Die nächste Ausstellung im Museum Angewandte Kunst Frankfurt

 

Helga Faber

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Ganz schön kryptisch, dieser Titel, bei dem man glaubt, man habe sich verschrieben. Mit der Ausstellung Draußen im Dunkel. Weitermachen nach der Mode versucht sich das Museum Angewandte Kunst, Frankfurt am Main, vom 13. Juni bis 15. September 2013 an der Beantwortung der Frage: WAS IST MODE JETZT?

 

 

Immer wieder vermochten Visionen von Modedesignern Auskunft über gesellschaftliche

Zustände zu geben. Seien es die Entwürfe einer Coco Chanel, die zu Beginn des 20.

Jahrhunderts die sich emanzipierende Frau in praktisch elegante Tweedkostüme kleidete, sei es der New Look eines Christian Dior, der das Ende wirtschaftlicher Verknappung nach dem Zweiten Weltkrieg in der Mode einläutete oder die Erfindung des Minirocks zu Zeiten

sexueller Revolution: Es ging immer um die Idee, das angemessene Kleid für den

beispielhaften Menschen dieser Epoche zu schaffen.

 

Wenn die Mode, liebstes Kind der Warenwirtschaft, als Gradmesser des Prozesses der

Moderne betrachtet wird, wie sieht dann eine Mode aus, die in Zeiten der großen

Infragestellungen entsteht? Es heißt, in ihr spiegle sich die Eigenart unserer Gegenwart, sie sei Ausdruck des sozialen Lebens. Der Glücksforscher Wilhelm Schmid kürte unlängst die Melancholie zur zeitgemäßen Haltung. Doch wie kleidet sich der Melancholiker, wie ist die Mode beschaffen, die dieser Zeit ihren Ausdruck zu geben vermag?

 

Die Versuchsanordnung beginnt in der Frankfurter Ausstellung mit der Vorstellung einer Zeit, die gemeinhin als Geburtsstunde der Anti-Mode bezeichnet wird. In den 90er Jahren

definierten junge Designer wie Ann Demeulemeester, Martin Margiela, Alexander McQueen und Helmut Lang oder Yohji Yamamoto und Rei Kawakubo eine Mode nach der Mode. Ihre Visionen brachen mit der bunten Welt der 80er Jahre mit ihren Powerfrauen und dicken Schulterpolstern, dem Glamour und dem Überfluss, indem sie nicht länger die Ausstattung für diesen Lebensstil bereitstellten, sondern begannen, mit dessen Schattenseiten zu arbeiten und daraus ihre je eigene Ästhetik entwickelten. Dem luxusgewohnten Modepublikum wurden zuvor nie gesehene Kreationen präsentiert, die später unter Begriffen wie Heroinoder Hiroshima-Chic, Grunge, Dokonstruktivismus oder Minimalismus in die Modegeschichte eingingen.

 

Diese Vorstellungen von einer zeitgemäßen Mode wurden für zahlreiche Designer der

folgenden Generation zum Gradmesser für eigene Entwürfe. Längst ging es nicht mehr darum, den (post)modernen Menschen zu kleiden, sondern vielmehr um die Infragestellung allgemeingültiger Lebenskonzepte. Ohne selbst Teil eines theoretischen Diskurses zu werden, begannen diese Designer, bei sich selbst anzusetzen. Statt an einer allgemeinen Idee des Lebens zu arbeiten, erforschten sie die Idee ihres eigenen Lebens. In der Abkehr von den großen Utopien der Post/Moderne wählten sie den Rückzug, den Weg der Kontemplation und Melancholie, auf der Suche nach einem eigenen Kern, den es zu kleiden galt.

 

Die Ausstellung Draußen im Dunkel wird den Besucher zu den Schattenseiten des Glücks

begleiten, ihn mit auf eine Reise ins Dunkle nehmen, auf einen nötigen Gang ins Ungewisse, zu dem, was bleibt, wenn wir unsere Rollen abstreifen. Er wird sich in einer vielschichtigen, multimedialen Installation verlaufen, erspüren und wiederfinden und letztlich wird er auch erahnen, dass es keine greifbare Antwort auf die eingangs gestellte Frage geben kann. Denn Mode ist sehr viel mehr als bloß ein bestimmter Schnitt, eine Farbe oder eine gewisse Rocklänge, die sich in Hochglanzmagazinen als Must-Haves der kommenden Saison abbilden lassen. Sie ist dünne Membran, diffusionsoffene Schicht zwischen unserer Alltagswelt und jener anderen Seite, auf der die ModemacherInnen die Grenzen des menschlichen Seins, der Gefühle und des Verlangens ausloten – in einem Weitermachen nach der Mode.

 

Kommentar:

 

Uns leuchtet der Ansatz völlig ein, weil er nichts anderes weiterführt, als daß die Sozialgeschichte einer Zeit auch die Kulturgeschichte bestimmt und mit ihr die Frage, was schön und kleidsam sei. Aber das gilt in erster Linie für eine Avantgarde, will sagen, für die sozialen Schichten, die nach der Mode gehen können. Nach der wirklichen Mode. Aber für die allermeisten sind die Ansprechpartner beim Einkaufen solche Kleiderläden und Kleiderboutiquen, die die Fußgängerzonen bevölkern, alle Buchgeschäfte längst rausgeschmissen haben, die Handwerkerbetriebe auch. Wieso man mit billigen Jeans und farbenfrohen Laibchen so viel Geld verdienen kann, wer das alles kauft und vor allem, wer das alles trägt, das konnte uns noch niemand beantworten.

 

Denn schaut man sich in der Öffentlichkeit um – U-Bahnen sind ein guter Anschauungsplatz – da sieht man die große Depression, von der auch die Kunst-Kulturausstellung über die Mode berichtet. Aber sicher sind diese in Grau, Beige, Braun, möglichst unauffällig gekleideten Menschen nicht diejenigen, von denen oben die Rede ist. Denn eine Wohlstandsdepression in Mode sieht sicher besser aus, als diese billigen und möglichst unauffälligen Kleidungsstücke, die die Mehrzahl trägt.

 

Mit

A Magazine, Leandro Cano, Garland Coo, Ann Demeulemeester, Barbara i Gongini, Erik Madigan Heck, JULIAHEUSE, Maison Martin Margiela, Alexander McQueen, Rodarte, Boris Bidjan Saberi, Augustin Teboul und Yohji Yamamoto

 

INFO:

 

Draußen im Dunkel. Weitermachen nach der Mode

13. Juni – 15. September 2013

Kuratoren

Mahret Kupka und Matthias Wagner K

 

Museum Angewandte Kunst

Schaumainkai 17

60594 Frankfurt am Main

Information

www.museumangewandtekunst.de