Simon 1Wortakrobat Simon Weiland im Steinauer Theatrium

Hanswerner Kruse

Steinau  an der Straße (Weltexpresso) - Bereits häufiger war Wortakrobat, Schauspieler, und Musiker Simon Weiland in Steinau zu Gast. Seine Auftritte sind märchenartige Traumstücke für Erwachsene, in denen er sich poetisch aber äußerst kritisch mit unserer Wirklichkeit auseinandersetzt.

Auch in „Arm und Reich“ verlässt sich der Poet auf seine variable Stimme und den intensiven Körpereinsatz, mit denen er Sprachspiele, Wortkaskaden und Gesänge präsentiert. Seine vielschichtige Darbietung folgt vage dem Märchen „Von dem Fischer und syner Fru“ der Gebrüder Grimm. Ein Fischer lässt einen gefangenen Butt wieder frei, weil in ihm ein verwunschener Prinz steckt. Angeblich unter dem Einfluss seiner Frau Ilsebill, fordert er ständig neue Belohnungen vom Zauberbutt.

Weiland wechselt in seinen Solostücken die sprechenden Figuren, so hat er „Arm und Reich“ durch drei Rollen wie eine griechische Tragödie gestaltet: Im Hintergrund gibt er den Chor, der Stichworte wie „arm“ oder „reich“ ruft. Als munterer Protagonist äußert er sich auf der rechten Bühnenseite positiv zu den vom Chor vorgegebenen Begriffen: „Mir reichst, es ist genügend da!“ Grummelnd widerspricht ihm von links ständig der bärbeißige Antagonist: „Mir reichst vorne und hinten nicht. Das ist nicht mein Reich.

Manchmal trägt der Antagonist als Fischer dem Butt neue Wünsche mit dem bekannten Reim vor: „Manntje, Manntje, Timpe Te / Buttje, Buttje inne See...“ Die menschliche Gier machte von der Bronzezeit bis zur Digitalisierung die Welt ständig kriegerischer und unwirtlicher, so Weiland. Dafür steht der Protagonist als Patri/arch mit seinen unverschämten Forderungen, für die er gute Gründe zu haben meint: „Hier? Ich weiß nicht was das heißen soll. Ich will Hier/archie. Ein Reich so weit das Auge reicht. Zum Schalten und Walten. Ich brauche Gewalt, die Verwaltung, streng hier/archisch!“

Der Untertitel dieses Stücks heißt „Vom Fischer und keiner Frau“, denn der Poet rehabilitiert, ganz nebenbei, liebevoll des Fischers Frau Ilsebill. Er verweist auf die Herkunft ihres Namens - Sibyllen waren weise Frauen in der antiken Mythologie. - und singt: „Ich liebe meine Frau.“ Rollenwechsel als Protagonist, „Sibylle und ich lieben die Stille, wir stillen uns mit Liebe ...“, worauf sein Antagonist bellt: „Stille ist Stillstand, wir brauchen Fortschritt.

Arm und Reich“ ist ein politisches aber unterhaltsames Stück mit offenem Ende: Menschen haben die Wahl, wie sie leben wollen. Diese Botschaft steht keineswegs plakativ im Vordergrund: Nicht nur was Weiland erzählt ist wichtig, sondern auch wie er es kunstvoll vorträgt. Natürlich rauscht das Gesprochene schnell an einem vorbei, aber es ist ein poetischer Rausch, in den er uns versetzt.

Drei Fragen an Simon Weiland

Hast Du das Programm aus aktuellen Gründen geändert?
Ursprünglich war eine Rotkäppchen-Adaption geplant. Doch die Ereignisse in der Ukraine legten nahe, die Performance „Arm und Reich“ aufzuführen: sie zeigt die Entstehung von Kriegen und Imperien. Weltreiche, die andere Länder überfallen.

Das Stück basiert auf dem Märchen „Vom Fischer und seiner Frau“?
Ja, darin führt die Unersättlichkeit zum Zusammenbruch. Was als materielle Gier beginnt, wird schließlich zu einer Ideologie und führt dann zur imperialen Expansion. Tatsächlich lehrt aber die Geschichte: Imperien gehen immer an ihrer eigenen Gier zugrunde. Das Ende des Märchens ist eine Chance.

Warum?
Imperatoren sind eigentlich Scheinriesen, die versuchen, ihre Schwäche durch Gewalt, Herrschaft, Hierarchie und Härte zu überspielen. Was treibt ein Imperium dazu, ein anderes Land anzugreifen?  Mangel. Das muss über kurz oder lang zusammenbrechen. Demokratie ist dagegen ein Konzept von Vielfalt, Toleranz und des Teilens: Fülle, die trägt, weil sie nachhaltig ist.

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Privat

Info:
„Arm und Reich“ Gastspiel von Simon Weiland am 15. Mai um 20 Uhr im Theatrium Steinau

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"Arm und Reich"