Hanswerner Kruse
Steinau an der Straße (Weltexpresso) - Das Theatrium präsentiert in einer Wiederaufführung ihr Figurentheater „Amadeus“. Das Solostück bietet mit Puppen ein spannendes Erlebnis für Erwachsene und kann auch diejenigen faszinieren, die normalerweise mit klassischer Musik wenig zu tun haben.
„War ich es oder war ich es nicht, der Mozart umgebracht hat?“ ruft mit Shakespeare’schem Zungenschlag der alt gewordene Komponist Antonio Salieri zu Beginn der Aufführung. Detlef Heinichen gibt als großartiger Schauspieler diesen, von Hass auf Wolfgang Amadeus Mozart zerfressenen Wiener Hofkapellmeister. Am Ende seines Lebens legt der bejahrte Salieri eine Beichte ab, in der er von den Begegnungen mit dem jungen Mozart berichtet und seine Intrigen gegen ihn bekennt. Heinichen führt als alter Salieri durch das Stück und lässt mit seinen großartigen Figuren das Ende des 19. Jahrhunderts in Wien aufscheinen.
Changierend zwischen Erzähler und Puppenspieler nimmt er sein Publikum mit auf die spannende Zeitreise: Gerade verlässt Salieri Italien für eine bescheidene Karriere in Wien, da tingelt der sechsjährige Mozart bereits durch ganz Europa. Dieses „obszöne Kind“, wie der Hofkapellmeister es nennt, kommt später als exaltierter Erwachsener nach Wien und mischt die kaiserliche Musikszene auf. Salieri ist begeistert von Mozarts Musik, doch bereits in der ersten Oper, „Die Entführung aus dem Serail“, „...legten die Instrumente Netze aus Schmerz über mich.“ So stark spürt der Italiener seine eigene Mickerigkeit und Mozarts Größe.
Viele Werke des jungen Komponisten werden erfolgreich aufgeführt, die seiner Meinung nach „das wirkliche Leben und keine langweiligen Legenden beschreiben“. Der begnadete, aber in ärmlichen Verhältnissen lebende Musiker, gewinnt sogar Kaiser Joseph II für sich, doch eine feste Anstellung bekommt er nicht. Das verhindern der hasserfüllte Salieri und andere höfische Musikschranzen: „Zu viele Noten, zu kompliziert“, suggerieren sie dem Kaiser.
Das Stück „Amadeus“ folgt dem gleichnamigen, vielfach preisgekrönten Film Milos Foremans von 1984. Gerade wenn man diesen Streifen kennt, ist es erstaunlich, wie großartig Heinichen in seiner dichten One-Man-Show den an seiner Mittelmäßigkeit leidenden Salieri, den verwegenen Mozart oder dessen treue Frau Constanze seinem Publikum sehr nahebringt. Dabei agiert der Akteur humorvoll und mit enormer Spiellust.
Bereits Foremans Film wurde vorgeworfen, nicht die „Wahrheit“ zu zeigen. Aber es geht in der Film- oder Theaterkunst ja nicht um authentische „Wahrheiten“, sondern (allenfalls) darum, historische Hintergründe zu verdeutlichen.
„Amadeus“ setzt die gefeierte aber musikalische Bedeutungslosigkeit Salieris gegen die geniale Leichtigkeit Mozarts, die Freiheit der Kunst gegen ihre jämmerlichen Verwalter. Das ist ein Thema, was auch heute von aktueller Bedeutung ist und das Publikum nachdenklich machen kann.
Vorstellungen nur am 6. und 7. Oktober, 11. November 2023 ab 20 Uhr.
Weitere Infos und Tickets www.theatrium-steinau.de
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Hanswerner Kruse
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