"Richard III" im Theater Plauen-Zwickau
Hanswerner Kruse
Steinau / Zwickau (Weltexpresso) - Ella Späte, die Kulturpreisträgerin des Main-Kinzig-Kreises, entwarf die Komplettausstattung für das sensationell inszenierte Shakespeare’sche Drama „Richard III“ im Theater Plauen-Zwickau. Die bundesweit gefragte Bühnen- und Kostümbildnerin ist Partnerin des Steinauer Theatriums, das in Osthessen durch sein Figurentheater bekannt wurde.
Für „Richard III“, den größten Bösewicht der Theatergeschichte, entwarf sie das Bühnenbild, die Kostüme und Masken, sowie die etwa 50 Puppen und Figuren, die mit den sechs Schauspielerinnen in diesem Stück agieren. Viele ihrer Geschöpfe verkörpern Massenszenen, doch 15 von ihnen haben sogar Namen und Rollen. Ständig stolpern die Akteure über auf der Bühne liegende Gestalten, die von Richard getötete Rivalen symbolisieren. Die Königin trägt eine Latte auf den Schultern, an der Figuren hängen und manchmal belebt werden. Immer bewusst erkennbar sind die zwei Puppenführerinnen, manchmal treten sie hinter ihre Wesen zurück, oft jedoch verdoppeln sie sichtbar deren Ausdruck. Die großartigen, von Ella Späte entworfenen Kostüme und Masken sind zeitlos schrill oder fantastisch.
Richard giert nach der Macht und beseitigt brutal alle Verwandten und Widersacher, bis er endlich König wird. Doch auf dem Höhepunkt seiner Ambitionen überfallen ihn Skrupel und Zweifel: Das soll nun alles gewesen sein? Durch Ella Spätes Mitarbeit im Inszenierungsteam wird die letzte Königserzählung Shakespeares zum künstlerischen Bildertheater, das dem ortlosen Text und der gewaltigen Sprache des englischen Dichters gleichberechtigt entgegenwirkt: Daraus entsteht eine aufregende Hochzeit des dramatischen mit dem postdramatischen Theater.
Zeitgenössisches Figurentheater ist beileibe kein Kindertheater und die brutalen Machenschaften Richards sind nicht auf die Bühne zu bringen: normalerweise finden sie nur in den Fantasien der Zuschauer statt. Doch durch die fein ausgearbeiteten Puppen oder abstrakteren Figuren, kann vieles angedeutet und zugleich verfremdet werden. Etwa wenn die wollenen Gedärme aus einem großen Geschöpf geklaubt werden. Des Dichters derber Humor wird durch das Agieren der Figuren und ihrer zwei Lenkerinnen verstärkt. Die weißen eigenartigen Gebilde oder ausgeformte Wesen erzeugen eine surreale und traumartige Stimmung, doch zugleich haben sie eine desillusionierende Wirkung.
Im elisabethanischen Zeitalter durften Frauen kein Theater spielen, alle weiblichen Rollen wurden von Männern dargeboten. Regisseur Dirk Löschner hat das umgekehrt, sechs Frauen agieren in sämtlichen Rollen und schlüpfen ständig in andere Wesen; auch die mitagierenden Puppenführerinnen sind Frauen. Die Inszenierung ist auch eine riesige schauspielerische Leistung des weiblichen Ensembles! Dadurch entstehen eigenartige Irritationen und Spannungen - und die teils androgynen Figuren verweisen darauf, auch Frauen können nach Macht gieren. Claudia Lüftenegger als ungezügelter Richard ist ein kraftvolles kämpferisches Weib, das natürlich auch uns Zuschauer umgarnt, mächtig in ihren Bann schlägt und zu Komplizen macht.
Service
Bis zum Frühjahr 2025 wird das Stück noch in Plauen und Zwickau gezeigt.
www.theater-plauen-zwickau.de
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