DIE FARBEN DER HEILIGKEIT im im Ikonen- und Dommuseum in Frankfurt am Main, Teil 1
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es waren Mönche, die als erste die russischen Ikonen schufen, von denen Andrej-Rubljow (1360/70 – 29. Januar 1430) aus Moskau der bekannteste wurde, weil er mit seiner DREIFALTIGKEITSIKONE, heute Tretjakow-Galerie, so etwas wie die IKONE DER IKONEN schuf. In seinem Kloster ist heute das Museum seines Namens beheimatet, das mit reichlichen Gaben nach Frankfurt ins Ikonenmuseum und das Dommuseum eingezogen ist.
Nein, ein echter Rubljow ist nicht dabei. Einen solchen besitzt das Museum noch nicht einmal, was nicht gegen das Museum, sondern für den hohen Wert von Rubljows Ikonen spricht. Denn auch in Rußland ist längst zwischen den heiligen Bildern und ihren Betrachtern die Aufklärung zum Zuge gekommen, daß wir nämlich das, was einst allein zur Ehre Gottes geschaffen wurde, heute als hohe Kunst genießen. Und unter diesem Gesichtspunkt sollten Sie flugs in beide Museen eilen, denn Sie werden von der Schönheit und Eindringlichkeit dieser kleinen, mittleren und im Dommuseum auch sehr großen Ikonen überrascht sein, die nichts anderes brauchen, als daß Sie sich vor sie hinstellen und diesen Eindruck wirken lassen.
Sicher, es tut uns intellektuellen und nicht immer bibelfesten Besuchern gut, auch zu wissen, was auf der jeweiligen Ikone dargestellt ist. Dazu gibt es Täfelchen und dazu gibt es Führungen. Aber das Wesentliche ist, daß Sie sich dem Eindruck öffnen und nicht im Sekundentakt vorbeischreiten, sondern einfach vor der jeweiligen Ikone verweilen. Für das Ikonenmuseum hat Kuratorin Alexandra Neubauer das einfach gemacht. Denn in ungewöhnlicher Farbgestaltung ist den meist güldenen, oft rot- und auch buntfarbigen Ikonen ein lichtes Türkis als Hintergrund gegeben, das keine sakrale Bedeutung hat, sondern einfach aus ästhetischen Gründen – sie dürfen trotzdem den Himmel imaginieren - gewählt wurde, weil die 'warmen' Ikonen auf dem eher kühlen Grund noch stärker strahlen.
Im Dommuseum dagegen strahlen erst einmal die Monstranzen, Kelche und kirchlichen Geräte, aus Silber und vergoldet, um die Wette. Mit Absicht hat sie Museumsleiter August Heuser im Raum als Ausdruck westlicher repräsentativer Kunst stehen lassen, an dessen Wänden nun die oft riesigen Ikonentafeln hängen. Beide nämlich seien Ausdruck der Repräsentanz des Heiligen, während bei uns im Westen die Bilder längst von den religiösen Gefühlen abgekoppelt als reine und hohe Kunst wahrgenommen werden. Für Heuser ist es auch eine Genugtuung, daß die Ikonenkunst der russisch-orthodoxen Kirche auf die Kultwerke der katholischen Kirche treffen, denn es schreit sozusagen in Frankfurt nach einem Museum religiöser Kunst, wo nicht mehr die Glaubensrichtung eine Rolle spielt, sondern was zur Ehre des jeweiligen Gottes geschaffen wurde, worin es sich gleicht oder unterscheidet. Dazu ein andermal mehr.
Wir sind zurück im Ikonenmuseum, wo Hausherr Richard Zacharuk im Gespräch mit dem Direktor des Museums aus Moskau, Genadi Popov, der Journalistenrunde die Hängung erläutert: oben die Vielzahl der uns nicht immer geläufigen Heiligen, auf die der Hauptheilige Sergej von Radonesh als Wundertäter und Beschützer Rußlands am Ende des Saales im Parterre in einer großen Ikone verweist. Hier im Hauptbereich sind in den Glasvitrinen auch die beiden Heiligen, in die wir uns sofort verguckt haben, der Prophet Daniel – im Bild! - und ein gewisser Prophet Avvakum, der kein anderer ist, als Habakuk, den die Septuaginta und die Vulgata Ambakoum nennen.
Und von dem wissen wir, daß er zwar namensgleich, aber nicht identisch sein soll mit demjenigen, der im apokryphen Teil zum Buch Daniel diesem in der Löwengrube geholfen haben soll. Und Daniel ist einfach wichtig für alle, die sich mit Endzeitprophezeiungen beschäftigen. Um diese geht es allerdings hier überhaupt nicht, denn angesichts der beiden sehr flächig gemalten rotfigurigen Gestalten auf dem Goldhintergrund ist man nur von diesseitiger Freude erfüllt. Einfach, weil diese Bilder direkt in den eigenen Gefühlshaushalt eindringen und sich niederlassen. Tatsächlich ist dies das richtige Wort: Freude. Aber auch Dankbarkeit, daß man etwas so Schönes sehen darf. Fortsetzung folgt.
P.S. Es wäre schön, wenn irgendwo in Frankfurt in der Zeit der Ausstellung auch der so beeindruckende Film ANDREJ RUBLJOW gezeigt werden könnte, den 1969 der russische Regisseur Andrej Tarkowski – man möchte sagen: kongenial – schuf.
Info über den russischen Hauptheiligen:
7. КП 840
ПРЕПОДОБНЫЙ СЕРГИЙ РАДОНЕЖСКИЙ
Преподобный Сергий Радонежский († 1392) – величайший святой Древней Руси, основатель Троицкого монастыря (ныне Троице-Сергиева Лавра). Явился родоначальником целой духовной монашеской школы, многие из его учеников стали основателями общежительных монастырей. В середине XV века преподобный Сергий почитался уже как общерусский святой, у его гробницы совершались многочисленные чудеса. Из литературных источников известно о посмертных явлениях Святого перед взятием Казани в 1552 году, в Смутное время – во время осады Троице-Сергиевой Лавры, перед освобождением Москвы в 1612 году. Святые мощи находятся в Троицком соборе Троице-Сергиевой Лавры.
7. KP 840
Hl. Sergej von Radonesch
Der Hl. Sergej von Radonesch († 1392) ist der größte Heilige der alten Rus´, der Gründer des Dreifaltigkeits-Klosters (heute Dreifaltigkeitskloster von Sergijew Possad) nahe Moskau. Er war der Gründer einer ganzen Glaubensschule, viele seiner Schüler gründeten später eigene Klöster. Mitte des 15. Jahrhunderts wurde der Heilige bereits im ganzen Land verehrt, in der Nähe seiner Krypta passierten zahlreiche Wunder. Literarische Quellen berichten von Erscheinungen des Heiligen Sergej vor der Besetzung von Kazan´ im Jahre 1552, in der Zeit der Wirren Ende des 16. / Anfang des 17. Jahrhunderts mit der Besetzung des Dreifaltigkeitsklosters und vor der Befreiung von Moskau 1612. Die Reliquien des Heiligen befinden sich in der Dreifaltigkeitskirche des Dreifaltigkeitsklosters.
24. 6909
ЯВЛЕНИЕ БОГОМАТЕРИ ПРЕПОДОБНОМУ СЕРГИЮ
О явлении Богоматери преподобному Сергию, бывшему незадолго до его кончины, рассказывается в житии Святого, написанном его учеником Епифанием Премудрым. Однажды, по обычаю, Сергий молился в келье перед образом Божией Матери. После пения канона внезапно воссиял свет и явилась Богородица с апостолами Петром и Иоанном. Богородица сказала Святому: «…Услышана молитва твоя о учениках твоих, не скорби. Не покину я обители сей, все подавая неоскудно». И стала невидима. «Явление Богоматери преподобному Сергию» присутствует в клеймах древнейших житийных икон святого Сергия XV – начала XVI веков.
24. KP 6909
Erscheinung der Gottesmutter dem Hl. Sergej von Radonesch
Von der Erscheinung der Gottesmutter dem Hl. Sergej, die ihm kurz vor seinem Tod zuteil wurde, erzählt die Vita des Heiligen, welche sein Schüler, Epifanij der Weise, verfasste. Einmal betete der Heilige wie gewohnt in seiner Zelle vor der Ikone der Gottesmutter. Nach dem Gesang des Kanons leuchtete plötzlich ein Licht auf und die Gottesmutter erschien in Begleitung der Apostel Petrus und Johannes. Die Gottesmutter sagte zu dem Heiligen: „Trauere nicht, dein Gebet über deine Schüler wurde erhört. Ich werde dieses Kloster nicht verlassen, werde helfen“. Dann verschwand sie. „Die Erscheinung der Gottesmutter dem Hl. Sergej“ befindet sich auf vielen alten Vitaikonen des Heiligen des 15. – Anfang 16. Jahrhunderts.
КП 2685
ПРЕПОДОБНЫЙ СЕРГИЙ РАДОНЕЖСКИЙ С 30-ю ЖИТИЙНЫМИ КЛЕЙМАМИ
Житийная икона является редкой по составу клейм. Клейма: 1. Рождество святого. 2. Крещение. 3. Научение грамоте. 4. Старец благословляет Варфоломея. 5. Варфоломей приводит старца к родителям. 6. Пришествие святого с родителями из Ростова в Радонеж. 7. Варфоломей вместе с братом Стефаном приходит в лесную пустыню на Маковец, где они строят деревянный храм. 8. Пострижение Варфоломея с именем Сергий. 9. Явление Богоматери святому. 10. Изгнание бесов. 11. Медведь приходит к святому. 12. Установление в Троицком монастыре общежительства. 13. Изведение источника. 14. Воскрешение младенца. 15. Видение птиц на молитве. 16. Исцеление больного, святой окропляет его святой водой. 17. Исцеление бесноватого вельможи. 18. Явление святого во граде Казани. 19. Чудо о зачатии и о рождении великого князя Василия Ивановича. 20. Явление преподобного Сергия архимандриту Троице-Сергиевого монастыря Иоасафу во время осады поляками. 21. Чудо о некоем древодельце. 22. Чудо об утонувшем. 23. Преставление святого. 24. Видение Божественного огня на Литургии. 25–26. Чудо о худости риз и о некоем поселянине. 27. Исцеление бесноватой жены Марии из веси Подсосение. 28. Явление обители святого Сергия донским казакам. 29. Пришествие в Троицкий монастырь казаков во главе с Епифаном Радиловым (?). 30. Исцеление слепого у гроба преподобного Сергия.
В клеймах иконы иллюстрируются тексты древнего жития преподобного Сергия Радонежского Пахомиевской редакции середины XV века (клейма 1–17, 23–26, 30) и жития, составленного в середине XVII века келарем Троице-Сергиева монастыря Симоном Азарьиным на основании письменных источников и устных преданий, напечатанного по повелению царя Алексея Михайловича в Москве в 1646 году (клейма 18–22, 27–29).
KP 2685
Hl. Sergej von Radonesch mit 30 Vitaszenen
Diese Vitaikone ist seiner Zusammenstellung der Vitaszenen nach eine sehr seltene: 1. Geburt des Heiligen. 2. Taufe. 3. Schriftlernen. 4. Der Greis segnet Varfolomej (Bartholomäus). 5. Varfolomej führt den Greis zu seinen Eltern. 6. Ankunft des Heiligen mit den Eltern von Rostov nach Radonesch. 7. Varfolomej zusammen mit seinem Bruder kommt in die Makovecer Waldeinöde an und errichtet da eine Holzkirche. 8. Mönchsweihe des Varfolomej mit dem Namen Sergej. 9. Erscheinung der Gottesmutter dem Heiligen. 10. Austreiben der Dämonen. 11. Der Bär kommt zu dem Heiligen. 12. ??? 13. Entstehen der Quelle. 14. Auferweckung des Kindes. 15. Erscheinung der Vögel beim Gebet. 16. Heilung des Kranken, der Heilige bespritzt ihn mit dem heiligen Wasser. 17. Heilung des ???. 18. Erscheinung des Heiligen in der Stadt Kazan´. 19. Wunder des Empfängnis und der Geburt des Großfürsten Vasilij. 20. Die Erscheinung des Heiligen Sergej den Archimandrit des Dreifaltigkeits-Klosters Joseph (Iosif) während der Belagerung durch die Polen. 21. Wunder des jenen Holzmachers. 22. Wunder eines Ertrunkenen. 23. ??? des Heiligen. 24. Erscheinung des göttlichen Feuers während der Liturgie. 25-26. ??? 27. Heilung der besessenen Maria aus dem Dorf Podsosenie. 28. Erscheinung des Sergej-Klosters den Donkosaken. 29. Ankunft der Kosaken in das Dreifaltigkeits-Kloster unter der Führung des Epifan Radilov (?). 30. Heilung des Blinden am Grabe des Heiligen Sergej.
Die Vitenszenen illustrieren die alten Schriften vom Leben des Hl. Sergej von Radonesch in der Pachomiev-Redaktion Mitte des 15. Jahrhunderts (Felder 1 – 17, 23 – 26, 30) und die Heiligenvita aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, die auf der Grundlage der schriftlichen und mündlichen Zeugnisse von einem Mönch des Dreifaltigkeitsklosters verfasst und nach dem Befehl des Zaren Alexej Michajlovitsch 1646 in Moskau gedruckt wurde (Felder 18 – 22, 27 - 29).
Ikonenmuseum: 3. März – 11. August 2013
Dommuseum: 3. März – 1. April, da diese Ikonen nach Utrecht weiterreisen.