Wolfgang Mielke
Hamburg (Weltexpresso) - Heute, am 4.8.2021, einem Mittwoch, sehe ich die nächste Veranstaltung des SHMF – und zwar weil Christian Brückner (*1943), der Protagonist meines New York – Projekts I HAPPEN TO LIKE NEW YORK ist. - Die Veranstaltung heute hätte auch im Rahmen von "The Big Vienna", am Wochenende des 17. und 18.7.2021, stattfinden können, denn Brückners Lesung hat intensiv mit Wien zu tun. Der Text: Adalbert Stifters (1805 – 1868) "Ein Gang durch die Katakomben", der Anfang der 1840er Jahre zuerst veröffentlicht wurde.
Die Lesung wechselt ab mit den einzelnen Sätzen von Franz Schuberts letzter Klaviersonate B-Dur D 960, die er kurz vor seinem Tod noch vollenden konnte. - Der bevorstehende und erlebte Tod bilden also die Verbindung zwischen diesen beiden Kunstwerken, die miteinander sonst nichts zu tun haben und auch wesentlich verschiedenen Charakters sind: Schuberts Musik suchend, tastend, klassische und romantische Elemente verbindend; Stifters Text ganz realistisch.
Die Veranstaltung findet statt in Hamburg und dort im Bucerius Kunst Forum. Diese Institution, 2002 hervorgetreten mit Ausstellungen, die die Hamburger Kunsthalle rasch in die 2. Reihe verwiesen, ist nun selbst seit ihrem Umzug im Juni 2019 deutlich in die 2. Reihe gerückt, in jeder Beziehung. - Als das Bucerius Kunst Forum noch vorne, direkt am Rathausmarkt und an der parallel zum Jungfernstieg laufenden Alsterquerung in die Neustadt lag, fast dauerhaft umspült von regem Fußgängerverkehr, von denen mancher, durch die nahe Außenwerbung neugierig geworden, einen Abstecher in die Kunsträume des Bucerius Forums unternahm, - war von den Angestellten immer wieder mal zu hören: Hier im Kopfbau des Alten Walls sei nur ein Provisorium, bald würde man aber umziehen in viel größere Räume weiter hinten, dorthin, wo früher einst die ganz gut gelungene, strenge, nicht unfestliche Nachkriegs-Kassenhalle der Vereins- und Westbank gewesen war, (die damals die Kulturreihe "Jugend kulturell", - übrigens auch jeweils immer an einem Mittwoch -, deren 2. Geburtstag die von mir gegründete Freie Theatertruppe gestaltete, dort erfolgreich durchführte.)
Als dann aber der Umzug näher rückte, blickte man in eher zaghafte Gesichter der Mitarbeiter, denn der Umzug bedeutete auch den Verlust des sicheren 'Platzes an der Sonne' - in einen 'Platz im Schatten der 2. Reihe'! - Fußläufiger Verkehr findet dort so gut wie überhaupt nicht mehr statt; also fehlen auch alle Spontan-Besucher. - Die Räumlichkeiten sind jetzt zwar größer – und die Vorgabe der alten oktogonalen Kassenhallte mit ihren mehreckigen Pfeilern als Maß für jede neue Ausstellung kann nicht mehr beschränken --- aber sie kann nun auch nicht mehr befruchten. Ich habe dort etliche Ausstellungen gesehen; herrliche und unvergessliche darunter; und immer wieder war es eine Freude, von den Ausstellungs-Architekten überrascht zu werden. Manches gelang grandios (wie zum Beispiel die räumliche Gestaltung einer Foto-Ausstellung über New York, bei der der Raum dann, dunkelbraun gestrichen, die Qualität eine New Yorker Subway-Station annahm). Auch die etruskischen Gräber sind unvergessen. Und so vieles andere ebenfalls nicht! Etwas später kam dann ein weiterer kleiner Ausstellungsraum im Obergeschoss hinzu; rechts daneben ein kleiner Vorraum, wie der Lesesaal einer Bibliothek, dahinter dann ein Raum, in dem Filme gezeigt wurden. Links aber erstreckte sich ein schöner Vortragssaal, der auch noch bis vor den eigentlichen ebenfalls oktogonalen kleineren Ausstellungssaal, bis an die aufsteigende Treppe heran erweitert werden konnte. Auch daran habe ich viele, beste Erinnerungen.
Im Erdgeschoss befand sich links der kleine, aber sehr gut sortierte Buchladen; und rechterhand betrat man das Bucerius Kunst Forum, das so und in seiner Art ein einmaliges Museum war, unverwechselbar, das die Konkurrenz auch größerer Museen nicht zu scheuen brauchte. - Schließlich, im Untergeschoss, knapp noch über dem Alter-Wasser, ein Café-Restaurant, das je nach Betreiber besser oder weniger ansprechend war, dessen Möglichkeiten aber, wenn sie genutzt wurden, ebenfalls einmalig für Hamburg waren.
Jetzt ist eigentlich nur das mit Holz ausgeschlagene Treppenhaus sehenswert; aber von seiner Art her nicht so, dass man es nicht schon in mehreren anderen Museen gesehen hätte. Alles andere ziemlich beliebig. Räumlich besitzt das Museum jetzt kaum noch ein Alleinstellungsmerkmal. Der Buchladen an die Hinterseite geschoben, ganz offen, ungemütlich, karg, unbehaglich, auch noch um die Ecke gehend – da hält man sich nicht mehr so gerne auf wie noch in dem 'alten' Buchladen; schade. Alles ein bißchen allerweltsartig; schick, neu, elegant und doch auch ein bißchen Tinnef.
Die Ausstellungsräume haben jetzt variable Wände: Sie können für jede Ausstellung angepasst und hierhin und dorthin verschoben werden; sie tragen nicht mehr, sozusagen im doppelten Sinne. Es fehlt der jeweils neu zu führende Kampf mit den Gegebenheiten; der schöpferische Kampf, dem Raum immer wieder neue Möglichkeiten abzuringen. Jetzt wird einfach geschoben.
Ähnlich verhält es sich auch mit dem Vortragssaal: Der 'alte' Vortragssaal war höher und auch vom Grundriss interessant; dieser ist ein nüchterner flacher Raum, in dem sich weder Sprache noch Musik wirklich entfalten können. Er könnte auch eine Mensa sein oder ein Speisesaal einer Kantine. - Dabei stünde, jenseits seiner Glastüren, ein Lichthof, von Glas umgeben und durch Glas gedeckt, zur Verfügung, der einen künstlerischen Reiz entfalten könnte. Aber er wird, vielleicht durch Verbote, nicht genutzt.
Der Abend beginnt mit wärmsten Dankesworten an den Ideengeber des Programms, Frank Siebert, Chef-Dramaturg des SHMF. - Danach kommen die Künstler auf die Bühne, und es kann nun losgehen.
Die Klaviersonate von Schubert hat 4 Sätze; der 1.: Molto moderato. Die Pianistin ist die Japanerin Hideyo Harada - und sie tut, was man in diesem flachen, nüchternen Vortragssaal eben tun kann; spielt redlich; ohne Faszination; man müsste sie einmal in einem tauglichen Konzertsaal hören. Denke ich an ihr Spiel zurück, sehe ich sie vor mir, höre auch noch etwas von ihrer Musik, aber es ist eben alles flachgedrückt wie in einer Konservenbüchse. - #"Ihre leisen Partien gelingen besser."#, heißt es notiert. #"Die Frau ist keine Konkurrenz für Christian Brückner."# - Ihr Instrument ist ein Steinway-Flügel. Und ich denke, Anne-Sophie Desrez, dass ein Shigeru Kawai hier vielleicht gegen den Raum mehr bewirkt hätte. Aber Steinway wird in Hamburg hergestellt; und das Bucerius Kunst Forum gehört ganz deutlich zu Hamburg; so erklärt sich das.
Fotos:
©WM
Als dann aber der Umzug näher rückte, blickte man in eher zaghafte Gesichter der Mitarbeiter, denn der Umzug bedeutete auch den Verlust des sicheren 'Platzes an der Sonne' - in einen 'Platz im Schatten der 2. Reihe'! - Fußläufiger Verkehr findet dort so gut wie überhaupt nicht mehr statt; also fehlen auch alle Spontan-Besucher. - Die Räumlichkeiten sind jetzt zwar größer – und die Vorgabe der alten oktogonalen Kassenhallte mit ihren mehreckigen Pfeilern als Maß für jede neue Ausstellung kann nicht mehr beschränken --- aber sie kann nun auch nicht mehr befruchten. Ich habe dort etliche Ausstellungen gesehen; herrliche und unvergessliche darunter; und immer wieder war es eine Freude, von den Ausstellungs-Architekten überrascht zu werden. Manches gelang grandios (wie zum Beispiel die räumliche Gestaltung einer Foto-Ausstellung über New York, bei der der Raum dann, dunkelbraun gestrichen, die Qualität eine New Yorker Subway-Station annahm). Auch die etruskischen Gräber sind unvergessen. Und so vieles andere ebenfalls nicht! Etwas später kam dann ein weiterer kleiner Ausstellungsraum im Obergeschoss hinzu; rechts daneben ein kleiner Vorraum, wie der Lesesaal einer Bibliothek, dahinter dann ein Raum, in dem Filme gezeigt wurden. Links aber erstreckte sich ein schöner Vortragssaal, der auch noch bis vor den eigentlichen ebenfalls oktogonalen kleineren Ausstellungssaal, bis an die aufsteigende Treppe heran erweitert werden konnte. Auch daran habe ich viele, beste Erinnerungen.
Im Erdgeschoss befand sich links der kleine, aber sehr gut sortierte Buchladen; und rechterhand betrat man das Bucerius Kunst Forum, das so und in seiner Art ein einmaliges Museum war, unverwechselbar, das die Konkurrenz auch größerer Museen nicht zu scheuen brauchte. - Schließlich, im Untergeschoss, knapp noch über dem Alter-Wasser, ein Café-Restaurant, das je nach Betreiber besser oder weniger ansprechend war, dessen Möglichkeiten aber, wenn sie genutzt wurden, ebenfalls einmalig für Hamburg waren.
Jetzt ist eigentlich nur das mit Holz ausgeschlagene Treppenhaus sehenswert; aber von seiner Art her nicht so, dass man es nicht schon in mehreren anderen Museen gesehen hätte. Alles andere ziemlich beliebig. Räumlich besitzt das Museum jetzt kaum noch ein Alleinstellungsmerkmal. Der Buchladen an die Hinterseite geschoben, ganz offen, ungemütlich, karg, unbehaglich, auch noch um die Ecke gehend – da hält man sich nicht mehr so gerne auf wie noch in dem 'alten' Buchladen; schade. Alles ein bißchen allerweltsartig; schick, neu, elegant und doch auch ein bißchen Tinnef.
Die Ausstellungsräume haben jetzt variable Wände: Sie können für jede Ausstellung angepasst und hierhin und dorthin verschoben werden; sie tragen nicht mehr, sozusagen im doppelten Sinne. Es fehlt der jeweils neu zu führende Kampf mit den Gegebenheiten; der schöpferische Kampf, dem Raum immer wieder neue Möglichkeiten abzuringen. Jetzt wird einfach geschoben.
Ähnlich verhält es sich auch mit dem Vortragssaal: Der 'alte' Vortragssaal war höher und auch vom Grundriss interessant; dieser ist ein nüchterner flacher Raum, in dem sich weder Sprache noch Musik wirklich entfalten können. Er könnte auch eine Mensa sein oder ein Speisesaal einer Kantine. - Dabei stünde, jenseits seiner Glastüren, ein Lichthof, von Glas umgeben und durch Glas gedeckt, zur Verfügung, der einen künstlerischen Reiz entfalten könnte. Aber er wird, vielleicht durch Verbote, nicht genutzt.
Der Abend beginnt mit wärmsten Dankesworten an den Ideengeber des Programms, Frank Siebert, Chef-Dramaturg des SHMF. - Danach kommen die Künstler auf die Bühne, und es kann nun losgehen.
Die Klaviersonate von Schubert hat 4 Sätze; der 1.: Molto moderato. Die Pianistin ist die Japanerin Hideyo Harada - und sie tut, was man in diesem flachen, nüchternen Vortragssaal eben tun kann; spielt redlich; ohne Faszination; man müsste sie einmal in einem tauglichen Konzertsaal hören. Denke ich an ihr Spiel zurück, sehe ich sie vor mir, höre auch noch etwas von ihrer Musik, aber es ist eben alles flachgedrückt wie in einer Konservenbüchse. - #"Ihre leisen Partien gelingen besser."#, heißt es notiert. #"Die Frau ist keine Konkurrenz für Christian Brückner."# - Ihr Instrument ist ein Steinway-Flügel. Und ich denke, Anne-Sophie Desrez, dass ein Shigeru Kawai hier vielleicht gegen den Raum mehr bewirkt hätte. Aber Steinway wird in Hamburg hergestellt; und das Bucerius Kunst Forum gehört ganz deutlich zu Hamburg; so erklärt sich das.
Fotos:
©WM