Ausstellungseröffnung „Welterbe des Mittelalters“ bis 20. Oktober 2024
Sabine Zoller
Konstanz (Weltexpresso) Mit einer großen Landesausstellung widmet sich Baden-Württemberg dem Welterbe des Mittelalters und präsentiert vom 20. April bis 20. Oktober 2024 in Konstanz einem ganz besonderen Jubiläum: „1300 Jahre Klosterinsel Reichenau“ zu sehen im Archäologischen Landesmuseum Baden-Württemberg. „Die Besucherinnen und Besucher erwartet eine der beeindruckendsten Sonderausstellungen des Jahres mit seltenen Einblicken in das geistige und kulturelle Leben des Mittelalters“, so Arne Braun zur Pressekonferenz. Der Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg betont das kulturelle Erbe und die besonderen Schätze, die die Klosterinsel Reichenau als UNESCO Weltkulturerbe zu bieten hat.
Klostergründung im Jahr 724
Der Heilige Pirmin gründete 724 das Kloster Reichenau, das sich zu einem der wichtigsten religiösen, kulturellen und politischen Zentren des Mittelalters entwickelt hat. Zur Ausstellung kehren nun „nach über 1.000 Jahren fünf von der UNESCO ausgezeichnete Handschriften aus Paris, Cividale del Friuli, Trier, Aachen und Darmstadt wieder an den Bodensee und damit an den Ort ihrer Entstehung zurück“, so Prof. Dr. Eckart Köhne. Der Direktor des Badischen Landesmuseum in Karlsruhe und Leiter der gesamten Ausstellung rückt neben kostbaren Exponaten der Goldschmiedekunst, Glasmalereien, Elfenbeinarbeiten, Skulpturen und Gemälden insbesondere die Fülle an Handschriften und Urkunden in den Fokus, die die Ausstellung des Badischen Landesmuseums in Konstanz ergänzen. „Statt Kaiser und Weltgeschehen sehen wir kostbare Stücke und Prachtbände, die uns nationale wie internationale Leihgeber zur Verfügung gestellt haben.“ Insgesamt werden 80 Handschriften ausgestellt, darunter 16 Prachthandschriften. Damit bietet die Große Landesausstellung die größte jemals realisierte Zusammenkunft von Reichenauer Handschriften. „Handschriften sind nahezu das Aufwändigste und Fragilste, was ein Museum ausstellen kann. Die Präsentation erfordert besondere klimatische Bedingungen, spezielle Vitrinen und eine sorgsame Lichtführung. Wir sind sehr glücklich, dass wir die kostbaren Handschriften jeweils mindestens drei Monate zeigen können, verteilt auf beide Hälften der Laufzeit. Den Besucherinnen und Besuchern bietet sich die einmalige Gelegenheit, die Entwicklung der Buchmalerei vom 9. bis 11. Jahrhundert auf der Reichenau nachzuvollziehen und die Handschriften und Stile miteinander zu vergleichen“, so Köhne.
Einblicke in das geistige und kulturelle Leben des Mittelalters.
Die Blütezeit der Insel Reichenau markiert eines der wichtigsten Kapitel der europäischen Geschichte: So abgeschieden das Kloster auch erscheint, im Früh- und Hochmittelalter war der Konvent politisch und kulturell weitreichend vernetzt und pflegte Beziehungen von Irland bis Jerusalem und von Skandinavien bis Nordafrika. Bester Beleg dafür ist das sogenannte „Reichenauer Verbrüderungsbuch“. Mit insgesamt 38.000 Namen bietet die überlieferte Handschrift, die unter den wenigen in Europa erhaltenen Exemplaren als umfangreichste gilt,
Namen, die sich wie das Who is Who des Mittelalters lesen. Angefangen bei Karl Martell, folgen Herrscher wie König Æthelstan von England (um 1000), eingetragen vom Bischof von Worcester, oder Odo von Châtillon, der als späterer Papst Urban II. zum Ersten Kreuzzug aufrief. Über sieben Jahrhunderte wurde dasVerbrüderungsbuch bis ins 16. Jahrhundert geführt. Über 100 Klöster und geistliche Gemeinschaften sind darin nachzuweisen und Beweis dafür, welch große Anziehungskraft das Kloster während der Blütezeit der Reichenau besaß.
Gesamterlebnis
Die Große Landesausstellung „Welterbe des Mittelalters“ ist ein Gesamterlebnis: „Die besondere Anziehungskraft ergibt sich aus dem doppelten UNESCO-Welterbe-Status. Parallel zu den kostbaren Handschriften, die wir in Konstanz ausstellen, können die Besucherinnen und Besucher die Original-schauplätze auf der Insel in Augenschein nehmen. In nur neun Kilometern Entfernung liegt das einzigartige Ensemble der drei mittelalterlichen Kirchen St. Georg, St. Maria und Markus und St. Peter und Paul, die zum Welterbe der Menschheit zählen. Diese räumliche Nähe zu den noch immer fortlebenden spirituellen Traditionen auf der Klosterinsel verleiht der Ausstellung eine außergewöhnliche Authentizität und Direktheit“, betont Köhne. Nicht nur die Inselgemeinde der Reichenau, auch die Mönche der Cella St. Benedikt haben das Ausstellungsprojekt unterstützt und begehen das 1300-jährige Jubiläum mit zahlreichen Veranstaltungen.
Foto:
Das „Reichenauer Verbrüderungsbuch“ – Liste der verstorbenen Wohltäter, Reichenau um 823/24 – Zürich, Zentralbibliothek
Das „Reichenauer Verbrüderungsbuch“ mit Schriftauszügen an der Wand
©Zoller
Info:
Große Landesausstellung 2024
Welterbe des Mittelalters – 1300 Jahre Klosterinsel Reichenau
20. April – 20. Oktober 2024
Konstanz, Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg,
und Insel Reichenau
Di–So, Feiertage 10–18 Uhr
14 Euro, erm. 11 Euro, 6–17 Jahre 5 Euro