Ausstellungen 2013 im Haus der Kunst in München

 

Elisabeth Römer

 

München (Weltexpresso) – Das Haus der Kunst hat sich durch seine selbsreflektierende Ausstellung über seine jahrelange Gründungsphase als Haus der Deutschen Kunst und die Verwirklichung im Nationalsozialismus, die „dem  Deutschen“ ein besonderes Gerüchle,beifügte, neue Freunde gewonnen. Das Programm der letzten Jahre war stark auf die Gegenwart ausgerichtet. Hier das für 2013.

 

Kendell Geers 1988-2012

01.02.2013 – 12.05.2013

 

Kendell Geers' Leben und Werk lassen sich in zwei Werkphasen gliedern, die jeweils ein Jahrzehnt umfassen. Diese Phasen werden in der Ausstellung auf ihre Entwicklung hin untersucht. Über seine erste, politische Phase von 1989-2000 vermittelt die Ausstellung zum ersten Mal in Europa einen Überblick. Zu dieser Zeit lebte Kendell Geers als weißer Südafrikaner im System der Apartheid, wo er sich in seiner künstlerischen Praxis mit den

Widersprüchen der Moral und Ethik des Systems auseinander setzte.Über Akte der Aneignung von historischen Ereignissen und Ideen stellte er die Erfahrung des subjektiven Ichs in der Gesellschaft in den Mittelpunkt: Geers änderte sein Geburtsdatum in Mai 1968,

den Beginn der Studenten- und Bürgerrechtsbewegung ("T.W. [C.V.]") und trat zur Zeit der ersten demokratischen Wahlen in Südafrika jeder politischen Partei bei ("Untitled [ANC, AVF, AWB, CP, DP, IFP, NP, PAC, SACP]" 1993-94). Über die Verwendung gefundener

Objekte wie Stacheldraht, Neonleuchten oder Glasscherben fand er so zu seiner von Provokation, Humor und Gewalt geprägten Bildsprache.

 

Seine spätere, europäische Phase, eingeleitet mit dem Umzug nach Brüssel im Jahr 2000, ist geprägt von einer eher poetischen Ästhetik. Geers überführte seine aufrührerisches Praxis in einen postkolonialen, globaleren Kontext, indem er sich mit übergreifenden Erzählungen der Zeit wie Terrorismus, Religion und Sterblichkeit befasst. Geers folgt dennoch weiter seiner konzeptuellen Sprache der Aneignung und stellt sie in großformatigen Werken und skulpturalen Objekten dar.

 

Die Ausstellung vollzieht zudem den Einfluss von Sprache und Literatur nach. So können Leben und Werk des Künstlers als lebendes Archiv gesehen werden, bestehend aus politischen Ereignissen, Fotografien, Briefen und literarischen Texten. Diese dienen ihm sowohl als Inspirationsquelle und bilden gleichzeitig eine Fortsetzung seines Schaffens.

 

Die Ausstellung kuratiert Clive Kellner, ehemaliger Direktor der Johannesburg Art Gallery und derzeit Curator-at-large der Gordon Schachat Collection. Im Anschluss wird die Ausstellung in der South African National Gallery, Kapstadt, zu sehen sein.

 

 

Aufstieg und Fall der Apartheid: Fotografie und Bürokratie des

täglichen Lebens

15.02.2013 – 26.05.2013

 

Mit Fotografie, Kunst, Film, Video und Archivmaterial geht die Ausstellung der Frage nach, wie die Strukturen der Rassentrennung in Südafrika in das tägliche Leben verwoben und als Teil der bürokratischen Ordnung des Staates Südafrika normalisiert wurden. Sie erforscht die Bedeutung des 50 Jahre andauernden Rechtskampfes nach dem überraschenden Sieg der Afrikaner National Party 1948, bis zum Aufstieg Nelson Mandelas zum charismatischen Anführer der Opposition 1994, und schließlich den andauernden Einfluss von Apartheid auf die südafrikanische Gesellschaft.

 

Dennoch ist die Ausstellung keine Geschichte der Apartheid, sondern eine Untersuchung der normativen Symbole, Zeichen und ihrer fotografischen und visuellen Repräsentation. 1948 wurde die Fotografie aufmerksam auf die Veränderungen, die in Politik und

Gesellschaft stattfanden, und veränderte ihre visuelle Sprache von einem rein anthropologischen Mittel in ein soziales Werkzeug. Gerade aus diesem Grund konnte niemand sonst die Anstrengungen gegen Apartheid kritischer dokumentieren als südafrikanische Fotografen: sie zeigen ihre Mitbürger nicht nur als Opfer, sondern auch als Vertreter ihrer eigenen Emanzipation. Durch eine Auswahl von fast 500 Fotografien, Filmen, Büchern, Magazinen, Zeitungen und ausgesuchtem Archivmaterial bietet die Ausstellung einen umfangreichen Überblick über die visuellen Reaktionen auf Apartheid.

 

Arbeiten der Mitglieder des "Drum Magazine" in den 1950er-Jahren bis zum Afrapix Collective in den 1980er-Jahren und der Reportage des so genannten Bang Bang Clubs sind in der Ausstellung ebenso zu sehen wie Werke von bspw. Leon Levson, Eli Weinberg, Peter Magubane, Ernest Cole, Alf Kumalo, Jürgen Schadeberg und David Goldblatt. Außerdem verdeutlichen Arbeiten einer neuen Generation südafrikanischer Fotografen wie etwa Sabelo Mlangeni und Thabiso Sekgale die Auswirkungen von Apartheid, die

bis heute spürbar sind.

 

Die Ausstellung wird von Okwui Ewenzor und Rory Bester kuratiert

und hat ihre Premiere am International Center of Photography in

New York (14.09.2012 – 06.01.2013).

 

 

Mel Bochner – Wenn sich die Farbe ändert

07.03.2013 – 23.06.2013

 

Mel Bochner (geb. 1940 in Pittsburgh, Pennsylvania) gilt als einer der Begründer der Konzeptkunst. Er gehört damit zu einer Künstlergeneration, die zu Beginn der 1960er-Jahre dieVorrangstellung der Malerei in der Kunst radikal aufgebrochen hat.Bochner realisierte dies unter anderem durch die Einführung von Sprache. In seiner jüngeren Werkentwicklung beschäftigt sich Bochner zunehmend mit einer Überprüfung des einst verschmähten Mediums, wobei ihm die eigene konzeptuelle Bildsprache zu Erkenntnissen über die neuen Möglichkeiten der Malerei verhilft.

 

Die Ausstellung zeigt die Beziehungen auf, die zwischen Bochners Verwendung von Sprache und Farbe in den 1960er/70er-Jahren und seinen Werken der letzten zehn Jahre bestehen. Sie umfasst verschiedene Medien, von den frühen kleinen Skulpturen und

Zeichnungen, über Installationen und Wandmalerei, zu Fotografien und Gemälden.

 

Die Ausstellung wird von Dr. Ulrich Wilmes kuratiert und in Zusammenarbeit mit der Whitechapel Gallery, London entwickelt. Dort ist sie vom 12.10.2012 – 30.12.2012 zu sehen.

 

 

Sammlung Goetz im Haus der Kunst, Teil 5

19.04.2013 – September 2013

 

In den 90er-Jahren, als Ingvild Goetz anfing, systematisch auch Medienkunst zu sammeln, wurden die theoretischen Grundlagen für die Gender Studies gefestigt, die uns mittlerweile durch die vergleichende Literaturwissenschaft, Kulturwissenschaft und Nachbardisziplinen vertraut sind. Die Werke, die Ingvild Goetz in ihre Sammlung von Medienkunst aufgenommen hat, spiegeln das damals rege Interesse an diesen Themen. Die ausgewählten Filme sind abden frühen 90er-Jahren entstanden. Mit ihren weiblichen

Hauptfiguren zeichnen sie Rollenbilder und damit ein bestimmtes Verständnis von Weiblichkeit oder vertreten explizit eine feministische Position. Mit Werken von Chantal Akerman, Rineke Dijkstra, Tracy Moffatt, Rosemarie Trockel u.a. vollzieht die Ausstellung die Entwicklungen des feministischen Diskurses seitden 90er-Jahren nach.

 

Kuratorin der Ausstellung ist Patrizia Dander.

 

 

Joëlle Tuerlinckx

WORLDK IN PROGRESS?

09.06.2013 – 29.09.2013

 

Das künstlerische Vokabular von Joëlle Tuerlinckx (geb. 1958 in Brüssel) zitiert die Gepflogenheiten, mit denen üblicherweise Archivmaterial präsentiert wird: Joëlle Tuerlinckx verbindet Zeichnungen und Fundobjekte, Papier, Vitrinen, Zeitungen und

Fotografien zu collagen- und skulpturhaften Arrangements. Eine zentrale Frage, um die sie mit diesen Arrangements kreist, ist die, was vom 20. Jahrhundert bleibt, und welche Konventionen wir nutzen, um unser Wissen darzustellen. Die Frage weitet sich aus

zur Frage nach der Beschaffenheit von Zeit: Ist sie nicht vielmehr dehnbar, als sie linear verläuft? Können wir unterschiedliche Schichten gleichzeitig wahrnehmen, Vergangenheit und Gegenwart?

 

Was begreifen wir als reale, was als parallele Welt, was als Original, und was als Imitation? Und gibt es Dinge, die uns entschlüpfen, die sich unserer Wahrnehmung entziehen? Für ihren ersten großen Auftritt in einer deutschen Institution reaktiviert

Tuerlinckx frühere Werke, fügt neue Teile hinzu, und schafft neue Konstellationen.

 

Kuratorin der Ausstellung ist Julienne Lorz.

 

Ivan Kožarić

Freiheit ist ein seltener Vogel

21.06.2013 – 22.09.2013

 

Ivan Kožarić (geb. 1921 in Petrinja, lebt und arbeitet in Zagreb) gehört zu den bedeutendsten zeitgenössischen Künstlern aus Kroatien. Ende der 1940er-Jahre beendete er seine Ausbildung an der Kunstakademie in Zagreb und entwickelte sich zu einer der wichtigsten künstlerischen Figuren innerhalb der Nachkriegs-Avantgarde-Bewegungen im ehemaligen Jugoslawien. Wenngleich Kožarić in Kroatien als anerkannter und einflussreicher Künstler gilt, stellt diese Übersichtsausstellung, die mehr als fünf

Jahrzehnte seines komplexen künstlerischen OEuvres präsentiert, die erste vertiefende Analyse seiner künstlerischen Praxis außerhalb Kroatiens dar.

 

Kožarić war Mitglied der von 1959 bis 1966 tätigen vantgarde-Gruppe Goronga, die in ihrer "Anti-Kunst" die geistige Haltung als vorrangig gegenüber der Form ansah. Auch danach behielt Kožarić den Sinn für Einfachheit und einen schnellen, erkennbaren Gestus bei. In seinen Arbeiten thematisiert er zudem die Grenzen der traditionellen Kunstgattungen. So bearbeitet er dasselbe Thema gleichermaßen in Skulptur, Zeichnung und Fotografie oder vergibt den gleichen Titel an ein Einzelwerk wie an eine Serie von Arbeiten. Kožarić, der bereits früh in seiner Karriere Anerkennung im Ausland fand, gilt heute als einer der einflussreichsten Künstler Kroatiens – sowohl innerhalb seiner

Generation, als auch für jüngere Künstler.

 

Kuratorin der Ausstellung ist Patrizia Dander.

 

 

Paper Weight – Genre-defining Magazines, 2000-Now

Juli 2013 – Oktober 2013

 

Eine Auswahl von 20 Magazinen zeigt, welche Faktoren die Produktion von Zeitschriften in den letzten 13 Jahren beeinflusst haben. In diesem Zeitraum haben sich die Medien an Modelle digitaler Publikation angepasst, um aktuell und relevant zu bleiben; gleichzeitig kamen neue und äußerst sorgfältig gestaltete Magazine auf den Markt. Die 20 ausgewählten Zeitschriften stechen durch ihr großes visuelles Engagement heraus, und jede definiertein bestimmtes Genre; sie nehmen einen bestimmten Standpunkt ein

und besitzen eine starke Persönlichkeit.

 

Da die Herausgeber das Publizieren weiterhin als kulturelle Praxisverstehen, wollen sie mit den Magazinen nicht nur kulturelle Artefakte schaffen, sondern kulturelle Veränderungen auch selbst hervorrufen. Ihre stark optimistische Sicht auf eine Welt, die sie selbst neu schaffen möchten, macht das Inspirationspotenzial dieser Magazine aus. Die Ideen zielen darauf, den Leser herauszufordern, zu überraschen und ihn anzuregen.

 

Zu der Auswahl gehören u.a. "032c", "Bidoun", "BUTT", "Fantastic Man", "Girls like us" und "Toilet Paper". Sie haben unterschiedliche Schwerpunkte wie Architektur, Kunst, Design, Mode und Sex; gemeinsam ist ihnen jedoch die hohe Qualität der Ausführung und die Ernsthaftigkeit ihrer Absicht.Ausstellungsarchitekt Andreas Angelidakis hat einen Parcours

entworfen, in dem jede Zeitschrift überdimensional und im jeweiligen kulturellen Kontext vorgestellt wird.

 

Kurator der Ausstellung ist Felix Burrichter.

 

 

Lorna Simpson

25.10.2013 – 02.02.2014

 

Die erste europäische Retrospektive über 30 Jahre des OEuvres von Lorna Simpson umfasst die Medien Fotografie, Film, Video und Zeichnung. Die afrikanisch-amerikanische Künstlerin, geboren in Brooklyn, New York, wurde Mitte der 1980er-Jahre mit

großformatigen Fotografie-Text-Arbeiten von konzeptueller Strenge und sprachlicher Prägung bekannt. Obwohl die Bilder durch den Text an Bedeutung gewinnen, ist die Verbindung zwischen beiden offen.Die Erzählweise ist nicht direkt und dokumentarisch, sondern anspielungsreich und kodiert; Geschichte und Handlung zu gestalten, ist der Fantasie des Betrachters überlassen.

 

Lorna Simpson nutzt die Figur der afrikanisch-amerikanischen Frau, um den konventionellen Blick auf Geschlechterrollen, Identität, Kultur, Geschichte und Gedächtnis herauszufordern und zu untersuchen, wie Interaktionen, Beziehungen und Erfahrung geformt werden. Mitte der 1990er-Jahre begann sie große, auf Filz gedruckte und aus mehreren Tafeln bestehende Fotografien herzustellen; die Tafeln werden meist von Text begleitet und deuten unterschiedliche Orte und Begegnungen an. In den letzten zehn Jahren wendete sie sich Film- und Videoarbeiten zu, in denen Personen intime und rätselhafte Konversationen haben, die das Mysterium von Identität und Sehnsucht gleichermaßen ansprechen.

 

Die Ausstellung zeigt außerdem eine große Auswahl an Zeichnungen und Aquarellen, die Lorna Simpson seit 2005 ausgeführt hat. In ihren jüngsten Arbeiten stellt sie Replikaktionen von Fotografien der 1950er-Jahre nach, in denen sie selbst die Position und Mimik der Dargestellten einnimmt.

 

Die Ausstellung wird kuratiert von Joan Simon und ist vom

28.05.2013 bis 01.09.2013 im Jeu de Paume, Paris, zu sehen.

 

 

Sammlung Goetz im Haus der Kunst, Teil 6

September 2013 - April 2014

 

Teil 6 der Kooperation zwischen Haus der Kunst und Sammlung Goetz ist der Verbindung zwischen Film und Malerei gewidmet. Die ausgewählten Arbeiten haben Bezüge zu Abstraktion, zum Stillleben, zum Tableau vivant, oder erlangen durch die Gestaltung von

Oberflächen haptische Qualitäten. Das Spektrum der formalen und inhaltlichen Bezüge reicht von der Übertragung von Mitteln der Malerei in das Medium Film bis zur konzeptuellen Analyse der Malerei innerhalb des Films, wie z.B. bei Seth Price. Mit Diaprojektionen, digitalen Animationen, Filmen und Videos von Paul Chan, Peter Fischli/David Weiss, Cyrill Lachauer, Fabian Marcaccio, Seth Price, Kathrin Sonntag, Sam Taylor-Wood u.a.

 

Kuratorin der Ausstellung ist Patrizia Dander.

Stand: 11. Dezember 2012, Änderungen vorbehalten

 

Die Liste der Ausstellungen in Herbst und Winter ist noch nicht vollständig.

 

www.hausderkunst.de