Neues von Woody Allen (3): Die Erfindung des Skandals
Hanswerner Kruse
Frankfurt (Weltexpresso) - Woody Allen und Mia Farrow waren lange ein Paar, bis der Filmemacher 1992 eine Affäre mit Soon-Yi (22), der erwachsenen Adoptivtochter Farrows begann. Nach der dadurch provozierten Trennung, beschuldigte ihn seine Lebensgefährtin, die gemeinsame Adoptivtochter Dylan (7) sexuell missbraucht zu haben. Der von ihr angestrebte Prozess wurde eingestellt, weil diverse Gutachter, eine Kinderklinik, das Jugendamt und die Polizei die Verdächtigungen für unbegründet hielten. Der skeptische Staatsanwalt beendete dennoch das Verfahren, um die kleine Dylan nicht öffentlich befragen zu müssen. Ein Familiengericht stellte Allens elterliche Eignung infrage und sprach Farrow das Sorgerecht für alle acht Kinder zu.
Soon-Yi und Allen heirateten bald: „Ich möchte einmal für jemanden wichtig sein“, sagte das einstige koreanische Findelkind bei der Hochzeit. Seitdem lebt das Paar zusammen, sie adoptierten zwei Kinder und bekamen zwei eigene. 24 Jahre später, 2014, griff Dylan selbst den Adoptivvater öffentlich an. Ihr Bruder Ronan, der später half Harvey Weinstein zur Strecke zu bringen, unterstützte sie. Ihr anderer Bruder Moses wies dagegen die Anschuldigungen der Schwester detailliert zurück.
Im Schatten von MeToo begann dann abermals eine Debatte um Allens angeblichen Missbrauch, obwohl ihn kein Gericht dafür jemals verurteilt hatte. Der Amazon-Konzern wollte nun den von ihm produzierten Film „A Rainy Day in New York“ weder veröffentlichen noch an den Regisseur herausgeben. Mutig klagte der Filmemacher erfolgreich gegen das Unternehmen. Der US-amerikanische Hachette-Verlag weigerte sich, seine Memoiren zu drucken.
Was immer zwischen dem Adoptivvater und Dylan passierte, wird wohl niemals geklärt werden. In der Autobiografie macht der Autor aber seine Leser quasi zu Geschworenen und fordert sie zur Parteinahme heraus. Der öffentliche Schutz des von Allen sehr geliebten Kindes Dylan war jedoch damals sicher berechtigt. Unverständlich bleibt, dass das vermeintliche Opfer nie eine Klage gegen ihn anstrengte. Eine juristisch korrekte „Verdachtsberichterstattung“ gegen Allen, mit dem Recht zur Gegenrede, gab es nicht. Natürlich muss für ihn auch die in den USA bestehende „Unschuldsvermutung“ gelten. Selbst ernannte Ermittler, Ankläger, Richter und Vollstrecker in einem stellen ihn jedoch weiterhin unverdrossen an den Pranger.
Die Beschuldigungen gegen Allen haben nichts mit den Weinstein-Enthüllungen zu tun. Von den vielen Schauspielerinnen, mit denen der Regisseur arbeitete, hat ihn keine jemals angegriffen. Natürlich ist er auch kein Pädophiler, sonst hätte er mit Soon-Yi nicht zwei Kinder adoptieren dürfen.
Man sollte diesen 84-jährigen jüdischen Herrn einfach mal in Ruhe lassen und sich an seine vielen wunderbaren Filme erinnern, mit denen er die Welt erfreut hat!
Foto:
Woody Allen und seine langjährige Ehefrau Soon-Yi (c) Wikipedia
Hintergrund:
Teil 1 Der neue Film von Woody Allen
Teil 2 Die Autobiografie von Woody Allen