Hanno Lustig
Köln (Weltexpresso) - 1961 sorgen Gemälde mit übergroßen Penissen des jungen Künstlers Georg Baselitz noch für einen Skandal und ein Eingreifen der Sittenpolizei. Am Ende gewinnt die Kunstfreiheit.
Mit der Freizügigkeit der 68er-Generation geraten immer mehr Fälle von Pornografie und Kuppelei ins Visier der Polizei. Homosexuelle und Prostituierte werden weiter streng überwacht. In den 1980er-Jahren ist Schluss: Es kommt bei der "Sitte" zu nachhaltigen Reformen.
In Essen treibt in den 1960er-Jahren der "Kirmesmörder" Jürgen Bartsch sein Unwesen. Es geht um Vergewaltigung und Mord an mehreren Jungen. Die Mordkommission zieht die Kollegen von der Sitte zu Rate. Das Problem: Bereits als 15-Jähriger hat Bartsch sein erstes Verbrechen begangen. Neu an dem schrecklichen Fall ist: Erstmals stellen Öffentlichkeit und Behörden die Frage, wie ein Mensch zum Täter wird, was seine Vorgeschichte ist und wie es zu diesen grausamen Verbrechen kommen konnte.
In den folgenden Jahren müssen die Beamten der Sittenpolizei ihre gesellschaftliche Rolle immer mehr hinterfragen. Sexuelle Freiheit ist das Gebot der Stunde. Erotik und Pornografie überschwemmen das Land, zunächst aus Dänemark, wo Pornografie ab 1969 legalisiert wird. Bei der neuen Zeitung "St. Pauli Nachrichten" in Hamburg finden erotisch Gleichgesinnte über Annoncen zusammen. Das Blatt erreicht kurzerhand eine Millionenauflage. Noch einmal tritt die Polizei auf den Plan, kassiert die Inserentenkarteien ein. Vor Gericht gewinnen jedoch die Blattmacher. Fazit: Die Tageszeitung darf nicht indiziert werden. Wenig später stehen die Karteien wieder im Keller. Ein Sieg für die sexuellen Revolutionäre.
Foto:
Aus dem für die damalige BRD Skandalfilm von Ingmar Bergmann DAS SCHWEIGEN
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