Serie: Drei Jubiläumsausstellungen: 150 Jahre Gustav Klimt in Wien, Teil 6
Claudia Schulmerich
Wien (Weltexpresso) – Auf der linken Seite steht Pallas Athene, die ihren Speer mit der ausgetreckten Linken fast bis zur Bogenmitte reckt. Bevor wir uns ihr zuwenden, wollen wir erst rechts von der Ägypterin, zwischen den beiden Säulen die Ägyptische Kunst II betrachten, wo es schon weitaus ägyptischer zugeht und ein Sarkophag abgebildet ist und eine Isisstattuete. Weiter nach rechts dann folgen ein Mann, der Humanismus und Spätgotik/Renaissancemalerei verkörpert u.a..
Wir genießen das außerordentlich, hier oben zu stehen und in völliger Ruhe diese Klimts anschauen zu können und gehen zurück zur Pallas Athene, sehen oben links über Ägypten 1 die charakteristische Signatur von Gustav Klimt mit eigenen Augen – was man natürlich - wie die Figuren selbst - von unten niemals sehen könnte. Der Analogie und Symmetrie zur ägyptischen Schönen geschuldet, mußte auch Pallas Athene hier als eine Ganzfigur dargestellt werden, wie in der Regel auch in den griechisch/römischen Skulpturen. Sie trägt ein rotes fließendes Gewand, das in der typischen Manier der griechischen Vasenmalerei zweifach um die Taille gerafft ist, vor allem aber um Schultern und Brust den hier goldenen Schuppenpanzer, die Ägis zeigt.
Athene ist ja in dieser Funktion die Göttin des Krieges, des Kampfes, auch wenn das Medusenhaupt nur klein wie ein Medaillon, wie ein Schmuckstück um den Hals wirkt. Die Pallas Athene muß den Kriegshelm tragen, der hier allerdings dezent und weiblich als goldene Kappe mit dem goldenen Schild hinter ihr zur Decke hin verschmilzt, während man sehr deutlich die braunen Haare wie Schlangen beidseitig der Brust fast bis auf die Taille fallen sieht. Wichtig ist die kleine Nike in ihrer Rechten, die sie ins Treppenhaus reckt. Die nackte Siegesgöttin werden wir an anderer Stelle wiederfinden, beispielsweise auch in dem im Wien-Museum ausgestellten Gemälde Pallas Athene als kleine nackte weibliche Gestalt – Nuda Veritas - , die die Göttin uns entgegenstreckt, während ihre Linke auf dem Speer ruht.
Übrigens beruft sich der Katalog auf Seite 26 darauf, daß die auffallende Beliebtheit antiker Themen in der Wiener Kunst mit Wien und einem hiesigen Gelehrten zu tun habe, was sich nicht nur auf Sigmund Freud zum Beispiel oder Hugo von Hofmannsthal – und in der Folge dann auf etliche Straussopern - ausgewirkt habe. Dort heißt es „Allein schon daraus mag erklärbar sein, daß Gustav Klimt als Logo der Wiener Secession den – behelmten- Kopf der Pallas Athene gewählt hat, welches Motiv dann in den Publikationen der Künstlervereinigung häufig Verwendung fand…“ Diese Sichtweise finden wir zu wienbezogen. Denn die Göttin Athena war in ihren mehrfachen Funktionen immer auch Göttin der Weisheit und Göttin der Kunst. Aus diesem Grunde hatte sie die Münchner Sezession schon 1892 zum Abbild erkoren. Daß Wien folgte, wäre logisch und nicht unbedingt „wienerisch“. Was Klimt dann aber mit der Nike als Nuda Veritas machte, das ist rein klimtisch!
P.S. Auf den interessanten Zusammenhang des Bildnisses Krönung Mariä von da Fabriano und der angewandten Ornamentik, von der Klimt seine dekorative Malerei entwickelt habe, was Thema der abgelaufenen Ausstellung und des Kataloges ist, können wir hier nicht eingehen.
Die Klimt-Brücke im Stiegenhaus steht bis Januar 2013.
Zur Klimt-Ausstellung bis Mai hatte das Kunsthistorische Museum einen Katalog herausgegeben, in dem auch einige Ausführungen zu den 13 Klimtbildern zu finden sind:
Gustav Klimt. Im Kunsthistorischen Museum, hrsg. Von Sabine Haag, KHM 2012
Auf alle anderen der 13 Klimtfiguren müssen wir hier verzichten. Selber schauen. Die Brücke bleibt bis in den Januar 2013 stehen!