Felicitas Schubert
Berlin (weltexpresso) - Das Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin konnte am 30. Mai 2018 auf der Frühjahrsauktion der Villa Grisebach das großformatige Pastell Adolph Menzels „Die Schlittschuhläufer“ (1855/1856) für 325.000 Euro (incl. Aufgeld) erwerben. Ermöglicht wurde der Ankauf durch die großzügige Unterstützung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Kulturstiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Rudolf-August Oetker-Stiftung sowie durch Eigenmittel der Staatlichen Museen zu Berlin.
Nach umsichtiger Restaurierung wird die Arbeit 2019 im Rahmen von zwei Sonderausstellungen der Öffentlichkeit präsentiert.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters erklärt: „Dass dieses Meisterwerk von Adolph Menzel, einem der bedeutendsten deutschen Maler und Zeichner, aus privater Hand erworben werden konnte, ist eine Bereicherung für die Sammlung des Kupferstichkabinetts. Die dort bereits vorhandenen Werke des Künstlers werden durch die ‚Schlittschuhläufer‘ hervorragend ergänzt. Damit gewinnt das Haus eine weitere Attraktion, die Vorfreude auf die öffentliche Präsentation in diesem Frühjahr weckt.“
„Das Pastell dieses großen Berliner Künstlers, das eine Berliner Szene darstellt, ergänzt künftig die weltweit bedeutendste Menzel-Sammlung in Berlin. Und die beherbergt bereits die einzige Vorstudie zu diesem Werk. Dass dieses Bild ins Kupferstichkabinett gehört, ist absolut klar und folgerichtig. Ich freue mich, dass Menzels ‚Schlittschuhläufer‘ nach so vielen Jahrzehnten schon bald wieder der Öffentlichkeit präsentiert werden“, erklärt Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder.
„Ankäufe für bedeutende Museen sind selten und müssen die hochkarätigen Sammlungen passgenau erweitern. Menzels ‚Schlittschuhläufer‘ sind eine gelungene Ergänzung des Berliner Kupferstichkabinetts, weshalb sich die Ernst von Siemens Kunststiftung gerne beteiligt“, freut sich Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung.
„Menzels ‚Schlittschuhläufer‘ stellen eine bedeutende Bereicherung für die Sammlung des Kupferstichkabinetts dar“, so Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin. „Unser Dank gilt in erster Linie den Unterstützern, ohne deren beispielhaften Zusammenschluss es nicht möglich gewesen wäre, dieses Meisterwerk für die Öffentlichkeit zu sichern und allgemein zugänglich zu machen.“
Das Pastell befand sich über 60 Jahre in Privatbesitz und wurde nun erstmals wieder zum Kauf angeboten. Nach einem Hinweis der Menzel-Experten Prof. Dr. Werner Busch und Dr. Claude Keisch konnte das Kupferstichkabinett mit den „Schlittschuhläufern“ nun seiner weltweit größten Sammlung von Werken Adolph Menzels ein fehlendes Mosaikstück hinzufügen: Nicht nur spielt die dargestellte Winterszene – auf einer zugefrorenen Eisfläche wogt dem Betrachter eine Menschenmenge auf Schlittschuhen entgegen – im Berliner Tiergarten vis-à-vis dem Kupferstichkabinett und Menzels letzter Wohnung. Auch besitzt das Kupferstichkabinett in Menzels Skizzenbuch Nr. 14 (1855/1856) die einzige Vorstudie zu den „Schlittschuhläufern“. Der Entstehungsprozess lässt sich hier wie nirgendwo sonst anschaulich machen.
Nach Menzels erster Frankreichreise im September 1855 entstanden, weist die Komposition auf zahlreiche Aspekte der Moderne voraus, wie die vom Rand angeschnittenen Figuren oder der Perspektivwechsel innerhalb der Darstellung. Malerisches und Zeichnerisches erscheinen in dieser Pastellarbeit untrennbar miteinander verbunden. Pastelle spielen in Menzels Oeuvre in den späten 1840er- bis in die 1850er-Jahre eine zentrale Rolle. Es ist die Zeit, in der er sich zunehmend der Malerei zuwendet. Die Technik Pastell – stets zwischen Zeichnung und Malerei changierend – ist hierfür das geeignete Medium.
Die Provenienz des Werkes wurde vom Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin in Zusammenarbeit mit der Villa Grisebach sorgfältig geprüft: Zunächst in der Sammlung Wertheim, wurde es vor 1930 von Julius Wilhelm Böhler bei der Galerie Fischer in Luzern erworben. 1955 wurde es aus der Privatsammlung Böhlers durch das Stuttgarter Kunstkabinett Ketterer verauktioniert und gelangte so in hessischen Privatbesitz, wo es sich bis 2018 befand.
Seit seinem Erwerb wurde das Pastell in der Abteilung Konservierung/Restaurierung des Kupferstichkabinetts sorgfältig untersucht und die Ergänzung einer seit Jahrzehnten nur provisorisch geschlossenen Fehlstelle in der unteren linken Ecke nach musealen Standards vorgenommen. Nun ist eine historisch angelehnte konservatorische Rahmung zur Sicherung und Präsentation der Arbeit vorgesehen.
Der Öffentlichkeit werden Adolph Menzels „Schlittschuhläufer“ in restaurierter Form im Rahmen zweier Sonderausstellungen 2019 präsentiert: Ab dem 13. April 2019 wird die Arbeit in der Sonderausstellung „In bester Gesellschaft. Ausgewählte Erwerbungen 2009–2019“ zu sehen sein, welche die wichtigsten Neuzugänge des Kupferstichkabinetts aus den letzten zehn Jahren vorstellt. Vom 20. September 2019 bis Anfang Januar 2020 wird das Werk Teil der groß angelegten Schau „Menzel. Maler auf Papier“ sein, die mit rund 100 Werken in Aquarell, Pastell und Gouache Menzel als Maler auf Papier neu entdeckt.
Foto:
Adolph Menzel
Die Schlittschuhläufer, 1855/1856
Pastell, schwarze, weiße und farbige Kreiden auf braunem Tonpapier, auf Karton aufgezogen, 36,8 x 52,8 cm, restaurierte Fassung
gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und erworben mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Rudolf-August Oetker-Stiftung
© Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Dietmar Katz
Adolph Menzel
Die Schlittschuhläufer, 1855/1856
Pastell, schwarze, weiße und farbige Kreiden auf braunem Tonpapier, auf Karton aufgezogen, 36,8 x 52,8 cm, restaurierte Fassung
gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und erworben mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung und der Rudolf-August Oetker-Stiftung
© Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett / Dietmar Katz