Stahlskulpturen auf dem Weg der Hoffnung an der „Zonengrenze“ durch Prominente niedergeschrieben und vorgestellt
Hanswerner Kruse
Fulda (Weltexpresso) - Der „Weg der Hoffnung“ auf dem alten Todesstreifen der DDR-Grenze zwischen Geisa und Rasdorf ist das bedeutsamste Werk des Metallbildhauers Dr. Ulrich Barnickel. Soeben hat die Point Alpha Stiftung ein neues Buch vorgestellt, in dem Prominente ihre Gedanken zu den einzelnen Stationen dieses Wegs mitteilen.
Barnickels riesige Stahlskulpturen auf dem Leidensweg Jesus sind keine realistischen Mahnmale, sondern abstrahierte szenische Darstellungen. Der Künstler schuf 14 Stationen des Passionswegs wie „Jesus wird ans Kreuz genagelt“. Einigen Werken fügte er DDR-Insignien zu, etwa eine Granatenhülse, über die Jesus stolpert. Doch durch Abstraktion und archaische Titel, wie „Gnade“ oder „Willkür“, rekurriert Barnickel auf elementare menschliche Gefühle. So werden die Plastiken zu offenen Kunstwerken, die von den Betrachtern im Kopf vollendet werden müssen. Es war naheliegend, dass die Stiftung bekannte Ost- und Westbürger bat, ihre persönlichen Assoziationen zu den Objekten zu formulieren.
Zur Vorstellung der Textsammlung „Freiheit und Würde“ kamen neben Barnickel auch zwei Mitautoren des Buches: Hildigund Neubert, die sich stark für die Aufarbeitung der DDR-Geschichte engagierte und der ehemalige Thüringer Bischof Dr. Joachim Wanke. Neubert las ihre Gedanken zur Station „Entwürdigung“ und schlug den großen Bogen der sozialen Funktion von Kleidung bis zum „seiner Kleider beraubten Jesus“ - so der christliche Titel dieser Skulptur. Sie sprach von entblößten vergewaltigten Frauen und nackten todgeweihten Menschen vor den Gaskammern der Nazis: „Der unfreiwillig Nackte verliert einen wichtigen Teil seiner Individualität.“ Wie viele der Autoren beschrieb sie zunächst die Skulpturengruppe, formulierte ihre persönlichen Assoziationen und stellte diese dann in zuversichtliche christliche und weltliche Zusammenhänge: „Die Erzählung davon lässt auf ein menschliches Zusammenleben hoffen...“
Wanke las humorvoll seinen Text zum „Trost“, Neubert trug hoffnungsvolle Beiträge weiterer Schreiber vor. Viele reflektieren ihre schrecklichen Erfahrungen in der DDR, einigen Geschichten ist der unbewältigte Schmerz noch eingeschrieben. Manche Autoren gehen aber auch sarkastisch mit dem DDR-Terror um, wie Lutz Rathenow im Kapitel „Unterdrückung“. Hatte die Familie ungebetenen Besuch vom Sicherheitsdienst, putzte seine Mutter danach immer gründlich: „Der Dreck, den die Stasi reinschleppt, muss weggemacht werden, sagte sie.“
Die 14 Berichte sind sehr verschieden, manche lesen sich wie Geschichtsbücher, andere sind eher poetisch: „Es ist ein wunderbares Gefühl, von etwas zu singen, das sich andere noch nicht mal zu sagen trauen“, schreibt Liedermacher Stephan Krawczyk. (((„In Diktaturen ist der Sänger wie eine Oase in der Wüste. Die Menschen kommen, um zu trinken. Sie trinken Offenherzigkeit...“))) Gemeinsam ist vielen Texten die Mahnung, dass „wir dafür verantwortlich sind, dass sich das Erlebte nie mehr wiederholen darf“, so Dr. Bernhard Vogel. Erstaunlicherweise erinnern lediglich Neubert und ein weiterer Autor an das Leid jüdischer Menschen und die millionenfachen Morde der Nationalsozialisten. Vom derzeitigen Flüchtlingselend konnte im Buch dagegen ja noch keine Rede sein. Doch Berthold Dücker, Mitarbeiter der Stiftung, wies in seiner Begrüßung der zahlreichen Gäste eindringlich darauf hin, angesichts des aktuellen Leids vieler geflüchteter Menschen sei das Thema „Freiheit und Würde“ hochaktuell.
Info:
Point Alpha Stiftung (Hrsg.): Freiheit und Würde - Reflexionen zum Weg der Hoffnung, Parzellers Buchverlag, Softcover mit zahlreichen großformatigen Fotos, 88 Seiten, 19,95 Euro