ella 7741Ein Porträt

Hanswerner Kruse

Steinau / Plauen-Zwickau (Weltexpresso) - „Was macht eigentlich Ella Späte?“, fragen die Leute, wenn die Mitbetreiberin des Steinauer Theatriums und Kulturpreisträgerin des Main-Kinzig-Kreises wieder einmal „unterwegs“ ist.


Denn manchmal sitzt sie vor dem Steinauer Marstall in der Sonne und näht Rattenschwänze oder plant auf der Bühne den Schauplatz für „Don Camillo“. Doch oft ist sie auch bundesweit als Bühnen- und Kostümbildnerin unterwegs. Sie fühlt sich dadurch nicht hin- und hergerissen, sondern freut sich auf die Abwechslung vom Leben im Bergwinkel.



Derzeit hat sie die Komplettausstattung für das Shakespeare’sche Bühnenspiel „Richard III“ übernommen, das am 21. September Premiere im Theater Plauen/Zwickau haben wird. Das Besondere der Inszenierung ist, dass mit fast lebensgroßen Puppen gearbeitet wird. Den sechs menschlichen Schauspielerinnen werden gut 50 - von Späte entworfene - Figuren gegenübergestellt. Die verkörpern beispielsweise Massenszenen, doch 15 von ihnen haben sogar Namen und Rollen. Alle diese Gestalten werden von zwei Puppenspielerinnen geführt.

Foto links: Erste Modelle im Frühjahr 2024



Die  weißen eigenartigen Wesen haben eine verfremdende Wirkung, sie erzeugen eine surreale und traumartige Stimmung. Da das Werk des britischen Dramatikers recht brutal ist, manche Szenen sind gar nicht darstellbar, darf durchaus auch mal eine künstliche Figur „geschlachtet“ werden. Für ein makabres Foto von uns zieht Späte einer Puppe die Gedärme heraus, das ist - ganz im Geist von Shakespeare – derb komisch und schauerlich zugleich. Bereits vor längerer Zeit fertigte sie in der Steinauer Werkstatt die Modelle für das  Bühnenbild.



Bis vor kurzem arbeitete sie mit der Figurengestalterin Lisa Böll aus München im Steinauer Atelier an ihren Geschöpfen (Bild links). Sie ist stolz auf ihr kreatives Trio, dem auch die Modedesignerin Esther Melhorn aus Berlin angehört. Kurz bevor sie die fertigen Gestalten in ihr Auto packt, lädt sie noch schnell zu einem Fototermin.

Als sie 2017 mit Detlef Heinichen das Steinauer Theatrium übernahm, hatte sie bereits vorher zwei Jahre lang bei den Hersfelder Festspielen als Kostümdirektorin gearbeitet, übrigens auch ihre erwachsene Tochter als Maskenbildnerin. Und sie war an weiteren ost- und westdeutschen Theater- und Opernhäusern kreativ tätig. 




In den 1980er-Jahren studierte Späte an der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) in Dresden und wurde Diplom-Bühnen- und Kostümbildnerin. Sie durchlief alle Abteilungen des Theaters, ebenfalls das in der ehemaligen DDR sehr angesehenen Puppenspiel. Dort lernte sie auch Heinichen kennen. „Damals dachte ich, den hole ich mir später,“ erzählt sie und lacht, aber es dauerte noch zwei Jahrzehnte bis die beiden zusammenkamen und ein Paar wurden. Denn Heinichen wurde aus der DDR ausgebürgert und kam erst viel später nach Dresden zurück (wir berichteten). Seit 2015 sind die beiden verheiratet.

Die vielseitige Künstlerin arbeitet nicht nur als Planerin und Entwerferin an großen deutschen Bühnen oder gibt Unterricht, sondern sie ist auch bei der Produktion historischer Filme gefragt. Oder sie unterstützt Museen bei der dreidimensionalen Rekonstruktion historischer Figuren. Zum Schluss unseres Gesprächs weist sie noch darauf hin, dass sie sich immer noch fortbilde und mit ihrem Trio gerne Auftragsarbeiten übernehme, etwa Figurenausstattungen, Spezialkostüme oder die Gestaltung beweglicher Maskottchen. Etwa Seelöwen, die so gearbeitet sein mussten, dass verschiedene Leute hineinpassten.

Aus Plauen/Zwickau schreibt uns Ella Späte über ihre aktuelle Arbeit:

„Ich betreue die Proben, weil sich bei der Spielbarkeit von so großen Figuren, Wünsche bei den Spielerinnen auftuen. Da braucht es einen Griff hier oder einen Knauf dort, dass sich die großen Biester organisch bewegen lassen. Ich habe Werkzeug mit, springe herbei und erledige das an Ort und Stelle.

Wenn die Kostüme von den ‚Menschen‘ dazu kommen, überprüfe ich, ob alles richtig passt und die Damen sich, entsprechend der Regie, bewegen können. Dafür gibt es aber eine hauseigene Schneiderei, welche die Kostüme herstellt und betreut. Dass alle Mitwirkende Frauen sind, entspringt einer Idee des Regisseurs, der ein stärkeres Frauen- als Männerensemble am Haus hatte.“

Fotos:
© Hanswerner Kruse

Info:
Der Weltexpresso über das Figurentheater am Beispiel des Theatriums
Zur Webseite von Ella Späte