Hamiffal, «die Fabrik», so heißt ein Kulturzentrum in Jerusalem
Redaktion tachles
Jerusalem (Weltexpresso) - Dort haben Daniella Ran, 28 Jahre alt, und Etl Niborski, 23 Jahre alt, eine besondere Veranstaltung organisiert, die sie «Zwischen nachten und morgen» nannten, auf Jiddisch also. Eine Veranstaltung, in der es um drei Sprachen, Texte in diesen Sprachen und die Übersetzung von einer in die andere ging. Die Sprachen sind natürlich Jiddisch sowie Hebräisch und Arabisch. Mit dabei: Ein Stand des «Educational Bookshop», jenes arabischen Buchladens in Ostjerusalem, der kürzlich von der israelischen Polizei gestürmt worden ist.
Anwesend an dem Abend: Ahmad Muna, der Besitzer des Landes, den die Polizei für 24 Stunden im Russian Compound, der Zentrale der Jerusalemer Polizei, festgehalten hat. Für ihn war dieser Vorfall beste Werbung, der Laden ist seither ständig gut besucht. Muna erzählt, dass die Polizei sogar eine Ausgabe von «Haaretz» mit Fotos von befreiten israelischen Geiseln beschlagnahmt hatte, das sei «Aufwiegelung».
Die beiden Organisatorinnen haben ihren sehr eigenen Zugang zu Jiddisch. Etl ist in dieser Sprache in Frankreich groß geworden, doch Daniella begann sie an der Hebräischen Universität zu lernen und entdeckte eine ganz neue jüdische Welt, von der sie nichts wußte. «Es gibt zwei Sprachen in Jerusalem, die uns verborgen bleiben», sagt sie. Die Sprache der arabischen Bevölkerung und das Jiddisch der Frommen. Man begegnet sich nicht. Und dann ist da noch etwas. Das Jiddische, so sagen die beiden Frauen, sei großartiger als Hebräisch. Da geht es nicht um Gewalt, auch wenn natürlich auch in der jiddischen Welt Frauen unterdrückt werden. Es ist eine Sprache, die keinen Boden, kein Territorium braucht. Viele Autoren konnte man hören an diesem Abend. Eyad Barguthy vom Van-Leer-Institut, Yael Levy von der Hebräischen Universität sowie Roy Greenwald von der Ben-Gurion-Universität führten durch das Programm. Dazu gab es immer wieder Lieder auf Jiddisch, Arabisch und Hebräisch, vorgetragen von dem Liedermacher Noam Enbar. Ein denkwürdiger Abend. Das Kulturzentrum war überfüllt. Viele Menschen standen, da es keine Sitzplätze mehr gab. Die Sehnsucht nach Gemeinsamkeit und ein Stück Frieden war groß.
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Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 7. März 2025