis ist allerdings ohne Dotierung. Nur eine Ehre. Wie wäre es denn gewesen, es hätte der Hessische Ministerpräsident diesen Ehrenpreis dem Architekturbüro Wandel und Lorch zuerkannt und den Hessischen Kulturpreis mit 45 000 Euro dem Deutschen Filmmuseum und  Filminstitut?  

Damit Sie wissen, worum es beim Kulturpreis geht und warum ein Architekturbüro ausgezeichnet wurde, erst einmal der Text der Ehrung und dann die Auflistung des Problems. „Das Architekturbüro von Andrea Wandel und Wolfgang Lorch hat bedeutende Orte des Gedenkens, des Gebets und des Dialogs zwischen den Kulturen geschaffen“, erklärte Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn. „Dazu gehören in jüngster Zeit beispielsweise das Hotel Silber in Stuttgart, das zuvor eine ehemalige Gestapo-Zentrale war, sowie die Sanierung der Synagoge am Opernhaus in Bayreuth. Die Auszeichnung an dieses Büro ist eine Aufforderung und Ermunterung an alle Architekten, uns auch in Zukunft Orte zu schaffen, die die Erinnerung an die dunklen Kapitel der deutschen Geschichte manifestieren.“

Das Architekturbüro Wandel Lorch in Frankfurt und Saarbrücken wurde 1969 von Hubertus Wandel gegründet. Mit unterschiedlichen Büropartnern sowie in einigen früheren Projekten als Arbeitsgemeinschaft mit dem Frankfurter Architekten Nikolaus Hirsch führen die Tochter des Gründers, Andrea Wandel, und Wolfgang Lorch es heute gemeinsam weiter. Andrea Wandel ist Professorin im Lehrgebiet Entwerfen, Raumbildung und Darstellung an der Hochschule Trier. Wolfgang Lorch ist Professor für Entwerfen und Baugestaltung an der Technischen Universität Darmstadt.

„Die Erinnerungskultur des Büros von Professorin Wandel und Professor Lorch beschränkt sich nicht nur auf die Zeit des Nationalsozialismus, sondern es schlägt den Bogen aus der Geschichte in unsere Zeit und in die Zukunft“, so Ministerin Dorn weiter. Neben Bauten des jüdischen Lebens wie die Neue Synagoge in Dresden oder das Jüdische Zentrum in München ist die Gedenkstätte am Neuen Börneplatz in Frankfurt ein herausragendes Beispiel. Bei diesen Projekten war der frühere Rektor der Städelschule, Nikolaus Hirsch, beteiligt.

„Die Gedenkstätte am Neuen Börneplatz in Frankfurt ist ein Ort des Innehaltens, der Erinnerung, der Mahnung mitten in der Stadt, eine Insel der Stille mitten im Getöse an einer der verkehrsreichsten Kreuzungen der Stadt. Die Gedenkstätte bewahrt das Andenken an mehr als 11.000 ermordete jüdische Frankfurterinnen und Frankfurter. Auch die 1945 im KZ Bergen-Belsen ermordete Anne Frank hat hier eine symbolische Ruhestätte erhalten. In einer Zeit, in der rechte Populisten die Gräueltaten der Nationalsozialisten als ,Vogelschiss‘ abtun wollen, bekommen gebaute Erinnerung, lebendige Geschichte, aber auch Dialog und religiöse Vielfalt eine umso größere Bedeutung. Dafür steht die Arbeit des Büros von Prof. Wandel und Prof. Lorch. Deshalb freue ich mich sehr, dass ich ihnen den Kulturpreis des Landes Hessen überreichen kann.“

So weit so gut. Immerhin ist Nikolaus Hirsch, den wir als früheren Städelschuldirektor von 2010-2014 viel besser kennen als ein Architekturbüro, am Aufbau und Ausbau des Architekturbüros beteiligt gewesen und das wird im Text auch gewürdigt, nicht aber beim Preis selbst. Denn Hirsch werden viele der frühen Arbeiten zugeschrieben, die das Büro in erfolgreiche Bahnen führte. Wie gut, daß die FAZ die Hintergründe sehr offensiv seit vielen Tagen zum Thema machte, ohne daß die Politik darauf reagierte. Leider. Denn die Berichterstattung der FAZ stimmt. Nach der Preisankündigung haben genug Personen der Staatskanzlei vom Wirken von Nikolaus Hirsch Substantielles vermittelt. Es wäre kein Problem gewesen, den Dritten im Bunde aufzunehmen, sprich: und das Preisgeld zu teilen!! In der FAZ kann man auch dezidiert nachlesen, was an merkwürdigen Formulierungen sich das Büro in Internetauftritten geleistet hat, bis zu Zitatverfälschungen von Kasper König, ebenfalls einst verdienstvoller Städelschuldirektor, wobei es immer um die Auslassung des Namens Hirsch ging. Das ist so peinlich für ein Architekturbüro, wie es oberpeinlich für einen Preisträger des Hessischen Kulturpreises ist. 

In der Dankesrede nahm Andrea Wandel dann eine merkwürdige Volte. Sie fragte sich und die Versammlung: "Fehlt da wer?" Und beantwortete das ja doch eigentlich zynisch, indem sie auf die vielen verwies, die am Aufbau und der Arbeit des Büros über die Jahre beteiligt waren. 

Noch einmal: Von einem Volker Bouffier hätten wir sturgeradeaus erwartet. Aber in ihrer Ansprache und Würdigung hätte  Angela Dorn ein offenes Wort zur Problematik nicht nur gut, sondern ehrlich gesagt notwendigerweise angestanden. Denn für Transparenz wollten die Grünen doch sorgen. Schade. 

Fotos:
Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst Angela Dorn mit Wolfgang Lorch und Andrea Wandel 
© kunst.hessen.de
Nikolaus Hirsch
© kfw-stiftung.de


Info:
Der Hessische Kulturpreis wird seit 1982 jährlich für besondere Leistungen in Kunst, Wissenschaft und Kulturvermittlung vergeben. Er ist mit 45.000 Euro dotiert. Dem Kuratorium sitzt der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier vor. Neben der Hessischen Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Angela Dorn, gehören ihm an:

- Jürgen Engel, Architekt, Frankfurt am Main- Susanne Pfeffer, Direktorin des Museums für Moderne Kunst in Frankfurt- Michael Herrmann, Intendant Rheingau Musik-Festival- Bernd Leifeld, ehem. Geschäftsführer der documenta und Museum Fridericianum Veranstaltungs­GmbH- Michael Quast, Schauspieler, Kabarettist, Regisseur- Hans Sarkowicz, Leiter Ressort hr2 Kultur und Bildung- Gerhard Stadelmaier, Redakteur und Theaterkritiker im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung- Birgitta Wolff, Präsidentin der Goethe-Universität Frankfurt am Main

Das vollständige Zitat von Friedrich Schiller lautet: Ich sei, gewährt mir die Bitte, In eurem Bunde der Dritte!