Mit der furiosen Show „20 Jahre“ waren sie im Kultursommer des Main-Kinzig-Kreises zu Gast

Hanswerner Kruse

Schlüchtern (Weltexpresso) - Sehnsuchtsvoll im gebrochenen Deutsch säuselte der spanische Sänger Iglisias (Jan Melzer)  von den Fahrkünsten seiner Geliebten. Dagegen kreischte dann Mandy, eine sächsische Flamenco-Sängerin (Sanna Nyman), „Bockwurscht allemania / statt spanisch Gamba!“

 

Für ihre Parodien nutzten die Musiker nur wenige Requisiten - mal eine Sonnenbrille, mal eine Perücke oder einen Hut - und vertrauten ganz ihren Stimmen und mimischen Talenten. Die einzigen Instrumente waren einmal iberische Kastagnetten, alle anderen Töne produzierten die vier Entertainer meist lautmalerisch selbst.

Schon bei der ersten Darbietung, einem Jazzstück Glen Millers, suchte man vergebens den - Trompete, Bass und Schlagwerk produzierenden - Synthesizer.
Als „veganes Orchester unter Leitung von Ferdinand Hirse“ präsentierte die Combo eine „Ode an den Grünkernflieger“: „Flieg, Bratling, flieg /in blaue Fernen/ bis zu den Sternen“ zu Klängen von Johannes Brahms. Peter Maffays „Es war Sommer“ wurde kunstvoll dargeboten, authentisch mit rollendem R wie vom Meister selbst. Doch anschließend  analysierte und sezierte Tobias Hanf als Musikwissenschaftler ernsthaft die Liedzeilen Maffays so hochelaboriert, dass die Zuschauer vor Lachen fast unter den Stühlen lagen.


Die absonderliche Comedy-Gruppe ist nicht nur komisch sondern musikalisch und schauspielerisch unglaublich versiert, dazu intelligent, spontan und abwechslungsreich. Die Musiker ließen als Stimmenimitatoren zwei Dutzend lebende und tote Prominente im Zelt erscheinen oder saßen mit ihren Reisekoffern auf der Bühne und klopften, trommelten oder kratzten damit einen wilden Rhythmus. Nach der Befragung einer Frau namens Babs aus dem Publikum, schuf das Ensemble aus deren Antworten ein spontanes Liebeslied. Zwischen den kuriosen Darbietungen gab es wenige, einfach nur schöne klassische A-capella-Gesänge: „If I fall in love with you.“


Einer der Höhepunkte des Abends war der exklusive Schlüchterner Auftritt des sensiblen Schlagersängers Florian Klüver (Frank Valet), der sich vor vielen Jahren, angewidert vom Musikgeschäft, auf seinen Ökohof zurückgezogen haben soll. Vor der Darbietung verteilte Jan Melzer Kunstblumen, Frauenschlüpfer und Kuscheltiere an die weiblichen Zuschauer und bat: „Sagt ihm was Schönes wenn er ins Publikum kommt. Vielleicht, ich will ein Kind von dir!“ Die bejubelten Gesänge des einstigen Stars in Lederhose gingen nacheinander über in einen finsteren Gangsta Rap, kreischende Heavy Metal Gitarren und die Flöte Ian Andersons (dem Leader der Rockband Jethro Tull).


Das hingerissene Publikum trotzte dem großartigen Quartett etliche Zugaben ab. Für den nun beginnenden Kultursommer war diese Aufführung ein wunderbarer Einstieg.

Foto: hwk
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