Serie: Mit dem MARITIM Hotel ein kulturelles Wochenende in Würzburg, Teil 6/6

 

Claudia Schulmerich

 

Würzburg (Weltexpresso) – Künstlerisch konträr sozusagen zur Ständigen Ausstellung der KONKRETEN KUNST, ist Hermann Hesse im Würzburger Kulturspeicher mit seinen lichten und farbenfrohen Aquarellen und Federzeichnungen eingezogen, die als Erinnerungsausstellung aus Bern nach Würzburg kommt und die allermeisten erst einmal verblüfft, daß nämlich der weltbekannte Dichter und auch Nobelpreisträger überhaupt gemalt hat.

 

Ob es der Überraschung und Doppelbegabung geschuldet ist, daß so viele Leute kommen – die Ausstellung war am Samstag nachgerade überfüllt – oder dem echten Interesse oder gar der Tatsache, daß Hermann Hesse mit Würzburg etwas Innerliches verbindet, kann man nicht entscheiden. Wir auf jedenfalls wußten von letzterem auch nur die Hälfte, daß er 1928 die wegen ihrer südlichen Atmosphäre von ihm geschätzte Stadt Würzburg besucht hatte und sie nicht nur in NARZISS UND GOLDMUND verarbeitete hatte, sondern in dem Prosatext EINST IN WÜRZBURG schrieb: „Wenn ich ein zukünftiger Dichter und gerade mit der Wahl meines Geburtsortes beschäftigt wäre, dann würde ich die Stadt Würzburg sehr mit in Erwägung ziehen“.

 

Sicher erklärt dies auch, warum diese Ausstellung nach Bern und dem Museum Hermann Hesse in Montagnola im Tessin , wo Hesse lange lebte, - von beiden wurde sie grundsätzlich erarbeitet - als dritte und letzte Station nun im Kulturspeicher in Würzburg zu sehen ist. Dieser Kulturkomplex hätte dem Multitalent Hesse sicher gefallen: auf der einen Bühne eine Dichterlesung halten, woanders legt ein Tanztheater los, Musik ist auch dabei und Kabarett sowieso und sich dann mit der Bildenden Kunst alle Künste hier die Hände geben.

 

Tief im Herzen war Hesse nämlich ein nach Harmonie strebender Mensch, was nicht einfach ist und sogar widersprüchlich wird, wenn man auch für das Aussprechen von Wahrheiten ist und das Leben eines Menschen als ihm und nicht der Konvention gehörig versteht. Dann nämlich lebt man inmitten von Konflikten, die dem Inneren widerstreben, weshalb Entscheidungen, auch Lebensentscheidungen mal so, mal so ausfallen, bis man innerlich so krank geworden ist, daß eine Kompensation gesucht und gefunden werden mußte, will man nicht das Ende seines Lebens feststellen.

 

Hesse fand die Psychoanalyse und mit dieser seinen Analytiker Lang, der ihm riet seine heftigen nächtlichen Träume 1916/17, die seine Tage bedrohten, doch neben einem Traumtagebuch auch in Bildern festzuhalten. Die Ausstellung tut gut daran, diesen Zusammenhang von Leben und künstlerischem Ausdruck nicht nur zu benennen, sondern zum eigentlichen Thema zu machen. Interessant nämlich ist, daß andere Menschen infolge solcher inneren Konflikte zu schreiben anfangen, hier bei Hesse aber Schreiben und Malen zwei verschiedenartige Wege wurden, ihn mit dem Leben ins eins zu bringen und so etwas wie innere Harmonie und Gehaltensein in der Welt zu erzeugen.

 

Daran nun kann der Ausstellungsbesucher teilnehmen, denn zum 50. Todestag wird das Leben Hesses an seinen Bildern nachvollzogen. Auch die weiteren Dokumente wie Briefe, bebilderte Briefe und Dokumente sowie Fotos und seine Schriften haben Teil an diesem Lebensbericht, den man an der zeitlichen Abfolge seiner Malereien nachverfolgt. Er hält in den TRAUMBILDERN nun die Träume fest und zeichnet akribisch seine kleine festgezurrte Welt in Bern, mit Ehefrau und drei Söhnen, die er 1919 verläßt und ins Tessin ging. Seine Gefühle von Befreiung und aufkommender Lebenslust vermitteln die Aquarelle mit den sanften Farben: umschattete Berge, immer wieder grüne Bäume, die leicht in Wald übergehen, sanfte Hügel, Wiesen, viel Wasser, rotgedeckte Häuser, Blumen – und kein Mensch in der weiten Landschaft. Wirklich (fast) nie. Daß Hesse zudem auch mit dem Pinsel experimentierte, zeigen die kubistischen Anklänge einiger Aquarelle.

 

Das sind allesamt, auch von den Größen von ca. 31 x 24 Zentimetern her, Bilder, die sich jeder gerne an die Wand hängen möchte. Sie sind meist in den Zwanzigern geschaffen worden und wenn gesagt wird, daß Hesse sich nicht der Bildsprache seiner Zeit bedient hätte, stimmt das nur zur Hälfte. Er malt nicht neusachlich, aber er malt sein Leben lang so, wie er es bei seinem Vorbild August Macke sah. Diese Formen des Expressionismus wollen mit einem Bild eine innere Wahrheit ausdrücken, ein Gefühl, unabhängig von der konkreten Wirklichkeit, durchaus aber in Anlehnung an sie.

 

Das gilt auch für die wenigen Porträts, die meisten von sich selbst und dann vom Züricher Karneval, wo es ohne Menschen einfach nicht geht. Das war uns die nachdrücklichste Erfahrung, wie der Maler Hesse beim Malen der über 2 000 Aquarelle auf Menschen verzichten kann, die in seinem Schriftstellerwerk ja die erste Geige spielen und spielen müssen. Insofern erhalten Pinsel und Farben tatsächlich eine andere künstlerische Funktion als die Schreibmaschine oder der Stift.

 

www. kulturspeicher.de

 

bis 3.2. 2013

 

Katalog:

„...Die Grenzen überfliegen“. Der Maler Hermann Hesse, hrsg. Kunstmuseum Bern u.a., Kerber Verlag 2012

Als Einführung, auch als Interpretation von Hesse als Maler gelungen ist das erste Kapitel von Konrad Tobler ZWISCHEN ROMANTIK UNDMODERNE. HESSE ALS MALER IM KUNSTGESCHICHTLICHEN KONTEXT. Wenn der Verfasser Hesse so gerne als Romantiker bezeichnet, hat das auch mit der Tatsache zu tun, daß in der Epoche der Romantik Doppelbegabungen häufiger als sonst auftraten. Aber auch heute wäre mit Günther Grass einer, der als Schriftsteller aufgewiesen, ein ernsthafter bildender Künstler ist. Der Katalog setzt in den weiteren Beiträgen die Korrespondenz von Leben und Werk Hesses wie in der Ausstellung fort und vertieft diesen. Die ganzseitigen Abbildung haben immer wieder längere Zitate von Hesse zur Seite, oft überraschend. Ein feiner kompakter Band.

 

 

Info:

Daß das MARITIM Hotel Würzburg das erste Haus am Platz ist, bemerkt man allenthalben, wenn man in der Stadt unterwegs ist und darauf zu sprechen kommt. Aber hier bedeutet 'Erstes Haus' nichts Abgehobenes, sondern weist auf die Verschränkung des Hotels mit den Aktivitäten in der Stadt hin. Wer in Würzburg auf den Bühnen auftritt, beispielsweise, hat sein Zimmer so im MARITIM, wie die Gäste, die einzelner Aufführungen oder der Festivals wegen nach Würzburg kommen. Das MARITIM liegt sehr günstig. Wir sind mit dem Wagen von der Autobahn über die Friedensbrücke gekommen, wo es gleich rechts liegt. Direkt am Main, was alle diejenigen begeistert, deren Zimmer auf dieser Seite den Blick über den Main hinauf zur Festung Marienberg möglich machen. Aber auch die anderen können dies in den öffentlichen Räumen, Terrassen und Restaurants erleben.

 

Die barocke Altstadt ist ein Katzensprung entfernt und auch der Bahnhof bleibt unter einem Kilometer entfernt. Sie können alle Sehenswürdigkeiten zu Fuß erreichen – der Kulturspeicher liegt vor der Tür - und natürlich wird der in der ganzen Welt berühmte Frankenwein hier original in den Weinkellern und auf den Weinfesten ausgeschenkt. Im MARITIM Hotel Würzburg auch!

 

MARITIM Hotel Würzburg, Pleichtorstraße 5, 97070 Würzburg

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www.maritim.de