Musée Unterlinden, Colmar feiert bis 29. Oktober CORPUS BASELITZ zu dessen 80. Geburtstag, Teil 3/5
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Einfach gemein: Wenn es international heißt, anläßlich des 80. Geburtstags von Georg Baselitz sind in Basel, Berlin, München, New York und Washington Werke des deutschen Malers zu sehen, wird regelmäßig COLMAR vergessen. Nimmt man das wohlwollend, dann ist das Musée Unterlinden einfach so synonym mit Grünewalds Isenheimer Altar, daß man gar nicht auf die Idee kommt, nachzuvollziehen, daß gegenüber dem Museum in einem ehemaligen Kloster, in dessen Klosterkirche der Altar steht, sogar ein eigener moderner Komplex gebaut wurde, damit Ausstellungen ihren Platz finden.
Und in dem, einem ehemaligen Schwimmbad, ohne Scherze, ist nun im ersten Stock großzügig und inhaltlich geschlossen eine ganz besondere Schau zu sehen, die 70 Werke umfaßt, einerseits alle Genres des Künstlers vereinigt: Zeichnungen, Entwürfe, Malereien, Skulpturen; andererseits besitzen/haben die Exponate aus den Jahren 2014 bis 2017 fast monochrom/gam/ton nur ein einziges Thema : der Körper des Künstlers, will sagen, dessen Alterungsprozeß, wozu die Frage nach Baselitz‘ Bedeutung, will sagen, seinem Platz in der Kunstgeschichte gleich mitgestellt ist. Vornehm zurückhaltend, gar verschämt oder....war Georg Baselitz noch nie. Warum auch?
Er machte einen starken Eindruck, als er im Juni zur Eröffnung der versammelten deutschen und französischen Presse aufwartete und verdeutlichte, warum zur Hauptausstellung im benachbarten Basel diese Colmarer Ausstellung sein besonderes Ding ist. Stark, weil er weiß, was er will und weil er hellwach die Geschehnisse des Tages verfolgt und nicht nachläßt, mit Bildern zu antworten. Leider hat er bei dieser Vorstellung nicht wiederholt, was er in einem anderen Zusammenhang äußerte, daß nämlich die Ausbildung an Kunsthochschulen immer noch einer kleinbürgerlichen, also falsch verstandenen „Begabung“ folgt. „An Kunsthochschulen wird überprüft, ob jemand in der Lage ist, mit einem Bleistift eine interpretative und vergleichbare Ähnlichkeit herzustellen, und genau das kann ich nicht. Wer mit Punkt, Punkt, Komma, Strich ein Gesicht darstellt, wird abgelehnt, und wer es richtig macht, wird aufgenommen. Es ist nicht gefragt, wo der größere Geist steckt."
Und wenn er den Topf benennt, in den Maler immer noch zusammen mit Musikern, mit Pianisten und Geigern etc. geworfen werden, so nimmt man sich vor, in Zukunft die Bezeichnung Künstler differenzierter zu verwenden. Künstler sind sie dann, wenn sie eigenes zur Interpretation beitragen. Aber Georg Baselitz erschafft Neues und dies nachvollziehbar, das ist das Interessante an dieser Ausstellung, wenn man die Entstehung des Werkes von der Zeichnung an nachvollziehen kann.
Zuvor aber noch einen Schritt zurück. Wir haben auf dem Rückweg von der Pressekonferenz im Juni den wirklich schönen großformatigen Katalog im Zug aus Versehen verkehrt herum aufgeschlagen und sofort informierten uns die daneben- und gegenübersitzenden sitzenden Nachbarn, „Ach, da malt einer Menschen, Männer und Frauen, aber mehr Männer, die stehen aber etwas unsicher auf den Beinen und dort – ich hatte weitergeblättert – sitzen sie sogar. Doch eher ein Mann, hat aber auch etwas von einer alten Frau, ach nein, da ist ein Penis, aber warum sind die Füße immer so schwarz abgesetzt und so dicht am Boden! Und manchmal ist ja sogar nach oben der Kopf abgeschnitten – wir blätterten weiter, das heißt beim Blättern natürlich zurück, also nach vorne - und hier geht es nur noch um die Beine.“
Fortsetzung folgt
Foto:
Georg Baselitz in seinem Atelier am Ammersee, 2017
© DR
Info:
Ausstellung „Corpus Baselitz“ 10. Juni bis 29. Oktober
Große Sonderausstellung "Corpus Baselitz". Sie widmet sich - anlässlich des 80. Geburtstags des Künstlers Georg Baselitz - seinen Arbeiten aus den Jahren 2014-2018. Die Ausstellung ist noch bis zum 29. Oktober 2018 zu sehen.
Das Musée Unterlinden bietet zu dieser Ausstellung Sonderführungen in deutscher Sprache an.
Diese finden einmal im Monat statt: am 15. Juli, 19. August, 30. September und 21. Oktober (jeweils um 11 Uhr).