Bildschirmfoto 2022 11 24 um 03.21.37FANTASTISCH – E.T.A. HOFFMANN 2022 im Deutschen Romantik-Museum Frankfurt, Teil 1

Matou

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Nun ist er endlich in Frankfurt angekommen, der dritte und umfangreichste Teil der Ausstellung über mein Herrchen Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann (1776-1822), der sich infolge seiner Mozartverehrung E.T.A., nämlich Amadeus, nannte, nachdem an seinen Wohnorten Bamberg und natürlich vor allem Berlin (Gendarmenmarkt!) seiner in seinem 200sten Todesjahr gedacht wurde. Ich dachte, ich kenne meinen Hoffmann in- und auswendig, aber hier lerne ich noch eine Menge dazu und sehe die abenteuerlichsten Sachen, daß mein Hoffmann ein solcher Techniknarr war, wußte ich auch nicht, vor allem vor diesem Kerl da, in seiner Uniform mit der Trompete,  müßte man sich ja fürchten, wenn er nicht in diesem Glaskasten sicher verwahrt wäre.

Erst einmal muß ich den Ausstellungsmachern - das ist u.a. ein gewisser Bunzer, Wolfgang, den ich mir noch näher anschauen muß, Professor soll er auch sein, aber das sind ja viele - ein Kompliment machen, denn da unten im Souterrain kann man sich für die nächsten Jahre einrichten, so viel gibt es zu sehen, zu lesen und zu hören. Ja, richtig, zu hören, denn endlich wird mein Hoffmann mit seiner Musikalität und seinen Kompositionen ernst genommen. Wer wüßte das so gut wie ich, der sich dann doch gerne verzog, wenn er am Klavier herumkomponierte. Ja, versprochen, dazu kommt noch mehr, wie ich überhaupt bei jeder Bemerkung der Ausstellungsmacher, wenn sie über die Exponate sprachen, noch etwas hinzufügen hätte können- und wollen.

Alkoholiker sei er gewesen, sagte dieser Frau da, die aus Berlin extra angereist kam. Sie muß wichtig sein, diese Christina Schmitz, denn alle hörten ihr besonders zu. Naja, seine Räusche waren für uns alle, vor allem seine Frau, schon schwer zu ertragen und wenn diese Dame, die da aus Berlin, zu seiner Ehrenrettung hinzugefügt hatte, er hätte in den Weinstuben immer nur so lange getrunken, bis er in Schreibstimmung gewesen sei, so könnte ich meine eigene Geschichte erzählen. Aber, was stimmt, das ist einfach, daß ihm sein Schreiben, ob in Buchstaben oder Noten, über alles ging. Es floß alles nur so aus ihm heraus. Die Form war unwichtig, aber, meine Lieben, sie stimmte immer, ob kurz, ob lang, ob Theater oder Prosa und wenn es paßte auch eine Oper.

Und die Ausstellung hat auch darin Recht, daß er aus seiner juristischen Tätigkeit tausend Geschichten hätte erzählen können, daß er – was ihm diese knöchernen Speichellecker natürlich vorwarfen – aus den Prozessen nicht wenig Material direkt für seine Schriftstellerei verwendet hat. Die wollten ihm daraus einen Strick drehen und da sind wir gleich schon beim heutigen Schwerpunkt, dem MEISTER FLOH. Denn der FLOH spielt in Frankfurt am Main und die Frankfurter, hörte ich heute, könnten in diesem Märchen genannten Stück Literatur ihre Stadt wiedererkennen, so wie sie damals im ersten Teil des 19. Jahrhunderts war.

Aber zuvor muß ich doch etwas korrigieren, was hier in der Ausstellung jeder Besucher in den falschen Hals kriegen muß. Sein Lebensglück war nicht nur das Schreiben und Komponieren sowie -  mit aller Bescheidenheit - auch nicht nur ich, sein Lebensglück hieß Mischa, so nannte er seine aus Polen stammende Frau, die endliche die notwendige Wärme in sein Leben brachte, in meines auch. Wir waren Verbündete, nicht gegen, sondern für unseren Hoffmann, der so oft gegen sich selbst arbeitete. Wie ungerecht ist die Nachwelt, daß sie über Mischa kaum etwas schreibt, höchstens, daß er ihretwegen seine Langzeitverlobte, seine fade Cousine aufgab und mit Mischa Liebe erlebt. Sie zog ihn aus, wenn er im Vollrausch nach Hause kam, kühlte ihm die Stirn, kochte göttlich und wußte genau, welche Leckerbissen ich bevorzugte.

Eigentlich waren wir das Gespann, das für sein Glück und für sein Überleben zusammenhielt. Das hat mein Biograph aus Vorarlberg ganz richtig in MATOU dargestellt. Auch, daß ihr Deutsch allerliebst war, lustig einfach, aber ihr Polnisch perfekt. Und sie erzählte E.T.A. auch alles Polnische, was er wissen mußte, um so kenntnisreich im KATER MURR darüber zu schreiben. Im Testament hat er auch noch einmal über sein Glück mit ihr geschrieben und dies hier habe ich auswendig gelernt: „Ich müßte verzweifeln, oder vielmehr, ich würde längst meinen Posten aufgegeben haben, wenn nicht ein sehr liebes liebes Weib mir alle Bitterkeiten, die man mir hier bis auf die Neige auskosten läßt, versüßte, und meinen Geist stärkte, daß er die Zentnerlast der Gegenwart tragen, und noch Kräfte für die Zukunft behalten kann.", schreibt er 1803. Den Tod der gemeinsamen Tochter in jungen Jahren mußten die beiden auch verarbeiten. Für mich war Mischa genauso da, wir drei waren einfach ein gutes Gespann am Gendarmenmarkt mitten in Berlin. Da hatte er es gut, dieser arme Mann, der in seinem Leben mehr umziehen mußte, als ich in neun Leben!

Aber zurück zum MEISTER FLOH, der also in Frankfurt spielt, wo mein Hoffmann nie war, aber so fach- und sachkundig diese Stadt beschreibt, als kenne er sie wie seine Westentasche. Und ich weiß, wovon ich rede. Denn die meisten seiner Erzählungen, der Nachtstücke, der Märchen, die hatte er längst geschrieben, als ich in sein Leben trat. Aber hier, beim MEISTER FLOH war ich dabei und - erneut mit aller Bescheidenheit- muß ich doch Wert darauf legen, daß er die Handlung mit mir im Detail durchgesprochen hat, weil ich ein Tier bin wie der Floh. Aber, da waren wir - Hoffmann und ich - uns einig. Zwischen uns beiden, die wir beide über die deutsche Sprache und Rudimente der polnischen, ich zudem noch Italienisch...ach was, um mich geht es ja gerade nicht, also zwischen Hoffmann und mir gab es so viel mehr Gemeinsamkeiten als zwischen mir und dem Floh. Und das hat nicht allein mit dem Lesen und Schreiben zu tun. Und nun muß ich ausholen, um dann doch den verehrten Ausstellungsmachern zu sagen, daß sie auf das, was die Staatsorgane mit meinem Hoffmann autokratisch gemacht haben, als der den FLOH schrieb, viel zu wenig eingehen! Was zu beweisen ist. 

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Fotos:
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Info:
Ausstellung im Romantikmuseum bis 12. Februar 2023
www.etah2022.de
www.freies-deutsches-hochstift.de
www.virtuelle-zeitreise.freies-deutsches-hochstift. de

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Ich bin MATOU, dessen neun - ja neun, weil ich sogar bis Amerika kam und dort sind sie fortschrittlich und Katzen haben nicht sieben, sondern neun - Leben ein gewisser Michael Köhlmeier aufgeschrieben hat in einem Buch, das heißt, ja wiewohl? Natürlich MATOU. Ganz ordentlich macht er das und das eine Leben führte mich nach Berlin zu E.T.A. Hoffmann, der instinktiv merkte, daß ich sprechen kann und mir viele Tips für's Schreiben gab. Ach, mein guter Hoffmann. Da ich derzeit in Frankfurt lebe, nutzte ich natürlich die Gelegenheit, die Ausstellung zu seinem 200sten Todesjahr sofort anzuschauen, schließlich hat mich mein Hoffmann in seinem Werk verewigt. Wie, was? Sie wußten nicht, daß ich das Vorbild bin für LEBENS-ANSICHTEN DES KATERS MURR, dessen 1. Band 1819, der zweite 1821 erschienen, vor dem dritten starb er. So überheblich, ja arrogant bin ich gar nicht, wie er mich da beschreibt. Selbstbewußt schon und ein wenig selbstverliebt auch, aber das sind alle Kater, wir sind doch Männer.