k basel1Musée Unterlinden, Colmar feiert bis 29. Oktober CORPUS BASELITZ zu dessen 80. Geburtstag, Teil 4/5

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Unglaublich. Da kam man sich wie in einem Film vor, einem Slapstick, denn schließlich weiß doch die ganze Welt, daß der am 23. Januar 1938 als Hans-Georg Kern in Deutschbaselitz, Sachsen, Geborene, der 1957 von der Hochschule für bildende Künste im östlichen  Berlin-Weißensee  wegen "gesellschaftspolitischer Unreife" geflogene Kunststudent, der sein Studium dann in West-Berlin beendete, seit 1963 die Welt mit Bildern wie "Die Große Nacht im Eimer" und "Der nackte Mann" erst erschreckte, dann durcheinanderwirbelte, so daß sogar die Staatsanwaltschaft die Bilder wegen Unsittlichkeit beschlagnahmte
(Ach, wie tröstlich, wie gesellschaftlich ernst Kunst damals noch genommen wurde), dann spaltete und nur zum Teil begeisterte, seit er 1969 dazu überging, die Welt und damit auch die Körper auf den Kopf zu stellen, beginnend mit „Der Wald auf dem Kopf“.

Und als wir erst mal zuhörten, weil Volkes Stimme anders tönt als Kunstkritiken in Feuilletons, kam dann tatsächlich das Gegenüber zu Wort und rief: „Das ist doch anderes herum, wir sehen es richtig! Wir sehen die Figuren und Gestalten da auf dem Kopf. Ganz schön verfallen, ja klapprig sind sie, aber ganz fein gezeichnet.“ Und also drehten wir nun den Katalog um, auf die richtige Seite, wo von uns aus die Figuren auf dem Kopf stehen, nun aber für die Gegenübersitzenden aufrecht standen.

Ob diese Mitreisenden im ICE nach Mannheim, die nun lustig miteinander über heutige Kunst und Künstler diskutierten, ja beratschlagten, wer besser und wer weniger gut sei, immerhin kannten sie einige, ob die dann wirklich nach Colmar zur Ausstellung fuhren, wissen wir nicht, aber es hat uns noch lange beschäftigt, daß im tätigen Leben, eine Zugfahrt gehört dazu, die Kunst die Menschen wenig begleitet, wenig beschäftigt.

Aber hier war es anders und wir dachten dann bei uns, das nun ist unser persönliches Geschenk an Georg Baselitz, daß die Leute über ihn in unserem Zugabteil reden. Daß dies die erste Ausstellung mit seinen Werken in Frankreich ist, hat die Mitreisenden dagegen weniger interessiert. Uns schon. Denn an der deutschen Malerei, an deutscher Kunst kann man viel stärker beispielsweise als an Sängern oder Musikern erkennen, daß der Zweite Weltkrieg einen Kulturbruch zwischen Frankreich und Deutschland festigte, den der Erste Weltkrieg ausgelöst hatte, daß nämlich deutsche Kunst nicht en vogue in Frankreich ist. Sicher, Ausnahmen gibt es immer, Anselm Kiefer wäre so einer, aber selbst unsere Dichter haben es in Frankreich sehr viel schwerer als umgekehrt und erst ganz langsam arbeiten die französischen Kunstinteressierten ihre Defizite auf. Als vor Jahren die erste Ausstellung von Max Beckmann stattfand, war das wie die in London ein Ereignis und als sogar Lovis Corinth ausgestellt wurde, hießen die Überschriften in den französischen Blättern: DIE DEUTSCHEN KÖNNEN MALEN, so überrascht waren unsere Nachbarn über deutsche Malerei.

Fortsetzung folgt

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Info:
Ausstellung „Corpus Baselitz“ 10. Juni bis 29. Oktober

Große Sonderausstellung "Corpus Baselitz". Sie widmet sich - anlässlich des 80. Geburtstags des Künstlers Georg Baselitz - seinen Arbeiten aus den Jahren 2014-2018. Die Ausstellung ist noch bis zum 29. Oktober 2018 zu sehen.

Das Musée Unterlinden zu dieser Ausstellung Sonderführungen in deutscher Sprache anbietet.
Diese finden einmal im Monat statt: am 15. Juli, 19. August, 30. September und 21. Oktober (jeweils um 11 Uhr).

Preise | 4.50 € + Eintrittspreise
Anmeldungen unter +33 (0)3 89 20 22 79 oder unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!