Serie: DIE EWIGE FLAMME - Gabriele D'Annunzio und sein unvergänglicher Einfluss auf Kultur und Politik, Teil 3/15
Davide Zecca
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Kahlköpfig, klein und mit gepflegtem Schnurr- und Kinnbart, dabei immer gewandet in bestes Tuch und von ausgesuchter Eleganz, setzte sich der Dandy stets gekonnt in beste Szene. Verbunden mit betörendem Charme, traf er zweifelsohne auch den Gusto der stilbewussten Damenwelt, sodass diese ihm teilweise zu Füßen lag. Über 3.000 Verehrerinnen hatte D'Annunzio. Die Flirts auf den Gondeln waren für manche Damen so heiß, dass diese sich angeblich im wahrsten Sinne des Wortes für eine Abkühlung in die seichten venezianischen Gewässer warfen. Prostituierte schliefen angeblich mit ihm, ohne dafür Geld zu verlangen.
Aber unter diesem äußert großen „Bodycount“ von 3.000 Frauen waren auch manche Liebschaften von längerer Halbwertzeit – alle waren aber recht komplex, turbulent und manche waren durchaus mit seriösen Absichten verbunden. Die erste und einzige Ehefrau war Maria Hardouin di Gallese. 1883 lernte sie ihn kennen, wegen des Klassenunterschiedes wurde zunächst seitens der Familie der versprochenen Braut eine Beziehung abgelehnt, was für den damals 20-Jährigen noch nicht im Adelstand befindlichen „Vate“ so nicht hinnehmbar war. Dennoch besuchte er sie inkognito und trat mit ihr eine Flucht nach Florenz an. Eine Schwangerschaft zwang den Vater zur Zustimmung der Ehe, die drei Söhne hervorbrachte. 1890 ließ Maria sich von ihm faktisch trennen, um dadurch einen Teil des Familienerbes zu schützen, da eine anständige Ehegemeinschaft, wie schon zu Anbeginn unschwer zu erkennen war, nicht absehbar war. Der Schürzenjäger erlaubte sich lieber teure Luxusgüter und verfolgte – während seine Ehefrau das dritte Kind erwartete – schon andere abenteuerlichen Liebschaften, wie die mit Barbara Leoni.
Am 2. April 1887 in Rom im Zuge eines Konzertes traf der „Raubvogel“, so nannte der französische Literaturnobelpreisträger Romain Rolland den italienischen Dichter, Barbara Leoni. Elvira Natalia Fraternali Leoni, wie sie eigentlich hieß, wurde von ihm in „Barbara“ umbenannt. Sie ließ sich von D'Annunzios verführerischer Kraft schnell erobern. Die Frau aus einer respektablen Mittelstandsfamilie entzündete seine Leidenschaft: schön, brünett, mit großen schwarzen Augen, schlank und blass, ferner war sie auch gebildet und sensibel und vor allem, was für einen Mann wie D'Annunzio vielleicht nicht weniger wichtig war, bereit für jedes Abenteuer und jede sexuelle Erfahrung, selbst die verrücktesten.
Diese lodernde Liebe, die am 4. April 1887 mit einem Kuss "gekniet vor den Gittern" des Kreuzgangs der Heiligen Vincenzo und Anastasio, auf dem Platz des Fontanone begann, endete im Jahre 1892. Aber die „Beutegier“ des „Raubvogels“ endete nicht mit Barbara Leoni. Seine nächste Liebe war die Prinzessin Maria Gravina Cruyllas di Ramacca, die mit dem Graf Anguissola di San Damiano in einer unglücklichen Ehe lebte. Sie war begeistert von D'Annunzios Tapferkeit. „Moriccia“, nannte sie der Dichter. Diese Frau mit großer schlanker Figur, roter Strähne in der schwarzen Haarpracht, übte eine reizvolle Wirkung auf ihn aus, sodass er von der moralischen Pflicht, verheirateten Frauen mit Kindern keine Avancen zu machen, keinen Abstand hielt. Diese Liebschaft mit der „besitzergreifenden und auch gewalttätigen“ sizilianischen Adligen nahm ebenfalls tragische Züge an: als der Ehemann die Liebenden in der Wohnung in der Via Caracciolo in Neapel überraschte, verklagte er beide wegen Ehebruches.
Für fünf Monate sollten der besitzergreifende Dichter und die hingerissene Prinzessin ins Gefängnis – dank einer Amnestie wurden beiden im letzten Moment noch davor errettet. Dies war nur ein Teil der tragischen Liebesidylle, es kam noch härter für die beiden. Völlig verschuldet mussten beide erleben, dass der Gerichtsvollzieher ihren gesamten Besitz pfändete, einschließlich der schönen Kleider des Dandys. So endete auch diese turbulente Liebschaft mit einer Frau, die in einer Korrespondenz mit einem Freund über den italienischen Charmeur einmal sagte: „Ich liebe mit meinem ganzen Herzen einen Mann, der nicht einmal meinen Respekt verdient.“ Doch „der wunderbarste Liebhaber seiner Zeit“, so beschrieb ihn die US-amerikanische Tänzerin Isadora Duncan, ließ sich durch eine solche Episode ganz gewiss nicht aus der Fassung bringen, da ihn grundsätzlich die „Unmöglichkeit des Verzichts“ beherrschte.
Fortsetzung folgt
Foto:
Maria Hardouin, einzige Ehefrau D'Annunzios
©Quello che piace a Valeria
Info:
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