
Claudia Schulmerich
Wien (Weltexpresso) - Vor dreihundert Jahren wurde Martin Johann Schmidt geboren, er starb 1801 als ein gemachter Mann, ein bekannter und sehr geachteter Maler in der Gegend um Krems in Niederösterreich, weshalb er früher Kremserschmidt, heute eher Kremser Schmidt genannt wurde, von ihm wußte aber das ganze Land und in Europa war er auch den Gebildeten und Kunstsammlern ein angesagter Name.
Und heute? Nein, er ist nicht ganz vergessen. In Österreich nicht. Aber darüberhinaus schon. Und die Frage ist nicht nur, warum das so ist, sondern erst einmal, warum überhaupt ein Maler aus der Provinz so bekannt wird, ein Maler ohne akademische Ausbildung, der bei seinem eigenen Vater in die Lehre ging, der gerade aus dem Hessischen zugewandert war, weil er im katholischen Österreich bessere Verdienstmöglichkeiten sah. Was auch der Fall war. Denn damals waren es noch die Kirchen, die Pfarreien, die Domherren, die Geistlichkeit, die Kirchenoberen, die Reichen, die in den Himmel kommen

Wir haben heute ja keine Ahnung mehr, welche sowohl demokratisierende wie egalisierende Funktion und Wirkung die katholische Kirche hatte. Spätestens seit der Gegenreformation war ganz bewußt ein Bildprogramm für Kirchen entwickelt worden, das die Gemüter der Gläubigen ansprechen, dadurch ihren Glauben aktivieren und sie in Gemütszustände versetzen sollten, die durch seelische Erschütterung des Geschauten die Sehnsucht nach Göttlichem verstärkte, ein Gott der Schutz versprach und herrlich war.

Diese lange Einleitung mußte einfach sein, damit wir verstehen und eigentlich auch würdigen, wie sehr die Funktion von Glauben und die Existenz von derart geschmückten Kirchen gemeinsame nationale Angelegenheiten waren und ein Kremserschmidt ein im ganzen Land bekannter Name war. Man nennt nur dann einen Mann so, wenn man ihn unterscheiden und dadurch hervorhen will, hier mindestens einmal gegenüber dem Schmidt aus Wien, dem Wienerschmidt. Und es gibt noch mehr Schmidts. Und weil sein Ruf tatsächlich die Jahrhunderte überdauert hat, sind nun im Jubiläumsjahr hauptsächlich in der Gegend um Krems viele kleine und auch große Ausstellungen zu sehen. Weshalb wir über die im Oberen Belvedere berichten wollen, hat auch damit zu tun, daß diese Ausstellung die Breite seines Schaffens richtig gut dokumentieren kann.

FORTSETZUNG FOLGT
Fotos:
© belvedere.at
Info:
Die Ausstellung ist gerade eröffnet worden und wird im Oberen Belvedere bis zum 19. Februar 2019 gezeigt.
Katalog zur Ausstellung DER KREMSERSCHMIDT. ZUM 300. GEBURTSTAG, Hrsg. Stella Rollig, Georg Lechner, Belvedere Wien 2018
Gelungen ist neben der eindrucksvollen Ausstellung auch der Katalog, der schon deshalb wichtig ist, weil selbst diejenigen, die den Maler noch kennen, dennoch über Lebens- und Werksumstände wenig wissen, was man hier nachholen kann. Das für mich persönlich Wichtige ist, daß alle gezeigten Werke auf 63 Tafeln auf je einer eigenen Seite in ihrer Farbigkeit abgebildet sind und umfassende Dokumentationen über den Weg des Bildes durch die Zeit besitzen, wie es heute, wo Provenienzforschung fast Alltag in Museen geworden ist, üblich sein sollte.