Die Jubiläumsausstellungen „20 Jahre Gegenwart“ des MMK Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main, Teil 1/3

 

von Siegrid Püschel

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Viel Volk. Kindergruppen, Kinderwagen, die die Treppe bewältigen müssen, junge Mütter, alte Männer, alles drängt in das nun MainTor genannte sechsstöckige Gebäude, wo das Museum für Moderne Kunst als allerallerletzter Gast seit dem 19. Juni seinen zweiten und zugleich den Hauptteil der Jubiläumsausstellung präsentieren ‚darf’. Von ‚dürfen’ darf man ruhig sprechen, denn es ist eine Freude, Kunst in diesem schönen Gebäude - elegant und großzügig und mit enormen Heizungskosten für die zwei oval geschwungenen Treppenhäuser, typisch 50er Jahre - , das danach abgerissen wird, aber nicht wegen der Heizungskosten. Dazu später mehr. Viele Besucher also und Ute Döring aus Darmstadt war die 100 000ste Besucherin, die am Mittwoch mit einem Blumenstrauß und einer Jahreskarte geehrt wurde.

 

 

Besser hätte der Zufall nicht zuschlagen können, denn Ute Döring ist Fotografin und auch dazu sehr viel später mehr. Sie wird gleich im ersten langgestreckten Raum mit wandhohen Fotografien „Klausen I-IV“ von Thomas Demand, geb. 1964, konfrontiert und Fotografien ziehen sich als einer der Schwerpunkte des MMK durch alle Stockwerke. Wann wird ein Foto zur Kunst, wer entscheidet das und warum? Das alles sind Fragen, die sich Besucher beim Betrachten der sehr vergnüglichen Ausstellung stellen, nicht bei den Fotos allein, sondern grundsätzlich. Höchst informativ, einfach einmal bei Werken stehen zu bleiben und sich die Kommentare der teilweise sehr kunstsinnigen und andererseits völligen Laien anzuhören.

 

Das ist das Beste, was eine Ausstellung, erst recht eine Moderner Kunst zuwegebringen kann, daß nicht stumm angeschaut, sondern im Diskurs darüber geredet wird. Auch gelacht, warum denn nicht. Als nächstes betritt man das Zentrum des Hauses. Das war nicht so geplant, ist es aber geworden, denn der hohe längliche Raum strahlt in einem intensiven Orange, vom Boden über die Tische, nur kurz als Enklave ein lichtes Grün auf Tisch und Deckenlampen, der Innenraum korrespondiert mit der gewaltigen Terrasse, die ebenfalls orange leuchtet , weithin bis zum Geländer, hinter dem, so glaubt man, direkt der Main fließt. Hier ist – zumindest wenn es nicht regnet – seit der Eröffnung der Jubiläumsausstellung der schönste Ausguck Frankfurts, den die Besucher drinnen und draußen als Café nutzen und sich zu Hause fühlen. Dies und das gesamte Gebäude ist ab dem 1. November der Zerstörung anheimgestellt.

 

Das spät entdeckte Kleinod – vorher saßen halt die geschäftsführenden Herren drinnen – wird einem Riesenkomplex weichen, da die Degussa ihren Firmensitz in so zentraler und schöner Stadtlage aufgegeben hatte und das Gelände vom Immobilieninvestor DIC aufgekauft wurde und auf einer Gesamtfläche von 108 000 Quadratmetern Büros, Gastronomie und Wohnen durch ein Maintor Ensemble bis 2015 errichtet werden, Adresse: Bankenviertel.

 

Aber nun zur Kunst, die für eine Ausstellung Moderner Kunst erstaunlicherweise schon 100 000 Besucher hat, was, so glauben wir, nur möglich ist, weil sich herumgesprochen hat, wie hier Schwieriges mit Witzigem, hohe Kunst mit Populärem, Buntes und Schwarz Weiß, Foto und Installation, Video und Environment, Skulptur und Gemälde, dazu noch Zeichnungen und Töpfernes auf anregende, zum Anschauen Lust machende Weise, gemischt wird. Daß man Moderne Kunst stärker als ältere und somit den Seh- und Erlebnisgewohnheiten näher liegende Kunst inszenieren muß, ist eine Allerweltweisheit. Hier aber, auf dem Hintergrund dieses ungewöhnlichen Gebäudes, ist dies in besonderer Weise gelungen. Ein richtiger Clou also, den man bis zum 30. Oktober nutzen sollte. Schon wegen der Aussicht in den letzten sonnigen Oktobertagen. 

Info:

Diesmal gibt es keinen festgebundenen Katalog. In den Räumen beider Häuser wird über manche ausgestellten Künstler und ihr Werk durch erklärende Blätter zum Mitnehmen informiert. Zu Hause aber kann man die in der Jubiläumsausstellung präsentierten Werke durch einen Online-Katalog einsehen. In den kommenden Monaten wird hier schrittweise die gesamte Sammlung des MMK mit Abbildungen, Werkangaben und zum Teil Kurztexten eingestellt: www.mmk-frankfurt.de/die-sammlung

 

Am 29. Oktober wird ab 23 Uhr die Abschlußparty im MainTor stattfinden.